Immer das neueste Smartphone am Ohr, der Kleiderschrank ist zum Bersten gefüllt, Spargel, Erdbeeren und andere Obst- und Gemüsesorten füllen an 365 Tagen im Jahr die Regale, für den kurzen Weg zum Supermarkt wird ganz selbstverständlich das Auto aus der Garage geholt. Aber, dass es auch Alternativen zum vieldiskutierten westlichen Lebensstil gibt, zeigt ein neues Buch der Misereor Arbeitsstelle Bayern. Alles, was es braucht: Mutige Menschen, die vorangehen, Vorbild sind und es verstehen, andere zu begeistern.
44 solche ermutigende und überzeugende Beispiele hat der Arbeitskreis „Befreiender Lebensstil“ unter dem Titel „Wer Mut sät, wird eine andere Welt ernten“ zusammengetragen. Frauen und Männer unterschiedlichen Alters erzählen darin auf persönliche Art und Weise, wie sie die Welt verändern und verbessern. Das Buch wurde nun offiziell in München präsentiert. „Ein langgehegter Traum wird wahr“, sagte Eva-Maria Heerde-Hinojosa, Leiterin der Misereor Arbeitsstelle Bayern bei der Buchvorstellung. Man hoffe, mit den positiven Beispielen, Menschen anzuregen, ihren Lebensstil zu überdenken. So könnten Lebenschancen weltweit gefördert werden. Deutlich machte sie es an einer einzigen Zahl: 2,7. Würden alle Menschen auf der Welt denselben Lebensstil pflegen wie wir Europäer, müsste unser Planet schon 2,7 Mal existieren.
Bücher und Internetseiten über große und kleine Alternativen zum eigenen Lebensstil, sie begegnen einem überall. „Wer Mut sät, wird eine andere Welt ernten“, will kein Ratgeber in klassischer Form sein. Die 44 Geschichten schürfen tiefer. Sie rücken Personen und ihre Ideen in den Vordergrund und fragen, warum Menschen neue Wege gehen. Warum sie teilen, ohne Geld zu verlangen, warum sie weiterhin „Steine kauen“, wie es ein Autor beschrieben hat, und gegen alle Widerstände an ihrer Idee festhalten und versuchen, andere davon zu überzeugen.
An diesem Abend in München wird schnell klar: 44 Geschichten, 44 Menschen, die dahinter stehen und ebenso viele Herangehensweisen an das Thema. Einige haben eine Schlüssel-Erfahrung gemacht, wie Christ-iane Lüst, die im Jugendalter Bilder von hungernden Kindern in Somalia motiviert haben, sich für soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz einzusetzen. In einem Brief forderte die damals 13-Jährige Bundeskanzler Helmut Kohl auf, das Waldsterben zu beenden. Sie bekam eine Antwort, die sie nicht zufrieden stellte. Seither engagiert sie sich in der Bildungsarbeit und dem Fairen Handel und hat die Aktion GEN-Klage gegründet. Bei anderen führte das eigene Erleben zum Umdenken. Sofia Ritthammer leistete Freiwilligendienst in einem Waisenhaus in Tansania. Sie hat dort versucht so zu leben wie die Kinder, die sie betreute. Sie schlief im gleichen Haus, aß das immer gleiche Essen, auch wenn sie nur einfach zum Markt hätte gehen müssen, um sich etwas anderes zu besorgen.
„Stabilität kann nur durch globale Solidarität erreicht werden“, sagte Michael Schöpf SJ, Leiter des Instituts für Gesellschaftspolitik an der Hochschule für Philosophie in München in seiner Laudatio. Und genau an dieser Stelle seien Christen besonders gefragt.
Das Thema ist aufgrund globaler Verstrickungen höchst komplex. Niemand wird über Nacht alle Fragen lösen können, dessen sind sich auch die Autoren bewusst. Aber, dieser Abend im Januar macht Mut: Denn wenn viele gemeinsam daran arbeiten, dann ist eine bessere Welt möglich.
Wer Mut sät, wird eine andere Welt ernten. 196 Seiten, Taschenbuch, oekom Verlag München. 12,95 Euro.
Foto: A. Hofstätter

Die Bienen haben Josef Nehers Leben verändert, sagt er (links). Ihm ist es wichtig, für die junge Generation Gelegenheiten zu schaffen, wo sie praktisch mit der Natur in Berührung kommen kann. Josef Neher ist Vorsitzender der Katholischen Landvolkbewegung (KLB) in Bayern. Moderiert wurde die Veranstaltung von Rainer Forster, damals KAB-Diözesansekretär in Freising (rechts).

Michael Dippold (rechts) engagiert sich seit vielen Jahren für die Initiative „Unser Land“, der es vor allem um die Vermarktung regionaler, umweltfreundlicher Produkte geht. Heute stehen die Produkte mit eigenem Logo in vielen Supermärkten. Bis dahin hieß es „Steine kauen“, sagte Dippold in München.