Brigitte Tarras (67 Jahre) engagiert sich seit 1990 beim bkh Berufsverband für Angestellte und Selbstständige in der Hauswirtschaft. Der Verband hieß früher „Berufsverband Katholischer Arbeitnehmerinnen in der Hauswirtschaft“. In dieser Zeit war es ihr immer ein großes Anliegen sich ehrenamtlich in berufs- und sozialpolitischen Fragen für die Angestellten in der Hauswirtschaft einzubringen.
Warum engagieren Sie sich ehrenamtlich?
Mit dem gegenwärtigen sozialen Wandel werden Lücken der alltäglichen Versorgung sichtbar. Familienleben lässt sich immer weniger entlang traditioneller Muster gestalten und wird von Familienmitgliedern in je eigener Weise stets neu interpretiert. Individualisierungsprozesse im gesellschaftlichen und privaten Bereich führen zu einem veränderten Bild von Familie, Ehe und Partnerschaft. So suchen sich die Haushalte Lösungen für die Lücken, die meist weder arbeitsrechtlich noch qualitätsbezogen abgesichert sind. Es sind die „Perlen“ für den Haushalt, die ungeschützt und oft illegal die Versorgung Pflegebedürftiger und die Betreuung von Kindern übernehmen. Hier ist mein großes Betätigungsfeld, in dem wir beim bkh für ausländische Arbeitnehmerinnen Fortbildungen und Lehrgänge zum Berufsabschluss Hauswirtschafterin anbieten.
Wie sind Sie zu Ihrem Engagement gekommen?
Hauswirtschaft ist ein noch immer tariflich und auch gesellschaftlich nicht genügend anerkannter Berufszweig. Ein Beispiel: bis 1997 konnte eine schwangere Hausangestellte ohne triftigen Grund entlassen werden. Eine von mir geleitete Gruppe in Regensburg fasste 1995 den Mut und schrieb an Politikerinnen, um auf diesen Mangel Aufmerksam zu machen. Ab 1997 wurden die in der Hauswirtschaft Tätigen allen anderen Arbeitnehmerinnen gleichgestellt. Mein Engagement entstand also aus meinem eigenen beruflichen Wirken heraus.
Was beschäftigt Sie im Moment?
Wir müssen den Begriff Nachhaltigkeit mit Leben füllen: eine ökologische Nachhaltigkeit für eine Lebensweise, die die natürlichen Lebensgrundlagen nur in dem Maße beansprucht, wie diese sich regenerieren kann. Eine ökonomische Nachhaltigkeit sollte wirtschaftlich nicht über ihre Verhältnisse leben, da diese zwangsläufig zu Einbußen für die nachkommenden Generationen führt. Eine soziale Nachhaltigkeit für eine Gesellschaft, in der Solidarität, Wohlstand und soziale Gerechtigkeit für alle gelten. Diese drei Säulen der Nachhaltigkeit bauen für mich auf Grundlagen meines Glaubens und meines Berufs. Das möchte ich auch in Fortbildungen und Bildungsformaten des bkh weitergeben.
Was wollen Sie bewegen?
Wir brauchen eine bessere Wertschätzung der uns zur Verfügung stehenden Güter und einen achtsameren Umgang, auch unter den Menschen. Nicht alles lässt sich marktwirtschaftlich errechnen. Es ist eines der vornehmlichsten Anliegen des Berufsverbandes, für die soziale Gerechtigkeit hauswirtschaftlicher Arbeitnehmer einzutreten, damit ihnen auch das zukommt, was ihnen zusteht.
Kirchliches Engagement hat Zukunft, weil…
Dankbarkeit zu zeigen, im Glauben und im Gebet, ist mir persönlich wichtig. Deshalb will ich auch im Berufsverband bkh die kirchliche Ausrichtung, jährliche Wahlfahrten, Einkehrtage, geistlichen Einstieg in die Vorstandsitzung und in den Verbandstag für alle unsere Mitglieder auch für die Zukunft erhalten.
Foto: Privat