Professor Paul Zulehner beleuchtet bei „Wochen zur Demokratie“ das Thema Freiheit sowie die Trends zum Autoritarismus. Im Mittelpunkt seines Vortrags in Untergriesbach (Bistum Passau) stand die dramatische Entwicklung unserer Gesellschaften hin zum Autoritarismus. Zulehner hatte frische Statistikdaten aus Österreich dabei. Eingeladen hatten der Diözesanrat Passau und das Dekanat Hauzenberg.
Für Zulehner steht fest: Auftrag der christlichen Kirchen muss sein, Anwältinnen der Freiheit und der Demokratie zu sein. Und er strahlte bei seinem Vortrag durchaus Optimismus aus. Freiheit, Gerechtigkeit und Wahrheit seien die großen Themen Europas, erklärte er in einem geschichtlichen Abriss.
Im Jahr 2019 sieht Zulehner eine „neue Freiheitsflucht“. Vor allem junge Leute tendierten wieder dazu, autoritären Führern nachzulaufen. Und das sind keine Vermutungen, sondern wissenschaftlich fundierte Fakten, die auf Langzeitstudien basieren. Seit 1970 erforscht der Professor aus Wien den Autoritarismus und kann anhand von gesicherten Zahlen belegen: Die Zahl junger Menschen nimmt zu, die die „lästige Last der Freiheit“ wieder loswerden wollen. Wichtige Ursachen der neuen Freiheitsflucht liegen auf persönlicher Ebene, die Welt wird kompliziert und unübersichtlich. Das macht Angst. Die Gründe liegen aber auch auf gesellschaftlicher Ebene. So ist die Freiheit heute politisch wieder gefährdet. Nationalisten, Rechtspopulisten und autoritäre Regierungschefs propagierten es sehr deutlich: Sie wollen – mit demokratischen Mitteln – die Demokratie überwinden. „Das Problem ist nicht Trump“, so Paul Zulehner, „sondern dass er gewählt wird“. Auch die Leipziger Autoritarismusstudie vom November 2018 zeige: Etwa 40 Prozent der Deutschen wären bereit, ein autoritäres System zu unterstützen. Demgegenüber, so Paul Zulehner, steht der christliche Glaube an Gott: „Die Freiheit macht uns zum Ebenbild des liebenden Gottes“. Und, so der Theologe weiter: „Der tiefere Sinn der Freiheit ist die Liebe!“. Zudem, so stellt er weiter fest, sei die Kirche sehr lange mit der Macht, vor allem der staatlichen Macht verhaftet gewesen. Diese Macht schwinde mehr und mehr und werde zur Ohnmacht. Doch diese Ohnmacht, so Zulehner, sei die Chance für die Zukunft. Es gehe darum, Menschen zu entängstigen und zu heilen. Das sei für die Kirche das Gebot der Stunde.
Titelbild: Mit seinen umfangreichen Langzeitstudien belegte Professor Paul Michael Zulehner eine „neue Freiheitsflucht“ angesichts einer komplexen Welt. Vor allem junge Leute tendierten heute wieder dazu, autoritären Führern nachzulaufen.
Foto: Dionys Asenkerschbaumer