Liebe Leserin, Lieber Leser,
Wann genau der Mensch zu sprechen begann, konnte bisher nicht rekonstruiert werden. Dennoch sieht die Wissenschaft in der Herausbildung der Sprache einen Meilenstein in der Entwicklung des Menschen. Sprache war und ist der Schlüssel zu einem Welt- und Selbstverständnis und sie ist das zentrale Mittel zwischenmenschlicher Kommunikation. Kurzum, man könnte sagen: Ohne Sprache würde unsere Welt nicht (mehr) funktionieren.
Mit Sprache lässt sich erklären, beschreiben, diskutieren, loben, gutheißen, singen, argumentieren, nuscheln, begründen, flüstern, schreien und lieben, aber auch kritisieren, diffamieren, lästern, diskriminieren, bloßstellen, herabwürdigen, erniedrigen, schaden und verletzen. Und manchmal ist das Nichts-sagen schlimmer als eine ehrliche, direkte Aussage. Sprache ist immer auch ein Instrument der Einflussnahme, der Macht. Sie kann steuern und manipulieren. Mit einer gezielten Aussage kann ich jemanden gegen mich aufbringen oder gegen andere. Jeder von uns hat es in der Hand, wie er Sprache einsetzt. Worte sollten bewusst und bedacht gewählt werden, zumal in einer Gesellschaft, in der täglich von einer „Verrohung der Sprache“ die Rede ist. Durch meine Sprache beziehe ich Position, stehe für etwas ein oder wende mich gegen etwas. Der Beitrag auf Seite 22 unter der Überschrift „Eine Frage der Haltung“ ruft diese Verantwortung ins Gedächtnis.
Die Art zu sprechen entscheidet darüber, mit wem ich in Kontakt komme, ob mir mein Gegenüber zuhört oder sich abwendet. Auch für unsere Kirche sind das zentrale Themen. Wie gelingt es, die Menschen von heute zu erreichen? Auf welchen Kommunikationswegen muss ich es versuchen? Ist ein aktives, gut gemachtes Facebook-Profil oder ein Twitter-Account wirklich die Lösung aller (Kommunikations-)Probleme? Wohl eher nein. In der aktuellen Ausgabe von Gemeinde creativ spüren wir genau diesen Fragen nach. Es geht darum, wie echter Dialog in der Kirche aussehen kann und aussehen muss, und darum, wie man gerade auch die junge Generation erreicht. Leichte Sprache, eigentlich als Konzept für die Arbeit mit behinderten Menschen entwickelt, macht es vielen Menschen einfacher zu verstehen. Claudio Ettl zeigt in dieser Ausgabe, welche Personengruppen davon profitieren und wie Ihre Pfarrei in diesem Bereich aktiv werden kann.
Kirche besteht aus Menschen und da, wo Menschen zusammenarbeiten, fallen Späne. Die Beiträge von Gisela Häfele und Gabriele Pinkl zu Gewaltfreier Kommunikation und Mediation helfen bei der nächsten Sitzung die richtigen Worte zu finden, wenn man sich sprachlich mal wieder in eine Sackgasse manövriert zu haben scheint. Probieren Sie’s aus!
Ihre
Alexandra Hofstätter, Redaktionsleiterin