Ausgabe: Mai-Juni 2021
SchwerpunktEin Glaube, der nicht trunken macht
Würzburger Hochschulpfarrer bietet tiefgründigen Nachdenk-Kurs seit 2020 online an
Verstand ist kein Hinderungsgrund für Glauben. Im Gegenteil, sagt Burkhard Hose, Studentenpfarrer der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) in Würzburg. Ohne Verstand, ist er sicher, bleibt Glaube etwas Schwärmerisches. Was das Evangelium will, könne nur eingelöst werden von Menschen, die ihren Verstand einschalten. Dennoch bleibt ein Spannungsverhältnis. Eben darum geht es in dem Kurs „Glauben mit Verstand“, den Hose Studierenden anbietet – und zwar derzeit online.
Normalerweise diskutieren bis zu 15 Studierende live in der Gruppe über so bewegende Fragen wie die, was eigentlich „Wahrheit“ ist. Und wie sich „Glaubenswahrheiten“ von „Vernunftwahrheiten“ unterscheiden. „Wir trafen uns bisher immer bei mir im Büro der KHG“, erzählt Hose. Kamen wirklich 15 Studierende, wurde es kuschelig eng. Was in Corona-Zeiten natürlich nicht geht. Seit einem Jahr findet der Kurs als Zoom-Konferenz statt: „Und das funktioniert tatsächlich.“ Bis zu acht junge Leute lassen sich darauf ein. Das Erstaunliche sei, dass vereinzelt Studenten kommen, die niemals den Live-Kurs besucht hätten.
Diese „Studis“ haben es irgendwann aufgegeben, noch etwas von der Kirche zu erwarten. Über die Schwelle eines kirchlichen Gebäudes zu treten, fällt ihnen schwer. Glaubensfragen treiben sie jedoch nach wie vor um, Glaubensthemen finden sie spannend. Schließlich bedeutet „Glaube“ ja nicht unbedingt „Christlicher Glaube“. An was glauben wir nicht alles! Etwa an Gerechtigkeit. Daran, dass das Gute siegt. Daran, dass es Sinn macht, alles zu versuchen, um ein guter Mensch zu werden. Auch solche Glaubensvorstellungen geraten manchmal mit dem Verstand in Konflikt. Der Verstand sieht zum Beispiel die Welt, wie sie war und ist, und denkt sich: „Bringt alles nichts!“
Virtuelle Treffen
Burkhard Hose liegt es fern, zu missionieren. Er freut sich über jeden, der mitdenkt und mitdiskutiert. „Die meisten, die an meinem Kurs mitmachen, kenne ich“, sagt er. Dadurch gelang der Switch hin zum virtuellen Format recht einfach. Schwierig findet es der Theologe, Neulinge angemessen einzubeziehen, wenn man nur das Computerbild sieht und nur die virtuell transportierte Stimme hört. Also ohne die Ausstrahlung der Person sinnlich wahrnehmen zu können: „Das fühlt sich schon ein bisschen unwirklich an.“ Auch wenn es einige Vorteile hat, sich online zu treffen, würde sich der Studentenpfarrer sehr wünschen, sich wieder ganz normal analog miteinander austauschen zu können.
Burkhard Hose hofft, dass es im Mai oder Juni wieder möglich sein wird, sich zu treffen – zumindest draußen, im Freien. Doch auch, wenn das noch nicht gehen sollte, wird der Kurs weiter stattfinden. Das Bedürfnis, sich auszutauschen, ist groß. So groß ist es, dass Burkhard Hose am Ende des Wintersemesters gebeten wurde, seinen Glaubenskurs diesmal auch in den Semesterferien fortzusetzen. So trafen sich die Studierenden auch im März und April im Zwei-Wochen-Rhythmus in wechselnder Zusammensetzung, um in einer nicht-theologischen Sprache über die Vereinbarkeit von Glauben und Verstand zu diskutieren.
Wer den Verstand nicht einschaltet, macht es sich zu einfach, erkennen die Studentinnen und Studenten in dem Kurs. Wobei dies laut Hose keine neue Erkenntnis ist: „Paulus spricht sich schon in den Korinther-Briefen gegen zu schwärmerisch oder allzu euphorisch Glaubende aus.“ Er fragt, was Außenstehende wohl denken würden, wenn sie diese Gläubigen sehen. Und gibt sinngemäß zur Antwort: „Die Leute müssen euch für betrunken halten.“
Titelfoto: Burkhard Hose bietet einen Kurs zu Glaubensfragen für Studierende aller nicht-theologische Fachrichtungen an.