„Jesus hatte zwölf beste Freunde. Die zwölf besten Freunde dachten, dass Jesus einmal König wird. Die zwölf besten Freunde wollten die Minister vom König werden. Einer von den besten Freunden war Jakobus…“ Steht das tatsächlich in der Bibel? Nicht ganz. Dieser Text des Evangeliums vom 29. Sonntag im Jahreskreis wurde von Fachleuten des Katholischen Bibelwerks in Leichte Sprache übersetzt. Dadurch können ihn nicht nur Kinder verstehen. Sondern auch Menschen mit Demenz.
In jeder Pfarrei gibt es, rein statistisch gesehen, Gemeindemitglieder, die an Demenz erkrankt sind. Manche nur leicht. Manche richtig schwer. Allerdings tauchen diese Menschen im Gemeindeleben kaum auf. „Viele Betroffene, aber auch ihre Angehörigen ziehen sich mit der Zeit zurück“, sagt Wolfgang Zecher, Altenheimseelsorger in der Region Würzburg. Die Tochter zum Beispiel hat Angst, mit der von Demenz betroffenen Mutter in den Gottesdienst zu gehen. Die Mutter könnte ja plötzlich anfangen, laut zu reden. Oder sie steht unvermittelt auf und läuft umher. Ob die anderen Gottesdienstbesucher damit umgehen können? Oder ob sie verärgert reagieren?
Zecher setzt sich dafür ein, dass sich die Haltung gegenüber Menschen mit Demenz ändert. Seit dem vergangenen Jahr bietet er Fortbildungen zum Thema „Demenzsensible Pastoral“ in der Diözese Würzburg an. Menschen mit Demenz, betont er, seien keinesfalls nur ein „Problem“: „Ich selbst habe viel von diesen Menschen gelernt.“ Zum Beispiel, dass die Annahme, vor allem das Geistige mache den Menschen aus, irrig ist. Was am anderen Menschen anzieht, ist seine Emotionalität. Und davon haben Menschen mit Demenz oft noch eine ganze Menge.
Seelsorger Wolfgang Zecher verhilft Pfarrgemeinden zu „Demenzsensibilität“
Zechers großer Wunsch wäre es, dass in jeder Pfarrei Infoveranstaltungen zum Thema „Demenz“ organisiert würden. Dies wünschten sich auch die 15 Menschen, die meisten Diakone, die Mitte Oktober an seiner Fortbildung „Demenzsensible Pastoral“ teilnahmen. Es braucht einiges an Wissen, um Verständnis für Menschen mit Demenz zu entwickeln, waren sich die Teilnehmer einig. Dieses Wissen ist in Pfarreien nicht unbedingt verbreitet. Deshalb kommen Gemeindemitglieder auch erst mal nicht auf die Idee, dass jener Mensch dort, der sich so merkwürdig benimmt, womöglich eine Demenz hat. Oder dass Demenz dahintersteckt, wenn jemand plötzlich nicht mehr auftaucht.
Wachsam sollten zum Beispiel Mitglieder von Kirchenchören und anderen Gruppen sein. Bleibt ein Sänger, der viele Jahre aktiv war und etliche Auftritte mitgemacht hat, den Proben plötzlich fern? Das nehmen viele einfach so hin. Mag sein, der Senior hat keine Lust mehr. Ist ja seine Sache. Man könnte sich aber auch einmal erkundigen: Warum ist das so? Bleibt der Sänger aus freien Stücken weg? Oder kommt er nicht mehr, weil er eine beginnende Demenz und deshalb Angst hat, dass er ausgelacht, gar ausgegrenzt wird?
Oft genügen Zecher zufolge Kleinigkeiten, um den Einbezug der Betroffenen zu erleichtern. „Bei Texten für den Pfarrbrief zum Beispiel ist es sinnvoll, einige wenige Regeln zu beherzigen“, sagt er. Die Sätze sollten kurz sein. Nebensätze sollten vermieden werden. Auch Fremdwörter stören, wenn sich ein Text tatsächlich an alle Menschen richten soll.
Beitragsfoto: Wolfgang Zecher setzt sich dafür ein, dass sich die Haltung gegenüber Menschen mit Demenz ändert. Seit dem vergangenen Jahr bietet er Fortbildungen zum Thema „Demenzsensible Pastoral“ in der Diözese Würzburg an.
Foto: Pat Christ