Geflüchtete engagieren sich in den bayerischen Bahnhofsmissionen
Die einen fühlen sich hier wie in einer Familie, die anderen sind einfach „nur“ glücklich: Wenn sich Geflüchtete in einer bayerischen Bahnhofsmission engagieren, ist das ein Gewinn für alle – aber auch eine Herausforderung.
Sie helfen beim Umsteigen, reichen eine Tasse Tee oder haben ein offenes Ohr für die Nöte der Gäste. Und sie leisten wertvolle Dolmetscherdienste: In vielen bayerischen Bahnhofsmissionen verstärken mittlerweile Asylsuchende und Migranten das Team. Manche arbeiten kurzzeitig im Rahmen eines Praktikums oder der bundesweiten Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen (FIM) mit, andere sind längerfristig als Ehrenamtliche dabei. Für Hedwig Gappa-Langer, die den katholischen Frauenfachverband IN VIA Bayern in der Arbeitsgemeinschaft der kirchlichen Bahnhofsmissionen in Bayern vertritt, ist die interkulturelle Öffnung der Bahnhofsmissionen sehr wichtig: „Zum einen helfen wir mit, dass Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten, bei uns gut ankommen. Zum anderen lernen wir selbst viel aus den Begegnungen.“
Die Erfahrung zeigt aber auch: Die neuen Helfer in die Bahnhofsmissionsarbeit vor Ort einzubinden geht nicht einfach nebenbei. „Natürlich ist das ein Mehraufwand“, sagt der Leiter der Würzburger Bahnhofsmission Michael Linder-Jung, „da muss das ganze Team dahinterstehen.“ Und ein Plan. Gleich sieben Geflüchtete aus Syrien engagieren sich hier seit rund einem Jahr im Rahmen eines Projekts. „Wir sind als interkulturelles Team gut zusammengewachsen“, sagt Lindner-Jung.
Das gemeinsame Tun und die Auseinandersetzung mit verschiedenen Lebensmodellen haben auch die Mitarbeitenden der Bahnhofsmission verändert. Nach der erfolgreichen Teambildung soll jetzt die interkulturelle Öffnung der Einrichtung nachhaltig gestaltet werden. Auch bei den Gästen, die den „Neuen“ skeptisch gegenüber standen, hat er ein Umdenken beobachtet: „Sie erleben, wie man über Nationalitäten hinweg füreinander da sein kann. Das hilft Vorbehalte abzubauen.“
Seit fast eineinhalb Jahren halten zwei junge Männer aus Somalia und Eritrea der Bahnhofsmission München die Treue. Sie kamen im Herbst 2016 in die Einrichtung, um ein vierwöchiges Pflichtpraktikum im Rahmen ihres Deutschkurses zu absolvieren – und sind als Ehrenamtliche geblieben. Ihr Einsatz wurde vorab im Team intensiv diskutiert und dann konkret vorbereitet. Von Anfang an überzeugten die beiden Neuzugänge durch „größtes Engagement, hohe Zuverlässigkeit und große Sensibilität“, erzählt Bettina Spahn vom Leitungsteam begeistert. Umso mehr freut sich das ohnehin schon multikulturelle Team, dass mittlerweile ein weiterer Praktikant aus Syrien mit dabei ist. Es ist für sie der tägliche Beweis, dass Integration über Qualifizierung und Arbeit funktioniert, aber auch für alle ein Lernfeld ist.
Fotos: Bahnhofsmissionen München und Würzburg