Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: Juli-August 2021

Schwerpunkt

Seit Jahren in Verruf

Foto: Pat Christ

Erste positive Resultate beim Nestlé-Boykott

Massive Ausbeutung von Menschen und Umwelt, das ist die Nachtseite unseres massenhaften, billigen Konsums. Zu jenen Konzernen, die hier eine besonders unrühmliche Rolle spielen, gehört in den Augen vieler katholischer Verbände Nestlé. Der weltgrößte Nahrungsmittelkonzern, sagen sie, pumpt Quellen leer, lässt Kinder arbeiten und wirbt auf fragwürdige Weise für Produkte wie Milchpulver, die von den Ärmsten der Armen gekauft werden. Weil die glauben, ihren Kindern damit Gutes zu tun. 

Die Verbände wollen moralischen Druck ausüben und sie mahnen Veränderungen an. Dies geschieht durch den sogenannten „Nestlé-Boykott“. So stellte der KjG-Diözesanverband Würzburg auf seiner Herbstdiözesankonferenz 2019 den Antrag, Nestlé zu boykottieren. Das, berichtet der Geistliche Leiter Andreas Kees, habe für intensive Diskussionen gesorgt. „Was auch daran lag, dass viele Konferenzteilnehmer nicht wussten, warum der Nestlé-Konzern in der Kritik steht“, erläutert der Theologe. Einigen Delegierten sei auch nicht bekannt gewesen, welche und wie viele Produkte zu Nestlé gehören.

Der Onlineauftritt des Bistums Eichstätt informiert, dass sich der dortige Diözesanverband des BDKJ vor einem knappen Jahr ebenfalls dem Nestlé-Boykott angeschlossen hat. Der Eichstätter Diözesanrat zog nach. In seiner Vollversammlung im September 2020 beschloss er, Nestlé-Produkte zu boykottieren, und legte dies auch allen Mitgliedsverbänden nahe. Verbunden ist der Boykott mit Forderungen an den Konzern. Der soll vor allem den freien Zugang zu sauberem Trinkwasser als Menschenrecht anerkennen.

Greenwashing vs. grünes Engagement

Nestlé selbst versucht unermüdlich, den Beweis für seine soziale Ader zu liefern und die Kritik als unberechtigt hinzustellen: „In allen Geschäftsbereichen, in denen wir aktiv sind, haben Menschenrechtsverletzungen keinen Platz.“ Organisationen wie Greenpeace sehen auch tatsächlich punktuell Verbesserungen, wobei viele Behauptungen weiterhin als „Greenwashing“ eingestuft werden. So würde das Versprechen, kein Palmöl aus Regenwaldzerstörung mehr zu verwenden, nicht eingehalten.

In Australien lancierte Nestlé nach eigener Aussage ein Pilotprojekt zum Sammeln, Sortieren und Verarbeiten von Weichplastik, weil sich der Konzern für eine „abfallfreie Zukunft“ einsetze. Für die mehr als 290.000 Mitarbeitenden soll ein Weiterbildungsprogramm zum Thema „Nachhaltige Verpackungen“ gestartet worden sein. Auch wenn nicht ganz klar ist, welches Gewicht solchen Initiativen beigemessen werden kann, zeigt dies doch, dass Konsumenten Einfluss haben. Schließlich sei Nestlé darauf angewiesen, dass seine Produkte gekauft werden, sagt Kees: „Und der Konzern nicht weiter in Verruf gerät.“

Dass Nestlé gerade bei der KjG so massiv ins Kreuzfeuer der Kritik geriet, liegt laut Andreas Kees nicht zuletzt am Verbandspatron, Thomas Morus. „Nie hätte ich daran gedacht, einer Sache zuzustimmen, die gegen mein Gewissen wäre!“, hatte der gesagt. Produkte von Nestlé zu kaufen, gehört für Andreas Kees zu jenen Dingen im Bereich „Konsum“, die er nicht mit seinem Gewissen vereinbaren kann. 


Titelfoto: Andreas Kees, Geistlicher Leiter der KjG in der Diözese Würzburg, unterstützt den Nestlé-Boykott.


Verfasst von:

Pat Christ

Freie Autorin