Seit mehr als fünfzig Jahren arbeiten Kommunen und Pfarreien in Bereich der Büchereien sehr erfolgreich zusammen. Der Sankt Michaelsbund hat damals die Federführung übernommen und die Grundlage für die bis heute noch bestehenden Kooperationsmodelle geschaffen, ohne die es gerade in vielen kleineren Orten längst keine eigenen Büchereien mehr gäbe.
Ein ganz normaler Vorgang irgendwo in Bayern: Eine im Pfarrheim untergebrachte Gemeindebücherei in einem kleinen Marktflecken feiert ein Jubiläum. Zum Fest kommen auch die Honoratioren von Pfarrei und Gemeinde, die ihren Fuß noch nie über die niedrige Büchereischwelle gesetzt haben – und sind über das breite Angebot und die inhaltliche Offenheit ebenso überrascht wie einige Neubürger, die zum ersten Mal ins Pfarrheim gekommen sind. Die „kirchenferne“ junge Familie vom Ostseestrand war zunächst erstaunt, dass eine gemeindliche Bibliothek in einem kirchlichen Gebäude untergebracht ist – und dann darüber, dass nicht nur „fromme Traktate“, sondern auch knallharte Schwedenkrimis und kitschige Liebesschnulzen in den Regalen stehen.
Kooperation statt Konkurrenz
Sicher nicht zufällig mit dem Zweiten Vatikanum zusammenfallend hat der Sankt Michaelsbund ab 1962 das Modell der gemeinsamen Trägerschaft von Büchereien durch Kommunen und Pfarreien entwickelt. Seit dem Ende der 1950er Jahre haben sich die Gemeinden verstärkt dem Aufbau eigener neuer Büchereien gewidmet, die zu Konkurrenten der fast in jedem Ort bestehenden Pfarrbüchereien geworden wären, wenn der Sankt Michaelsbund nicht zu „Kooperation statt Konkurrenz“ aufgerufen und in unzähligen Orten Verträge zwischen Kirche und Kommune für eine gemeinsam getragene, öffentliche Bücherei abgeschlossen hätte. Inzwischen gibt es etwa 600 Bibliotheken in Bayern, die nach diesem Erfolgsmodell arbeiten, im ländlichen Raum wäre die sogenannte „Literaturversorgung“ ohne diese meist ehrenamtlich betriebenen Einrichtungen schon lange zusammengebrochen.

Angekommen mitten in der Gesellschaft mit Angeboten für jedermann: in manchen Büchereien gibt’s auch Weinproben, wie hier in Feldkirchen-Westerham.
Vergleicht man die Besucherzahlen der kirchlichen Büchereien in Bayern mit denen außerhalb der weißblauen Grenzen, dann zeigt sich am besten, wie nachhaltig die Entscheidung für diese damals auf beiden Seiten nicht immer unumstrittene Zusammenarbeit war: die Zahlen im Freistaat liegen fast doppelt so hoch! Die gemeinsame Verantwortung und Finanzierung hat viele bibliothekarische Entwicklungsschritte möglich gemacht, die die Pfarreien alleine nicht bewältigen hätten können oder wollen, die Ausleihe von E-Books, die Einrichtung von kleinen Lesecafés oder die Anstellung von neben- oder hauptamtlichem Personal. Waren in den 1960er Jahren manche Büchereien oft noch verstaubte Bücherlagen, sind es heute immer mehr attraktive Begegnungsorte – etwa für Familien an Sonntagvormittagen nach dem Gottesdienst.
In den meisten größeren Orten sind die Vertragsbüchereien inzwischen aus Platzgründen in kommunalen Gebäuden untergebracht, auch zur „Belebung von Leerständen“ in Ortszentren, so etwa in Pettendorf (Landkreis Regensburg), wo die Bücherei aus beengten Verhältnissen vom Pfarrheim in eine ehemalige Sparkassenfiliale gezogen ist. Gerade jetzt, wo Diözesen und Pfarreien über hohe Baulasten und über in Zukunft wenig bis gar nicht genutzte Gebäude klagen, dürfen die Büchereien nicht aus den Augen verloren werden – Büchereien bringen nämlich „Leben in die Bude“!
Titelbild: Büchereien sind längst mehr als Zimmer voller Bücherregale. Sie sind moderne Orte der Begegnung und des Austausches, wie die Stadtbücherei Vilshofen im Pfarrzentrum.
Fotos: Sankt Michaelsbund