Kaffeepause mit Papst Franziskus
Gut eine Woche nach Abschluss der Amazoniensynode trafen sich im November 2019 einige der Synodenteilnehmer bereits wieder zu einer Fachtagung in Würzburg. Ziel der Veranstaltung war eine erste Reflexion der Ereignisse und Ergebnisse der Synode. Mit der Amazoniensynode habe Papst Franziskus sein Vermächtnis geschrieben, sagt der Theologe Paulo Suess, der seit 1966 in Brasilien lebt und wirkt. Die Synode fordert zweierlei: eine neue Haltung und die persönliche Umkehr.
Jenseits der wertvollen inhaltlichen Impulse und Diskussionen zu Fragen nach den „Konsequenzen einer Kirche mit amazonischem Gesicht für die Pastoral in Deutschland“ und „den Menschenrechten indigener Völker im Gemeinsamen Haus“ sowie Beiträgen unter dem Motto „#ChurchesForFuture: Wege einer ökologischen Umkehr“ war vor allem interessant, was durch die Berichte der Synodenteilehmer aus erster Hand deutlich wurde. Also das, was sich „hinter den Kulissen der Amazonas-Synode“ zugetragen hatte. Man war sich einig, dass dort eine beeindruckende Atmosphäre geherrscht und ein besonderer Geist geweht hatte. Es sei bedeutsam gewesen, wie sich die Dinge inner- und außerhalb der Synodenaula abspielten.
Die Erzählungen über einen nahbaren, unkomplizierten Papst, der sich zur Kaffeepause hinten einreihte und weitere Anekdoten darüber, wie er mit Humor teilweise das strenge Protokoll zugunsten von Spontaneität und Menschlichkeit auflockerte, vermittelten einen Eindruck der besonderen Gemeinschaft vor Ort. Es wurde berichtet, dass in der Synodenaula die Redezeit maximal vier Minuten betrug und auf vier Beiträge vier Minuten Schweigen folgte. Dieses Modell – für manche ungewohnt, für alle bereichernd.
Der Papst hielt sich mit eigenen Beiträgen zurück und zeigte so, worum es ihm ging: Zuhören, und zwar erstmals auch Vertretern indigener Gemeinschaften und insgesamt 36 Frauen aus 29 Ländern. All diese Details am Rande sind genauso wichtig wie die diskutierten Inhalte, denn sie verweisen auf eine neue Haltung. Sinngemäß sagte Paulo Suess in diesem Zusammenhang in Würzburg, dass der Papst mit der Amazoniensynode „sein Testament gemacht habe“. In einem Dreischritt, so Suess, habe Papst Franziskus dieses aufgebaut: Mit Evangelii Gaudium erinnerte er daran, dass uns eine Frohe Botschaft verkündet worden ist – nicht etwa eine „Traueranzeige“. Mit Laudato si‘ wies er uns darauf hin, nichts von der aktuellen Realität auszublenden und den Schrei der Erde und der Armen zu hören. Mit der Amazoniensynode schließlich gibt er uns die Methodologie an die Hand für die Frage: Wie machen wir das jetzt? Wie gelingt die nötige Umkehr? Um die Erkenntnisse aus Evangelii Gaudium und Laudato si‘ umzusetzen, braucht es neue Wege.
Der Papst empfiehlt uns dazu als Methode eine innere Haltung des Innehaltens und des Zuhörens. Innhalten und Zuhören sind Bedingungen für eine Umkehr. Sie markieren eine Unterbrechung des bisherigen, alten Weges. Das heißt, dass der erste Schritt auf neuen Wegen mit der eigenen Haltung beginnt. Papst Franziskus erfindet dazu keine neue Methodologie, sondern verweist auf eine urchristliche Erfahrung, die er selbst in vielen kleinen Gesten bezeugt. So zeigt er, wie man durch persönliche Umkehr zu einer strukturellen Umkehr beitragen kann. Manchen von uns mögen seine Veränderungen bei der Amazoniensynode und seines gesamten Pontifikats zu klein, anderen mögen sie zu groß sein – sicher ist aber, sie strahlen aus. Nicht zuletzt haben sie auch spürbar die Würzburger Tagung geprägt. Denn was die Referenten in Rom erlebt hatten, wirkte sich direkt in Würzburg aus: Man hat versucht, sich die Methode der Amazoniensynode zu eigen zu machen, indem man den geschäftigen, mit möglichst vielen inhaltlichen Inputs beladenen Tagungsbetrieb teilweise unterbrochen hat. Es wurde inne gehalten und auch mal geschwiegen – dadurch entstand Raum, „die Inhalte auf eine persönliche Ebene zu heben“, wie Paulo Suess in einer der vielen Diskussionen der Tagung forderte. Raum für neue Wege.
Inzwischen ist mit Querida Amazonia das offizielle Nachsynodale Schreiben von Papst Franziskus erschienen.
Text: Isabel Otterbach
Kaum zu glauben
Passend zur Jahreslosung Ich glaube, hilf meinem Unglauben widmet sich das aktuelle Themenheft anders handeln des ökumenischen Vereins Andere Zeiten dem Glauben in all seinen Erscheinungsformen: dem Aberglauben, dem Glauben an Medizin, Geld, die eigenen Kinder, an sich selbst und an Gott. Menschen erzählen im 68-seitigen anders handeln-Themenheft mit bewegenden Schicksalen von ihren Erfahrungen mit dem Glauben: eine Familie aus dem Irak, die wegen ihres Glaubens vor dem IS geflohen ist, eine Mutter, deren Kind schwer erkrankt ist, ein Chirurg, der dem Tod beinahe täglich in die Augen schaut. Eine Journalistin wird befragt, wem Mediennutzer heute noch trauen können, und ein Fotograf zeigt bildlich, was er in der Esoterik-Szene erlebt hat. „Das Themenheft soll Impulse zum Thema Glaube geben. Was macht einen Glauben wirklich zum Glauben? Wie stellen wir uns der lebenslangen Herausforderung, dass ein Glaubensfundament ins Wanken kommen kann? Wie finden wir Anreize zum Weiterforschen?“, beschreibt Chefredakteur Frank Hofmann die weiteren Heftinhalte. (pm)
Das neue Themenheft Glaube kann für 4,50 Euro (zzgl. Versand) auf der Homepage des Vereins Andere Zeiten bestellt werden. Die Reihe gibt es auch als Abonnement für 19.50 Euro jährlich.
Weitere Informationen zum Verein Andere Zeiten sowie zu Aktionen und Publikationen finden Sie hier
Schöpfungsverantwortung übernehmen
Unterschiedlichste kirchliche Akteure haben sich in den vergangenen Jahren mit Themen rund um Ökologie und Nachhaltigkeit beschäftigt. Oft sind dabei gute, hilfreiche Papiere entstanden. Darunter sind Selbstverpflichtungen ebenso wie konkrete Anregungen und Impulse für die Arbeit vor Ort in unterschiedlichen Bereichen. Im Folgenden eine kleine (keineswegs vollständige) Zusammenstellung:
Ökumenische Arbeitshilfe Nachhaltig. Ökumenisch. Relevant – Gemeinsam im Einsatz für die Schöpfung.
Wege zu einer nachhaltigen Jugendarbeit: Morgen wird heute gestern sein.
Schöpfungsfreundlich (Pfarr-) Feste feiern
Broschüre Pfarreien übernehmen Schöpfungsverantwortung, herausgegeben von der Abteilung Umwelt der Erzdiözese München und Freising.
Bildungshäuser übernehmen Schöpfungsverantwortung – Zukunftsfähige Ausrichtung und Einführung von Umweltmanagement mit EMAS für die diözesanen Bildungs-, Exerzitien- und Seminarhäuser.
Katholische Frauen übernehmen Schöpfungsverantwortung – Ein ganzes Heft voller erprobter Praxisbeispiele und mit vielen Handlungsvorschlägen.
Schöpfungsverantwortung als kirchlicher Auftrag – Handlungsempfehlungen zu Ökologie und nachhaltiger Entwicklung für die deutschen (Erz-)Diözesen, Arbeitshilfe Nr. 301 der Deutschen Bischofskonferenz.
Anders besser leben. Lebensstile für eine lebenswerte Welt.
Unser Boden. Fundament des Lebens. Hintergründe und Denkanstöße aus christlicher Perspektive.
Naturschutz auf Kirchengrund. Schöpfung bewahren.
Einfach fair Leben. Leitlinien zur Nachhaltigkeit für das Erzbistum Bamberg.
Leitlinien des Bistums Regensburg für den verantwortungsvollen Umgang mit der Schöpfung.
Anstiftung zur Rettung der Welt. Ein Jahr Enzyklika Laudato si‘, herausgegeben von Misereor.
Bausteine zur Enzyklika Laudato si‘. Über die Sorge für das gemeinsame Haus von Papst Franziskus, herausgegeben von Misereor.
Fair bis zuletzt. Grabsteine – Graberde – Grabschmuck. Ökologisch, regional und fair; Heft Nummer 11 in der Reihe ProPraxis des Landeskomitees der Katholiken in Bayern.
Kirche kauft ein – öko, sozial, fair. Impulse zum Beschaffungswesen; Heft Nummer 7 in der Reihe ProPraxis des Landeskomitees der Katholiken in Bayern.
Zur ökosozialen Enzyklika Laudato si‘ hat der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum München und Freising einen eigenen Blog auf den Weg gebracht, der zahlreiche Materialien, wie etwa Kommentare, Bausteine für Bildungsarbeit und Liturgie, Best-Practice-Beispiele und Vorschläge für eigene Aktionen, enthält.
Umweltbildung und -erziehung in Kindertageseinrichtungen, eine gemeinsame Broschüre des Bayerischen Umwelt- sowie des Sozialministeriums.
Zahlreiche weitere Broschüren und Informationen finden Sie auch auf den Homepages der Bistümer, Verbände und Diözesanräte.
Fehlt eine wichtige Publikation? Melden Sie sich gerne bei uns und wir ergänzen die Liste.
Klimaschutz braucht Bildung
Mehr als 150 sogenannte Umweltauditoren wurden inzwischen in den bayerischen Pfarrgemeinden und kirchlichen Einrichtungen ausgebildet. Das geschah im Rahmen des Projekts „Klimaschutz braucht Bildung“, ein Kooperationsprojekt zwischen den Umweltbeauftragten der bayerischen Diözesen und der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) Bayern sowie gefördert vom Bayerischen Umweltministerium im Rahmen der Bayerischen Klima-Allianz.
In vielen Pfarrgemeinden in der Erzdiözese München und Freising wurden nach den vergangenen Pfarrgemeinderats- und Kirchenverwaltungswahlen Umweltbeauftragte berufen. Sie behalten im Blick, dass bei allen Neubau- und Sanierungsmaßnahmen ökologische und energetische Aspekte nicht vernachlässigt werden, dass beispielsweise auch die Beschaffung in der Pfarrei – vom Druckerpapier bis hin zur Altarkerze – nach ökologischen und fairen Standards erfolgt, und sie kümmern sich darum, dass die Themen rund um Klimawandel, Artenschutz und Papst Franziskus‘ ökosozialer Enzyklia Laudato si‘ im Jahreskalender der Pfarrei eine gewichtige Rolle spielen. Viele von diesen nunmehr über 700 Umweltbeauftragten im Erzbistum München und Freising haben in den vergangenen Jahren im Rahmen des bayernweiten Projekts „Klimaschutz braucht Bildung“ die Weiterbildung zum Umweltauditor absolviert.
Das Projekt war so konzipiert, dass in der ersten Stufe, beginnend ab Sommer 2012 bis Anfang 2015, in den sieben bayerischen (Erz-)Diözesen kirchliche Umweltauditoren qualifiziert wurden. Auf Basis eines dualen Ausbildungskonzeptes war vorgesehen, dass parallel zur theoretischen Wissensvermittlung die Praxisbegleitung einer Pfarrei oder kirchlichen Einrichtung erfolgt – in besonders günstig gelagerten Fällen bis zur Validierungsreife für EMAS, dem europaweit höchsten Zertifizierungsstandard in Sachen Umweltmanagement. Aufgrund des großen Erfolgs wurde in einer zweiten Phase das Projekt ab 2016 bis Ende 2018 fortgesetzt. Auch wenn die Projektlaufzeit nun offiziell abgeschlossen ist, gibt es noch viel zu tun für Hermann Hofstetter und seine Kollegen.
Er begleitet das Projekt seit den Anfängen: „Zum ersten Jahrestreffen im Jahr 2012 kamen 15 Teilnehmer. Heute gibt es drei Veranstaltungen pro Jahr und in Summe sind nun etwa 150 Teilnehmer in Würzburg, Nürnberg und München dabei. Das zeigt, wie groß der Bedarf in diesem Bereich in den Gemeinden vor Ort ist“, sagt er. Das Besondere am Projekt: Pfarrgemeinden, die mit Anfragen an ihn herantreten, bekommen keine pauschalen Antworten serviert. Hofstetter und seine Kollegen in der Abteilung Umwelt des Erzbischöflichen Ordinariats München und Freising suchen immer nach passgenauen Lösungen. Über einen Newsletter werden die Umweltbeauftragen mit allen wichtigen Informationen versorgt, zum Beispiel wenn wieder eine neue Broschüre zu einem für sie relevanten Thema erschienen ist, aber auch über Fristen für Förderanträge oder neue Zuschussmöglichkeiten.
Das Material, das bei den Netzwerktreffen verbreitet wird, ist stets mit größter Sorgfalt und gemeinsam mit Experten erarbeitet worden. Relativ neu ist beispielsweise der Leitfaden für nachhaltiges Bauen. „Das sollte die Grundlage für alle kirchlichen aber auch privaten Bauvorhaben sein“, sagt Hofstetter. „Und das Papier kommt so gut an, dass inzwischen auch die Bayerische Architektenkammer auf unsere Leitlinien verweist, weil es auf dem Markt momentan nichts vergleichbar Innovatives mit so niederschwelligem Zugang gibt.“ Arbeitshilfen, Schulungsunterlagen und Publikationen zu Umweltthemen gibt es viele. Um hier weiter den Überblick behalten und gezielt nach Themen filtern und suchen zu können, soll in einem nächsten Schritt eine Onlineplattform entstehen, die dieses Wissen bündelt und für alle Interessierten zugänglich macht. In diesem Jahr wollen die Bistümer damit starten, die neue Plattform zu befüllen. Gleichzeitig soll so ein neuer Arbeits- und Vernetzungsrahmen geschaffen werden.
Weitere Informationen zum kirchlichen Umweltmanagement finden Sie auf folgenden Seiten:
- Netzwerk Kirchliches Umweltmanagement KirUm
- Abteilung Umwelt der Erzdiözese München und Freising; hier sind auch viele nützliche Publikationen und Arbeitsmaterialien zum Download bereit
- Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten der deutschen (Erz-)Diözesen AGU
- Churches for future
- Kirchlicher Kompensationsfond
Text: alx
„Selig, die Frieden stiften“
Das Leitwort der Pfingstaktion des katholischen Osteuropa-Hilfswerks Renovabis zitiert 2020 die Bergpredigt (Mt 5,9): „Selig, die Frieden stiften. Ost und West in gemeinsamer Verantwortung“. Erstmals hat das Hilfswerk in diesem Jahr einen Länderschwerpunkt für seine Pfingstaktion gewählt: die Ukraine.
Die Situation im Osten des Landes erinnere, so Renovabis-Hauptgeschäftsführer Christian Hartl, ganz besonders daran, wie zerbrechlich der Friede in Europa ist: „Auch 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs müssen wir immer wieder neu darum ringen.“ Zumal Frieden, so Hartl weiter, nicht lediglich als Abwesenheit von Krieg verstanden werden dürfe, „Frieden ist vielmehr ein Prozess, der aktiver Gestaltung bedarf.“ Dies erfordere wirtschaftliche und soziale Entwicklung, Gerechtigkeit und Freiheit.
Viele der Gesellschaften in Mittel-, Ost- und Südosteuropa seien auch 30 Jahre nach Ende der kommunistischen Gewaltherrschaft zu keiner wirklichen inneren Befriedung gelangt. Die Verlierer des Umbruchs – gesellschaftliche Randgruppen, alte Menschen, Männer, Frauen und Kinder in strukturschwachen Regionen – erlebten soziale Ausgrenzung und fehlende gesellschaftliche Teilhabe. Pfarrer Hartl sagt: „Ungerechtigkeit zu vermindern und Not abzubauen sind für Renovabis wichtige friedensfördernde Maßnahmen.“ Deshalb unterstütze die Solidaritätsaktion seit mehr als einem Vierteljahrhundert ihre Projektpartner dabei, die sozialen, bildungspolitischen und pastoralen Bedingungen in den jeweiligen Heimatländern zu verbessern.
„Frieden zu schaffen, beziehungsweise ihn zu erhalten, erfordert aber auch die Fähigkeit, Brücken zu bauen, Gemeinsamkeiten zu erkennen, Spannungen auszuhalten und Unterschiede zu tolerieren“, so Hartl. Renovabis habe es sich zum Ziel gesetzt, diese Fähigkeiten zu stärken – und fördert deshalb Projekte, die dazu beitragen, Verständnis füreinander zu entwickeln.
Eröffnet wird die Renovabis-Pfingstaktion 2020 am 17. Mai in Heidelberg durch Erzbischof Heiner Koch in Anwesenheit des Oberhaupts der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche, Erzbischof Swjatoslaw Schewtschuk. Den Abschluss bildet am 31. Mai ein festlicher Gottesdienst im Freiburger Münster. (pm)
Renovabis wird während der Aktionszeit mit seinen Projektpartnern aus Osteuropa bei Veranstaltungen in Schulen, Pfarreien und Gemeinden unterwegs sein. Auf der Homepage des Hilfswerks können ab Anfang April sämtliche Materialien zur Pfingstaktion heruntergeladen und bestellt werden.