Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: Juli-August 2021

Schwerpunkt

"So trocken war es noch nie"

Foto: Pat Christ

Der zunehmende Wassermangel treibt Landwirte derzeit sehr stark um

Das Klima wandelt sich und angesichts dieser Tatsache muss endlich gehandelt werden – das fordern Klimaaktivisten mit immer größerer Vehemenz. Klaus Karg kann die Forderungen nur unterstreichen. Sieht doch der Landwirt aus Kronungen seit mehr als 50 Jahren, wie sich das Klima ändert. „Es gab auch früher trockene Jahre“, so der 73-Jährige. Doch nun sei es schon drei Jahre hintereinander trocken gewesen.

 

Es muss dringend etwas geschehen, bevor der Zug abgefahren ist, findet auch sein Sohn Benedikt, der den väterlichen Biohof im Kreis Schweinfurt 2013 übernommen hat. Auf die Politik zu warten, mache keinen Sinn, so der Landwirt, der seit Jahren Mitglied der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB) ist. Um die Bodenstruktur zu verbessern, die Wasserhaltekapazität seiner Böden zu erhöhen und mehr CO2 zu binden, startet Benedikt Karg heuer erste Experimente mit Pflanzenkohle. Die wird zuerst in den Wirtschaftsdünger, also in den Hühner- und Pferdemist, eingearbeitet und soll danach auf die Felder aufgebracht werden.

Viel Wasser braucht es vor allem dann, wenn Sonderkulturen wie Spitzkohl, Brokkoli oder Endiviensalat angebaut werden. Auch Kartoffeln werden oft bewässert. Benedikt Karg produziert auf einem knappen Hektar ebenfalls Kartoffeln, allerdings schafft er es, auf Bewässerung zu verzichten. Seine Kartoffeln werden mit einer fünf bis sechs Zentimeter hohen Strohschicht bedeckt. Die hält Sonnenlicht ab. Verhindert Unkraut. Reduziert den Hack- und Brachaufwand. Und hält den Kartoffelkäfer fern. Doch es gibt auch eine Kehrseite – sonst würden dies ja alle Bauern so machen: „Mein Ertrag ist geringer, weil ich nicht bewässere, doch das nehme ich in Kauf.“

Öfter wird Karg darauf angesprochen, dass es doch heuer im Winterhalbjahr recht viel geregnet hat. Warum ist es denn immer noch so knapp mit dem Wasser? Regen im Winter, erklärt der 31-Jährige, nützt nicht allzu viel: „Wir brauchen Schnee.“ Der schützt nicht nur den Boden vor Frost. Schnee sickert auch schön langsam in den Boden ein. Regenwasser kann der Boden gar nicht so schnell aufnehmen. Es fließt oberflächlich ab. „In diesem Jahr hielt die Schneedecke eine einzige Woche lang“, sagt der Biobauer. Das sei früher anders gewesen: „Als ich ein Kind war, also vor 20 Jahren, war Schnee bei uns im Winter ganz normal.“

Eine 70-Stunden-Woche

Auf Papas Dinkelacker lernt der kleine Paul, wie wichtig humusreicher Boden ist. Foto: Pat Christ

Benedikt Karg setzt sich nicht nur als Landwirt, sondern auch als überzeugter Christ für die Bewahrung der Schöpfung durch eine nachhaltige und umweltgerechte Nutzung von Wasser, Natur und Boden ein. Lange engagierte er sich aktiv in der KLJB: „Ich war Ortsvorstand und Gruppenleiter.“ Vorbild war ihm auch darin sein Vater Klaus Karg, der bis heute Mitglied in der Katholischen Landvolkbewegung (KLB) ist. Das konkrete Engagement im Verband musste Benedikt Karg allerdings zurückschrauben, denn die Arbeit auf dem Hof und im Hofladen fordern ihn: „Ich arbeite 70 Stunden in der Woche.“ Den Rest der Zeit widmet er seinem Sohn, dem kleinen Paul, und seiner Frau.

Unermüdlich arbeitet Karg daran, dass sich die Lage in puncto Wasser nicht verschlimmert. „Sie ist jetzt schon sehr bedrohlich“, sagt er. Benedikt Karg ist mit Kollegen und Fachleuten im Austausch, um zum Beispiel neue Früchte zu finden, denen Trockenheit weniger ausmacht. Geschieht nichts, sagt er, wird er seine etwa 50 Hektar Bodenfläche in 20 Jahren – und dann ist er gerade einmal 51 – nicht mehr bewirtschaften können. Vor diesem Hintergrund will Karg Versuche mit Hafer, Lupinen und Hirse starten.

Weil ein feuchter Sommer längst nicht mehr ausreichen wird, um das Ruder herumzureißen, beschäftigt man sich auch im Schweinfurter Landwirtschaftsamt intensiv mit der zunehmenden Trockenheit und den sinkenden Grundwasserständen. „Einer unserer Beratungsschwerunkte ist der Wasserschutz“, sagt Behördenmitarbeiter Joachim Dömling. Der Pflanzenbauberater propagiert die Idee einer pfluglosen Bodenbearbeitung, um die Wasserversickerung zu fördern. Besser als der Pflug sei der Einsatz einer Kurzscheibenegge. Um den Boden vor Erosion zu schützen, sollten Ernterückstände auf den Feldern liegenbleiben: „Jeder Strohhalm ist ein kleiner Staudamm.“

Kosten laufen davon

Mancher Landwirt kommt mit dem, was er verdient, kaum durch und das ist nicht zuletzt in puncto Wasserschutz ein Problem, sagt Dömling. Denn es kostet etwas, will man den Acker so bestellen, dass Wasser im Boden versickert und nicht von der Fläche abfließt. „Doch die Landwirte haben in den letzten Jahren finanziell nicht gut abgeschnitten, ihnen laufen die Kosten davon“, betont der Berater. Dennoch engagierten sich viele Betriebe, mit denen er Kontakt hat, für Wasserschutz. Denn sie wollen nicht, dass das Grundwasser noch weiter sinkt. Und die Gewässer noch stärker belastet werden.

Großvater Klaus Karg erinnert sich an sehr trockene Jahre. Aber niemals, erzählt er Sohn und Enkel, war es früher jahrelang so trocken wie momentan. Foto: Pat Christ

Die Gewässersituation ist in ganz Deutschland ziemlich unbefriedigend, geht aus einer soeben erschienenen Veröffentlichung des Umweltbundesamts (UBA) hervor. Nur sieben Prozent aller Flüsse sind demnach in einem guten ökologischen Zustand. „Das Ziel der Wasserrahmenrichtlinie wird weit verfehlt“, heißt es in der Publikation mit dem Titel „Umweltzustand 2020“. Weil vermehrt trockene Sommer drohen, werde sich der Konkurrenzkampf ums Wasser verschärfen. Das Umweltbundesamt verweist in diesem Zusammenhang auf den „Dürremonitor Deutschland“ des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung (UFZ), der tagesaktuell zeigt, wie trocken die Böden sind.

Bevor einschneidende Maßnahmen notwendig werden, sollte jeder Landwirt und jede Landwirtin etwas von sich aus tun, appelliert Dömling. Er selbst setzt sich intensiv für den Schutz vor Phosphateinträgen in die Gewässer ein. Phosphat, erklärt er, bindet sich an Bodenteilchen. Schaffen es Landwirte nicht, das Wasser auf der Fläche zu halten, wird mit dem abgeschwemmten Boden Phosphat in die Gewässer eingeleitet. Als Konsequenz kommt es zur Eutrophierung, also einer unerwünschten Zunahme an Nährstoffen und damit verbunden ein nutzloses oder gar schädliches Pflanzenwachstum.

Schäden sind enorm

Die KLB, die heuer vor genau 70 Jahren in Würzburg aus der Taufe gehoben wurde, befasst sich seit mehreren Jahren ebenfalls intensiv mit der Rolle der Landwirtschaft im Klimawandel. Laut Landesgeschäftsführer Martin Wagner sind die Schäden durch den Klimawandel, vor allem mit Blick auf die Trockenheit, im Wald „enorm“. „Als KLB nehmen wir aber auch wahr, dass die Landwirte durch den Klimawandel zusätzlich zur immer schon schwierigen Lage, sich auf einem zunehmend globaleren Markt behaupten zu müssen, stark unter Druck geraten“, so Wagner. Zum einen wirtschaftlich. Aber auch stimmungsmäßig, da sie sich zu Unrecht als Verursacher angeprangert fühlen.

Hier hilft die KLB auf der Suche nach Lösungen. „Wir versuchen, Landwirtinnen und Landwirte sowie Verbraucherinnen und Verbraucher auf vielfältige Weise und auf allen Ebenen ins Gespräch zu bringen“, berichtet Wagner. Denn nur gemeinsam könnten die immensen Herausforderungen gemeistert werden.


Verfasst von:

Pat Christ

Freie Autorin