Unter diesem Motto veranstaltet das Katholische Bildungswerk Traunstein in Kooperation mit der Stadtbücherei Traunstein, der Stiftung Heimathaus und dem Historischen Verein für den Chiemgau zu Traunstein seit acht Jahren ein Erzählcafé. Zu Themen wie „Plötzlich saß ich im Stadtrat“, „Traunsteiner Sportschützentraditionen“ oder „Traunsteiner Feuerwehrgeschichten“ erzählen Zeitzeugen ihre Geschichten. Da ist Raum für Anekdoten, Heiteres und Trauriges.
Was klein in einer historischen Museumsgaststätte im Heimathaus begonnen hat, hat rasch größere Ausmaße angenommen, berichtet Projektleiterin Silvia Nett-Kleyboldt: „In der Museumgaststätte ist nur Platz für 60 Leute. Dann ist das Interesse sehr groß geworden und wir haben angefangen, in andere Gasthäuser zu gehen und jetzt haben wir meistens zwischen 80 und 150 Zuhörerinnen und Zuhörer.“
Das Erzählcafé sei eine feste Einrichtung in der Stadt geworden, erzählt die Trainerin für Biografiearbeit. Zu den Besuchern gehören vorwiegend ältere Semester, aber auch einige jüngere Gäste finden immer wieder ihren Weg, auch einfach, um Leute zu treffen: „Es ist kein Problem, sich auch alleine einfach reinzusetzen, da trifft man immer jemanden, den man kennt.“ So habe das Erzählcafé in den vergangenen Jahren viele treue Besucher gesammelt, die den Beginn des Erzählcafé-Jahres im April kaum abwarten können. Bis zur Sommerpause finden nach dem Auftakt zwei weitere Abende statt, weitere zwei dann im Herbst.
Das Konzept ist ganz einfach: In der Mitte der Gaststube befindet sich ein Erzählertisch, an dem die Zeitzeugen und ihr Moderator sitzen. So hat zwar nicht jeder Gast einen unverstellten Blick auf die Erzähler, aber sie können sich so in Ruhe bewirten lassen, zurücklehnen und den Anekdoten zuhören, die meistens auch recht lustig sind, erzählt Silvia Nett-Kleyboldt: „Das heißt jetzt nicht, dass nur Positives erzählt werden darf, aber wir legen schon den Schwerpunkt auf das, was ermutigend ist, was geglückt ist. Wir betonen nicht die Defizite, sondern die Ressourcen, das, was man geschafft hat und was positiv war. Was nicht schön oder unangenehm war, darf aber auch Raum haben.“

Thematisch beschäftigen sich die Erzählcafés in Traunstein mit unterschiedlichen Aspekten aus dem Stadt- und Vereinsleben.
Die Moderation wird themenabhängig von jemandem übernommen, einer Expertin oder einem Experten in der Sache. Und da die Themen „Traunsteiner Themen“ sind, wie Nett-Kleyboldt sagt, kommen auch die Erzähler meist aus Traunstein oder den umliegenden Gemeinden. Absagen auf ihre Anfragen erhalte sie so gut wie nie: „Im Großen und Ganzen fühlen sich die Leute eher geehrt.“ Und umgekehrt hätten die Erzähler auch etwas von dem Abend: „Erinnerungsarbeit ist vor allem für ältere Menschen total wichtig, um einen Blick auf das eigene gelebte Leben zu haben und es ein Stück abzurunden und vielleicht auch in eine etwas heilsamere Ordnung zu bringen. Dass man nicht nur auf das Missglückte und die Leiderfahrungen schaut, sondern dass man auch sagt: Das habe ich geschafft, da bin ich stolz drauf“ – ganz getreu dem Motto: „Daran erinnere ich mich gern.“
Titelbild: Schon bald war die Museumsgaststätte zu klein. Das Erzählcafé in Traunstein findet nun in Wirtshäusern statt mit bis zu 150 Besuchern – und das Interesse ist ungebrochen.
Fotos: Silvia Nett-Kleyboldt / Erzählcafé Traunstein