Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: Mai-Juni 2021

Schwerpunkt

Bildung ist mehr als Schule

Foto: Deagreez / Adobe stock

Mit dem aktuellen gesellschaftlichen Bild von Kindern und Jugendlichen werden wir den jungen Menschen nicht gerecht. Denn wenn wir derzeit über Kinder und Jugendliche reden, dann reden wir meistens von ihnen als Schülerinnen und Schüler. Es geht um verpassten Lernstoff, um Teststrategien und Hygienekonzepte für Klassenzimmer und um Schulabschlüsse.

Auch die Maßnahmen im Frühjahr nach dem Kinder- und Jugendgipfel der Bayerischen Staatsregierung betrafen vor allem die Schulen: Schnelltests, Tutorenprogramme, Nachhilfe. Dass junge Menschen in der Pandemie oft nur als Schülerinnen und Schüler, Studierende oder Auszubildende gesehen werden, zu diesem Ergebnis kommt auch die JuCo-Studie aus dem Jahr 2020, die die Erlebnisse und Erfahrungen der Kinder und Jugendlichen während der Pandemie untersucht hat. Dieser Blick greift zur kurz!

Junge Menschen stehen in ihrem Lebensabschnitt vor Herausforderungen, für die sie mehr brauchen als Stundenpläne, Schulfächer und Präsenzunterricht. In der Lebensphase „Jugend“ müssen junge Menschen lernen, sozial und beruflich handlungsfähig zu werden. Sie werden sozial, politisch und ökonomisch eigenständig. Und sie entwickeln eigene Haltungen, lernen, eine eigene Meinung zu vertreten und eigene Wege zu gehen. Um diese Herausforderungen meistern zu können, brauchen sie soziale Räume, die ihnen diese Erfahrungen ermöglichen. Einen solchen Raum bietet die Jugendarbeit als Ort außerschulischer Bildung. Diese Räume brauchen junge Menschen auch in der Pandemie. Und deshalb muss gerade jetzt die Bedeutung der außerschulischen Bildung anerkannt und sie muss in der Pandemie ermöglicht werden.

Die Stimme der jungen Leute hören

Dazu braucht Jugendarbeit drei Dinge: Raum, Rahmenbedingungen und Perspektive. Raum, weil katholische Jugendarbeit oftmals ehrenamtlich getragen und in Gemeinderäumlichkeiten durchgeführt wird. Für diese Räume braucht es Hygiene- und Schutzkonzepte, die sofort anwendbar und niedrigschwellig von Ehrenamtlichen umgesetzt werden können. Rahmenbedingungen, weil es gerade in einer gesundheitlichen Krise, die in manchen Bereichen zu einer Demokratiekrise zu werden droht, wichtiger wird, Werkstätten der Demokratie offen zu lassen. Dass Jugendverbände solche Werkstätten sind, hat zuletzt der 16. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung aus dem vergangenen Jahr dargelegt. Jugendarbeit muss deshalb endlich in den Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz einen Platz finden, und die Öffnung der Jugendarbeit muss mit der Öffnung der Schulen synchronisiert werden. Und Perspektive, weil Jugendarbeit auch nach der Krise möglich sein muss. Deshalb muss sie nachhaltig finanziell und personell abgesichert werden. Die Interessen von Kindern und Jugendlichen müssen bei (kirchen-)politischen Entscheidungen gehört werden. Und es braucht jetzt Programme, um die oft ehrenamtlich getragene Jugendarbeit gut begleitet wiederhochfahren zu können.

Die Kinder und Jugendlichen sind seit mehr als einem Jahr solidarisch. Nun braucht es Solidarität und Rückenwind sowie gesamtgesellschaftliche Anstrengungen, um gemeinsam mit jungen Menschen Entscheidungen zu treffen, damit sie zuversichtlich in die Zukunft blicken können.


Titelfoto: Junge Menschen sind in besonderer Weise von der Pandemie betroffen. Sie brauchen Räume, um sich begegnen zu können, und Perspektiven für die Zukunft.


Verfasst von:

Florian Hörlein

Mitglied im erweiterten Landesvorstands des BDKJ Bayern