Auf dem Podium diskutierten (von links): Der Bundesvorsitzende der Ackermann-Gemeinde Martin Kastler, der Brünner Oberbürgermeister Petr Vokřál, der Politikwissenschaftler Professor Anton Pelinka, der Präsident der Bernard-Bolzano-Gesellschaft Matěj Spurný.
Foto: Markus Bauer
Symposium der Ackermann-Gemeinde befasst sich mit der „Macht des Wortes“
„Die Macht des Wortes. Orientierung für die Gesellschaft und Missbrauch durch Populisten“ – diesem Thema widmeten sich die deutsche Ackermann-Gemeinde und die tschechische Bernard-Bolzano-Gesellschaft beim 26. Brünner Symposium. Mehr als 300 Personen nahmen in diesem Jahr an der Tagung teil.
In einer der Podiumsdiskussionen stand die Deutsch-Tschechische Erklärung von 1997 im Zentrum. Für den früheren tschechischen Senatspräsidenten Petr Pithart war diese „eine Zivilisationsleistung par excellence“, in der akribisch um die Wörter und ihre Bedeutung in den beiden Sprachen gerungen wurde. Zumal das Verständnis einzelner Worte auch vom (unterschiedlichen) Erleben der Geschichte abhängig sei. Auf einige schwierige und zentrale Worte in der Erklärung (Vertreibung – vyhnání; odsun – Abschiebung) wies Tomáš Kafka, erster tschechischer Co-Geschäftsführer des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds, hin. Doch in erster Linie sei es, so Herbert Werner, Kafkas Pendant auf deutscher Seite, darum gegangen, Annäherung zu schaffen und Vertrauen zu gewinnen, um dann die noch bestehenden Konflikte und Missverständnisse zu klären.
„Die Qualität wird oft durch Quantität ersetzt. Fake-News sind das Übel unserer Zeit“, stellte Tomáš Jan Podivínský, Botschafter der Tschechischen Republik in Deutschland, in seinem Grußwort fest. Als verletzend für Tschechen nannte er die Benutzung des Wortes „Tschechei“ im deutschen Sprachgebrauch, da dies an die Zeit des Nationalsozialismus erinnere. „Aber Begriffe dürfen der Beziehung von Staaten und Menschen nicht im Wege stehen“, sagte er und plädierte für Begegnungen, die durch Programme und Einrichtungen gefördert werden müssten. Und der tschechische Kulturminister Daniel Herman, auch Vorsitzender der tschechischen Sdruženi Ackermann-Gemeinde, berichtete von Kritik auf tschechischer Seite wegen seines in deutscher Sprache vorgetragenen Grußwortes beim Sudetendeutschen Tag 2016 in Nürnberg.
Martin Kastler, Bundesvorsitzender der Ackermann-Gemeinde, wies auf eine „Verrohung der Sprache und Umgangsformen miteinander“ hin. Der Macht der Worte komme „eine große, ernst zu nehmende Bedeutung“ zu, „die Verrohung der Sprache und die Verschlechterung des Umgangs beginnt bei uns. Jeder soll kritisch bei sich selbst reflektieren“, empfahl Kastler.
Der österreichische Jurist und Politikwissenschaftler Anton Pelinka verdeutlichte, dass Begriffe wie „Mitteleuropa“ oder „Zentraleuropa“ in verschiedenen Ländern unterschiedlich interpretiert werden. Zudem werde die Macht der Worte häufig in nationalen Opfer- und Unrechtsmythen offenbar.
Dass Populisten verstärkt versuchen, komplexe Sachverhalte mit einfachen Antworten zu lösen, wurde in den Beiträgen ebenfalls deutlich. Als Lösungsansätze gegen Populismus schlugen die in den Podien auftretenden Referenten aus Politik, Bildung und Wissenschaft die Stärkung der Kindergärten, Schulen, der außerschulischen Bildung sowie die Intensivierung von Dialog und Begegnung vor. Wichtig seien aber auch funktionierende und der freiheitlich-liberalen Demokratie verpflichtete (Volks-)Parteien sowie die Stärkung der Zivilgesellschaft und des Bürgerbewusstseins.