Priester, Laien, Ordensleute, Wissenschaftler, Gemeinde- und Pastoralreferenten, Diakone, Frauen und Männer, Menschen aller Generationen – sie alle haben sich im Synodalen Weg gemeinsam auf den Weg gemacht. Sie diskutieren, ringen um Positionen und Formulierungen. Das klare Ziel: die zukunftsfähige Ausrichtung der katholischen Kirche. In Gemeinde creativ kommen auf den folgenden Seiten Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Synodalen Weges zu Wort. Sie sprechen über ihre bisherigen Erfahrungen im Synodalen Weg, über ihre Hoffnungen, aber auch frustrierende Momente:
Schön, nervig, neugierig
Pfarrer Christian Kriegbaum, Pfarrer in Winhöring und als Vertreter des Priesterrates des Bistums Passau Mitglied der Synodalversammlung.
Die erste Synodalversammlung hat Anfang des Jahres stattgefunden. Wie schaue ich als Vertreter des Priesterrates im Bistum Passau darauf zurück? Ehrlich gesagt – und ehrlich sollte man immer sein – mit gemischten Gefühlen: schön war der festliche Auftakt und das gemeinsame Feiern der Gottesdienste. Nervig und ermüdend empfand ich die sehr langen Debatten zur Satzung und zur Geschäftsordnung. Dies war für mich ein Zeichen, dass für viele eine vertrauende Gesprächsbasis noch nicht da war. Neugierig bin ich, was in den nächsten Synodalversammlungen die inhaltlichen Debatten als Ergebnis bringen werden.
Ich merke: wir stehen noch am Anfang eines gemeinsamen Weges. Viele Wege im Leben unserer Kirche entstehen erst im Vorangehen und zeigen dann ihre Richtung. Es braucht weiterhin den Mut zum Vorangehen, die Offenheit für Begegnungen und die Freude am gemeinsamen Ringen um den richtigen Weg.
Wichtig bleibt mir: Weggefährten gehen den gefundenen Weg immer gemeinsam und schlagen keine unterschiedlichen Richtungen ein. Dies wird noch hitzige Debatten in vielen Foren des Synodalen Weges und bei Abstimmungen in der Synodalversammlung zutage fördern. Notwendig bleibt: wer nicht miteinander diskutiert oder auch einmal miteinander streitet, verliert sich aus den Augen.
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„Hart aber fair“
Erwin Grötzer, Pfarrer in Feucht (Herz Jesu) und Priesterratssprecher der Diözese Eichstätt. Als solcher ist er Mitglied der Synodalversammlung.
So hätte man das erste Synodaltreffen Ende Januar in Frankfurt umschreiben können. Es wurde deutlich, dass Spannungen da sind. Aber das war ja bereits vorher klar.
Grundsätzlich ist es auch gut, dass das Volk Gottes unter Spannung steht und noch etwas erwartet. Ich habe in den vergangenen Jahren Bücher von Hubert Wolf, Michael Seewald und Daniel Bogner gelesen – alles Professoren, die deutlich machen, dass Glaube nach Freiheit schmeckt, dass Anpassungen und Veränderungen auch im Sinne der Tradition denkbar und möglich sind. Nichts ist schlimmer als Denkverbote und schwache Argumente.
Ich kenne Ordensfrauen, die keine Revoluzzer sind, aber mittlerweile freimütig ihre Meinung zu bestimmten kirchlichen Themen äußern – was früher in dieser Form nicht üblich war, da ein strikter Gehorsam Meinungsfreiheit einholte.
Die Synodalversammlung ermöglicht einerseits „Dampf abzulassen“ und Phänomene zu benennen, aber auch Dinge offen und ehrlich anzusprechen, egal, was dann daraus wird – und das tut gut.
Ich gebe jedenfalls die Hoffnung nicht auf, dass der Sensus fidelium eine Welle erzeugt, die so manche Sandburg erschüttert. Tradition lebt von Weitergabe – und dazu braucht es lebendige Interaktion. Dieses Forum kann der Synodale Weg bieten und über Social Media ist eine große Beteiligung gegeben. Vertrauen wir darauf, dass Gott uns dadurch neue Impulse geben will und wird.
Die Zukunft beginnt heute.
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Ja es lohnt – trotz allem!
Klaus Koschinsky, Vertreter des Diözesanrats Bamberg im ZdK und Mitglied der Synodalversammlung.
Die Hinfahrt nach Frankfurt: minimale Erwartung, große Skepsis. Die Rückfahrt: leichte Euphorie und die Hoffnung, „vielleicht geht ja doch was“. Was ist passiert? Nichts Dramatisches, Sitzungseinheiten mit Diskussionen und Anträgen über Geschäftsordnung – alles wie gehabt? Oder doch nicht? Es war diese ganz eigene Atmosphäre, von der viele Teilnehmer berichten. Gespräche am Frühstückstisch oder beim Anstellen in der Essensschlange und mit dem alphabetisch „zugelosten“ Sitzungsnachbarn – aber eben nicht nur mit ehrenamtlich Engagierten, sondern auch und vor allem mit Bischöfen und vielen weiteren hauptamtlichen Vertretern meiner katholischen Kirche auf „Augenhöhe“.
Was daran so besonders ist, wurde ich oft gefragt. Seit Kindheit und Jugend engagiert, erlebe ich – wie wohl so viele von uns – Freud und Leid in dieser Kirche. Alle Themen schon so oft diskutiert, immer wieder beendet mit dem Hinweis „das geht nicht, Rom, die Amtskirche“, die Trennung in Laien und Kleriker, die festzementierte Verteilung von Amt und Leitung, die Ordination von Frauen …
Ein Geist der Bereitschaft zur Veränderung war greifbar in Frankfurt – zumindest bei der Mehrheit der Beteiligten. Und wurde in der Corona-Krise schnell wieder relativiert. Als Kirche sind wir nicht „systemrelevant“, wir haben offensichtlich keine Antworten auf die drängenden Fragen der Gegenwart. Lohnt es sich da überhaupt, über Strukturänderungen nachzudenken?
Ja, denn vielleicht ist das unsere einzige und letzte Chance.
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Der Synodale Weg ist stark
Konstantin Bischoff, Pastoralreferent im PV St. Clemens und St. Vinzenz München und gewählter Vertreter des Berufsverband der Pastoralreferenten auf dem Synodalen Weg.
Dann, wenn er persönlich ist. Wenn Menschen von sich persönlich sprechen, wenn sie ihre eigene Situation, ihre kleine Erzählung in die großen Zusammenhänge setzen.
Der Synodale Weg ist stark. Dann, wenn er theologisch gut ist. Wenn Argumente ausgetauscht werden und einander zugehört wird, wenn Argumente zählen und nicht Stellung.
Der Synodale Weg ist stark. Dann, wenn er Partei ergreift. Wenn sich das Auditorium erhebt, um einer verletzlichen Aussage Gewicht zu verleihen, wenn Minderheiterechte gestärkt werden und Frauen doch mehr Stimmrecht bekommen.
Der Synodale Weg ist schwach. Dann, wenn er belanglos wird. Wenn vorbereitete Statements abgelesen werden und der Wille zur Veränderung fehlt.
Der Synodale Weg ist schwach. Dann, wenn er nicht ernst genommen wird. Wenn da entweder nur Bedenken und Angst bestehen oder wenn keine Hoffnung da ist.
Der Synodale Weg ist mein Weg. Weil er synodal ist. Weil ich mich als sogenannter Laie, der aber als Pastoralreferent theologischer und seelsorglicher Profi ist, gemeinsam (syn) mit den anderen Synodalen auf den Weg (odos) gemacht habe. Dabei setze ich mich ein für Autorität statt Macht, für gute Theologie statt starrer Lehre, für christliche Zeitgenossenschaft statt katholischer Sonderwelt und für eine Kirche in der Welt von heute.
Konstantin Bischoff, Pastoralreferent im PV St. Clemens und St. Vinzenz München und gewählter Vertreter des Berufsverband der Pastoralreferenten auf dem Synodalen Weg.
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Die Stimme der Armen hören
Susanne Bühl, Mitglied des Vorstands des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Würzburg und für diesen Mitglied der Synodalversammlung.
Der Synodale Weg will die katholische Kirche in Deutschland erneuern. Ich wünsche mir, dass bei unseren Debatten die Stimme der Armen gehört wird. Die Armen helfen uns, uns als Kirche und als Gläubige zu erneuern. Kurz vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil sprach Papst Johannes XXIII. in einer Radiobotschaft darüber, was die Kirche ist und sein will: „die Kirche aller und vornehmlich die Kirche der Armen.“ So sollten wir uns fragen: wie können sie das Leben und die Entscheidungen unserer Gemeinden und Gemeinschaften stärker prägen?
Dazu gehört auch zur Frage nach der Teilhabe am Sendungsauftrag der Kirche. Ich denke etwa an die Verantwortung der Kirche für die Menschen, die vor Krieg und Elend in unser Land geflohen sind, oder auch für die alten Menschen, die jetzt in der Pandemie besonders gefährdet sind und allzu oft in ihrer Schwäche allein gelassen werden. Das Leben der Armen ist kostbar. Die Nachrichten über Tote im Mittelmeer dürfen uns ebenso wenig gleichgültig werden lassen wie die Covid-19-Opfer in Altenheimen. Es gilt, überall für die Würde eines jeden Menschen einzutreten und konkrete Antworten für die Nöte der Schwachen zu finden. Die Armen sind im Übrigen nicht die „Klienten“ der Kirche, sondern sie gehören zu ihr. Sie können uns helfen, geschwisterlicher und offener in der Kirche zu leben.
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„Der Weg entsteht beim Gehen, die erste Strecke ist gelaufen“
Monika Uhl, Vertreterin des Diözesankomitees Regensburg in der Vollversammlung des Synodalen Wegs.
Ein neues Miteinander war spürbar. Offen und leidenschaftlich wurden die verschiedenen Anliegen und Ansichten vorgetragen. Man konnte erleben, dass sich die Kirche – trotz aller Krisen – im Aufbruch befindet.
Aber im Blick auf das Glaubensleben von heute bleibt zu fragen: wo bleiben die Kinder, die Jugendlichen, die jungen Erwachsenen? Wie schaffen wir es, eine einladende, offene, herzliche Kirche zu sein? Was können wir tun, dass der Glaube wieder mehr Bedeutung erhält im Leben?
Der nächste Abschnitt des Synodalen Weges wird nach/mit Corona sicher anders aussehen als ursprünglich gedacht. Wir müssen lernen, dass wir nicht alles in den Händen haben.
Und dennoch bin ich zuversichtlich, dass die Kostbarkeiten unseres Christseins nicht als unnütze Last am Weg zurückgelassen werden.
Für den Synodalen Weg brauchen alle offene Ohren und ein aufgeschlossenes Herz, um auch eine andere Meinung gelten zu lassen. Es braucht sicher noch viel Geduld im Umgang miteinander.
Jedenfalls hoffe ich, dass ein guter Abschluss möglich wird, mit hilfreichen Ergebnissen für die Zukunft von Glaube und Kirche in unserem Land.
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Ein erstes Beschnuppern
Bernhard Ledermann, Vertreter des Diözesanrates Augsburg in der Synodalversammlung.
Die vergangene Synodalversammlung kann vielleicht mit einem ersten Beschnuppern verglichen werden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer steckten ihre Positionen ab, vertraten ihre unterschiedlichen Meinungen in Diskussionsbeiträgen und hörten sich gegenseitig aufmerksam zu. Bei langen und manchmal auch lähmenden Geschäftsordnungsdiskussionen und Abstimmungen zum bevorstehenden Zusammenwirken musste die Sacharbeit oft noch in den Hintergrund treten. In den inhaltlichen Beiträgen haben sich teilweise große Kontroversen aufgetan, die es in den kommenden zwei Jahren nun zu bearbeiten gilt. Manche Positionen scheinen derzeit unvereinbar.
Statt permanent kirchenpolitische Erfolge erzielen zu wollen, sollte der Synodale Weg viel mehr das kirchliche Leben vor Ort in den Blick nehmen. Damit sind der gelebte Glaube in feierlichen Gottesdiensten, die Weitergabe des Glaubens und der praktizierte Glaube, die Nächstenliebe, gemeint. Letztlich geht es – gerade in Krisenzeiten – darum, dass wir als Kirche Freude und Hoffnung, aber auch Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten, teilen. Darauf hat uns schon das Zweite Vatikanische Konzil hingewiesen.
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Titelbild: Synodaler Weg