Als wir 1968 zum Priester geweiht wurden, war das Konzil zwar zu Ende, nicht aber die Begeisterung, die es auslöste und unsere Kirche veränderte. Zehn Jahre später als junge Pfarrer waren wir gefordert, nicht nur begeistert zu sein, sondern den Geist des Konzils und der Würzburger Synode in unsere Pfarreien zu tragen. Die Forderung, dass sich aus versorgten Gemeinden Gemeinschaften entwickeln müssen, die in unübertragbarer Eigenverantwortung sich selbst organisieren, sich einfach um sich selbst kümmern – auch darum, dass aus ihrer Mitte pastorale Berufe wachsen, bestimmte unser pastorales Denken, Planen und Tun.
Die Erklärung der Würzburger Synode „Dienste und Ämter“ zeugt von prophetischer Weitsicht. Es gab auch damals einen „gefühlten“ Mangel an geistlichen Berufen. Kirche war auch damals nicht mehr aus sich heraus selbstverständlich. Diese Erklärung wurde viel gelobt und diskutiert, ihre positiven Anstöße versandeten freilich im Irgendwo und mit ihnen die Gelegenheit zu einer Erneuerung. So spielt auch in dem Wort der Bischöfe zur Erneuerung der Pastoral „Gemeinsam Kirche sein“ von 2015 die Würzburger Synode keine Rolle. Ich will nicht die Vergangenheit verklären, aber die Aussage von damals stimmt auch heute. Da wird nicht gejammert, da wird nicht mit Zahlen und Plänen gespielt. Es geht um die Zukunft der Kirche und es wird Mut gemacht, sich zu engagieren und Verantwortung zu übernehmen. Wäre das nicht ein Programm für unsere neu gewählten Pfarrgemeinderäte?
Die Sorge für eine lebendige Gemeinde, die Sorge für pastorale Berufe, auch für die Priester, liegt bei der Gemeinde. Das ist nicht unmöglich. Der Ruf nach personae probatae, die der Eucharistie vorstehen können und dürfen, soll und muss aus den Gemeinden kommen – und nicht nur eine Anregung zum Nachdenken aus Rom sein. Was in und mit den Gemeinden geschieht, liegt in deren Händen. Die Pfarrgemeinderäte sind Gesicht einer Gemeinde – gerade in den seelsorgerlichen Großräumen, die gegenwärtig landesweit entstehen.
Pfarreien müssen sich nicht alles gefallen lassen. Sie sind nicht passive Mitglieder in einer weltweiten, globalen Organisation, sondern sie sind die Kirche vor Ort. Hier geschieht Kirche, hier wird sie gestaltet und nur hier ist sie lebendig. Klagen wir doch nicht so sehr darüber, dass wir immer weniger werden. Kümmern wir uns vielmehr um das Leben hier und jetzt, dass am Sonntag Eucharistie gefeiert werden kann, dass wir eine Gemeinschaft sind, in der wirklich ist, was Jesus sagt: dass er da ist in unserer Mitte, wenn wir in seinem Namen zusammen sind.
Jesus hat uns seine Kirche anvertraut. Er traut uns das zu. Nehmen wir dieses Vertrauen ernst und gestalten wir Kirche, da wo wir wohnen, jetzt und nicht morgen – im gemeinsamen Dienst und in unübertragbarer Eigenverantwortung jedes Einzelnen.
Foto: KS/Doreen Bierdel