Die Corona-Pandemie hat vielen Menschen viel abverlangt und wird das auch zukünftig noch tun. Natürlich sind dabei nicht alle Menschen gleich betroffen, und langfristig gesehen gab es selbstverständlich schon früher Krisen mit noch deutlich schwerwiegenderen Folgen – und es wird sie auch in der Zukunft geben (man denke beispielsweise nur an die Klimakrise). Das alles ändert aber nichts daran, dass viele Menschen überall auf der Welt schweres Leid und Entbehrungen durch das Corona-Virus ertragen müssen.
Es sind nicht nur die gesundheitlichen und die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie, die uns zu schaffen machen, sondern auch die psychologischen: Angst und Kontrollverlust leiten uns derzeit ganz massiv. In dieser Situation sind die Kirchen, sind die Christinnen und Christen herausgefordert – aber wie? Kann der christliche, kann der biblische Glaube in der Zeit der Corona-Krise Hoffnung geben, die nicht platt vertröstet, von oben herab belehrt oder einfach zynisch ist? Was spendet uns Trost?
„Gott hat uns nicht den Geist der Furcht gegeben, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“, heißt es im zweiten Brief an Timotheus (2 Tim 1,7). Statt uns vom Geist der Furcht bestimmen zu lassen, sind wir aufgefordert, aus dem biblischen Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit zu leben. Damit ist keine Sorglosigkeit oder Leichtfertigkeit gemeint, sondern die Gelassenheit, die um die Grenzen aller menschlichen Möglichkeiten weiß und ihren Mut aus dem Vertrauen auf den je größeren Gott schöpft. Der Geist der Liebe ruft auf zur Solidarität mit denen, die besonders unter der Pandemie leiden, und den durch sie anwachsenden Ungleichheiten – auch über die Grenzen unseres Landes hinaus.
Christliche Hoffnung macht sich fest an Gott, der sich seiner Schöpfung ultimativ zuwenden wird. Das ist die Aussage der Eschatologie, der Lehre von den „letzten Dingen“, also dem, worauf es letztlich ankommt: dass Gott in der Auferweckung des Gekreuzigten protestiert gegen die lebenszerstörerischen Mächte – seien sie von den Menschen mitgewirkt oder der menschlichen Einflussnahme entzogen. Es ist die trotzige Hoffnung, dass Gott sich das letzte Wort nicht nehmen lassen wird, dass er auch die vielen Opfer der Corona-Pandemie am Ende nicht verloren sein lässt.
Biblisch gesehen ist die Krise eigentlich der Normalfall: der jüdisch-christliche Glaube wurde in Krisen und Katastrophen gelernt. Lernen wir unseren Glauben neu in dieser Krise? Wie werden wir einmal auf die Corona-Krise zurückschauen? Im idealen Fall wird die Krise nicht nur eine vorübergehende Störung des Systems gewesen sein, die so bald wie möglich in die alte (oder „neue“) Normalität zurückführt. Meine Hoffnung ist, dass die Krise neue, nachhaltigere und gerechtere Formen unseres Zusammenlebens hervorbringen wird. Eine verwegene Hoffnung, die ich mir nicht nehmen lasse…
Titelfoto: KAMP Erfurt e. V