Liebe Leserin, Lieber Leser,
„Sind Sie digital unterwegs?“ – diese Frage haben die allermeisten von uns so oder so ähnlich schon einmal gehört. Haben Sie darauf dann ihr Smartphone aus der Tasche gezogen und geantwortet: „Natürlich, immer online!“
Digitalisierung wird nach wie vor viel zu sehr von den Endgeräten her gedacht. Die Debatte wird gleichgesetzt mit dem Release-Termin des neuesten iPhones – daran erkennbar, dass sich vor den Apple-Stores im ganzen Land schon Tage zuvor Schlangen und ganze Camps bilden – und mit der Leistungsfähigkeit anderer Digitalprodukte. Wir wiegen das Für und Wider von technischen Möglichkeiten in unterschiedlichen Branchen, wie Industrie, aber auch in Pflegeberufen ab, und fragen uns gleichzeitig, wann die endzeitlichen Szenarien aus so manchem Science-Fiction-Film – Roboter und Maschinen, die sich gegen ihre Erschaffer wenden – Realität werden könnten. Auf der anderen Seite hören wir immer wieder, wie wichtig es sei, sich auf die Digitalisierung vorzubereiten. Das ist falsch. Dafür ist es zu spät. Digitalisierung hat längst begonnen. Sie ist da, mitten in unserer Gesellschaft, im Alltag, in unserer Arbeitswelt. Sie bringt Veränderungen mit sich, davon mag nicht alles gut, sicherlich aber auch nicht alles schlecht sein. Digitalisierung wirft viele und fast jeden Tag neue Fragen auf, technische, logistische und ethische. Damit müssen wir uns befassen. Wir dürfen „die Digitalisierung“ – die es als dieses gerne zusammengedachte Konglomerat gar nicht gibt – nicht vor uns herschieben. Das Ergebnis wäre ein angehäufter Berg offener Fragen und Problemstellungen, den man nicht mehr bewältigen könnte. Die digitale Transformation – um den Begriff zu verwenden, den Christian Dosch im Interview dieser Ausgabe benutzt – muss proaktiv mitgestaltet werden. Und zwar jetzt, und nicht erst morgen.
Eine Ausgabe von Gemeinde creativ kann nicht genug sein, um das Thema abschließend zu behandeln. Vielmehr wollen wir in diesem Heft Punkte ansprechen und vielleicht auch neue Fragen aufwerfen. Es geht darum, wie sich digitale Prozesse auf Lebens- und Arbeitswelt auswirken, welche ethischen Aspekte beachtet werden müssen und in welchen Bereichen Digitalisierung vielleicht wirklich eine entlastende Hilfe für den Menschen sein kann. Es geht aber auch darum, wie Kirche die Digitalisierung für sich positiv nutzen kann. Bei Priestermangel und immer größer werdenden pastoralen Strukturen, ist da der Segensroboter (Seite 26) vielleicht die Zukunft? An dieser Stelle schon einmal Entwarnung: in der Pastoral gibt es viel bessere Möglichkeiten, in denen Digitalisierung gezielt und gewinnbringend eingesetzt werden kann. Auch darum geht’s in dieser Ausgabe.
Ihre
Alexandra Hofstätter, Redaktionsleiterin
Beitragsbild: KC / Adobe Stock