Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: September-Oktober 2021

Aus dem Landeskomitee

Mutig sein für die Kirche der Zukunft

Pfarrgemeinderatswahlen 2022

Am 20. März 2022 ist es wieder soweit – dann wählt Bayern seine neuen Pfarrgemeinderäte. Farbig, frisch und auch ein bisschen frech startet die Kampagne dazu dieses Mal unter dem Leitwort „Christ sein. Weit denken. Mutig handeln.“

Wenn wir weit zurückblicken, waren die Umstände, Christinnen und Christen für ein Engagement in einer Pfarrgemeinde zu begeistern, noch nie so widrig wie derzeit. In den gesellschaftlichen und kirchlichen Krisen kann daher den engagierten und organisierten Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen, die in die Pfarrgemeinden vor Ort Hoffnung, Zuversicht und Leben bringen, nicht genug Anerkennung, Respekt und Dank gezeigt werden. Sie entdecken in ihrer Arbeit neue kreative Räume, handeln selbstständig und verbinden, wo so viele Verbindungen gelitten haben. Es gehört Mut dazu, sich als Christinnen und Christen zu zeigen – in der Verkündigung, der Liturgie und der Diakonie.

Im Pfarrgemeinderat laufen die Fäden dieses Auftrags Jesu an das Volk Gottes durch die Zeiten zusammen. In allen Fragen, die die Pfarrgemeinde betreffen, wirkt der Pfarrgemeinderat beratend, koordinierend und beschließend mit. Er hat die Aufgabe, dort hinzusehen, wo gerade die Not in den Gemeinden am größten ist, und die Menschen in ihren Wünschen, Enttäuschungen, Hoffnungen und ihren Entwicklungsmöglichkeiten zu begleiten. Dazu braucht es Christinnen und Christen, die gemäß dem Motto der Pfarrgemeinderatswahlen 2022 bereit sind, weit zu denken und mutig zu handeln.

Die beiden vergangenen Jahre waren geprägt von Abstandsregeln, Hygieneschutzmaßnahmen und Videokonferenzen. Die besondere Stärke der Kirche, auf Menschen zuzugehen, ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, ihnen in Notlagen zu helfen sowie in Gemeinschaft zu beten, zu singen und zu feiern, ist auf eine harte Probe gestellt worden.

Umso wichtiger wird es in den kommenden Jahren sein, die persönlichen Kontakte wieder aufleben zu lassen, zu intensivieren und darauf zu achten, künftig noch besser auch in schweren Zeiten Präsenz und Hilfsbereitschaft zu zeigen. Pfarrgemeinderäte haben zahlreiche Möglichkeiten, so Kirche lebendig werden zu lassen.

Kandidieren. Jetzt!

Damit diese „Wiederbelebung“ gelingt, braucht es mutige, kreative und engagierte Menschen, die sich am 20. März 2022 zur Wahl stellen. Pfarrgemeinderäte dürfen und können mehr, als viele vielleicht denken. Auf dem Papier ein Beratungsgremium, ist der Pfarrgemeinderat de facto jene Gruppe von Menschen, die das Leben einer Pfarrei entscheidend gestaltet und prägt. Ohne den Pfarrgemeinderat und seine engagierten Mitglieder geht nichts – keine festlichen Gottesdienste, keine Erstkommunionvorbereitung und schon gar kein Pfarrfest. Pfarrgemeinderäte tun aber weit mehr, als Feste feiern. Sie kümmern sich um sozial Schwache, Alte, Kranke und Migranten, helfen Neuzugezogenen erste Kontakte in der neuen Pfarrgemeinde zu knüpfen und engagieren sich politisch und gesellschaftlich in vielen unterschiedlichen Bereichen, vom Umweltbereich über die Eine Welt-Arbeit bis hin zu lokalpolitischen Themen.

Es gibt keinen Pauschalplan, der in jeder Pfarrei funktionieren wird. Je nach Größe, Altersstruktur und Möglichkeiten vor Ort sind Pfarrgemeinden so unterschiedlich, wie die Menschen, die darin leben. Angebote und Lösungen müssen daher immer vor Ort und angepasst auf die jeweilige Situation entstehen.

Als Mitglied im Pfarrgemeinderat haben Sie es in der Hand! Wie soll die Pfarrei ausgerichtet sein? Wo sollen Schwerpunkte gesetzt werden? Wie lernt man die Neuzugezogenen kennen und wie schafft man es, den Kontakt zu den Seniorinnen und Senioren in der Pfarrei nicht zu verlieren, auch dann wenn sie vielleicht nicht mehr jeden Sonntag in die Kirche kommen können? Wie können junge Menschen eingebunden werden und wie können sie ihre Ideen einbringen? Stehen soziale und caritative Themen im Zentrum oder bringen sich die Mitglieder des Pfarrgemeinderates lieber politisch in der Kommune ein? Wie steht es mit innerkirchlichen Entwicklungen? Werden diese beobachtet und diskutiert?

Zeit, Ressourcen und die eigene Kraft sind begrenzt. Es wird daher vielleicht nicht möglich sein, alle Personengruppen gleichzeitig und gleich stark zu berücksichtigen und man wird in den vier Jahren, die eine Wahlperiode dauert, auch nicht alle anliegenden Themen abschließend behandeln können. Genau deswegen ist es wichtig, sich im Pfarrgemeinderat gemeinsam – am besten mit anderen Akteuren aus der Gemeinde – Gedanken zu machen, wo Schwerpunkte gesetzt und Angebote gemacht werden sollen.

Christ sein

Woran erkennt man Christen? Ein bestimmtes Merkmal? Ein Markenzeichen? Nein. Zeigen wir uns als Christinnen und Christen besser in etwas Anderem: wie wir handeln und wie wir miteinander umgehen. Christ sein, in der modernen Gesellschaft, sich offen als Christ zu erkennen geben, fällt vielen immer schwerer. Der eigene Glaube, das ist etwas, worüber man nicht gerne spricht. Zu persönlich. Zu intim. Zu individuell. Zu peinlich? Gerade wir als Christinnen und Christen brauchen nicht den Kopf einzuziehen. Mutig und bestimmt könnten wir die Botschaft des Evangeliums in die Welt tragen, so wie es Jesus seinen Jüngern aufgetragen hat. Dieser Auftrag gilt bis heute – weil auch die moderne Gesellschaft Menschen braucht, die geleitet von ihrem Glauben für andere einstehen.

Weit denken

Wir sind Weltkirche – das gilt im Großen wie im Kleinen. Der christliche Horizont endet nicht an den Grenzen der eigenen Pfarrei, nicht an denen des Heimatbistums. Unsere Aufgabe ist es, Kirche vor Ort zu gestalten und weiterzuentwickeln. Vergessen wir dabei aber nicht, was es darüber hinaus noch gibt. Weit denken, das meint auch: denken wir nicht nur an das nächste Jahr, an die aktuelle Wahlperiode vielleicht. Richten wir den Blick nach vorne, denken wir weiter, in großen Dimensionen, und entwickeln wir gemeinsam Visionen für die Kirche der Zukunft. Weil es auf uns ankommt.

Mutig handeln

Als engagierte Christinnen und Christen sind wir nicht nur Handlanger. Wir haben etwas zu sagen und wollen unsere Kirche mitgestalten und zukunftssicher ausrichten. Selbstbewusst und couragiert. Wir hören zu und wollen gehört werden. Ohne Wertschätzung geht es nicht. Mutig handeln, bedeutet aber auch: Loslassen. Bringen wir den Mut auf und trennen uns vom Ballast der vergangenen Jahrzehnte. Lassen wir das los, was längst nicht mehr trägt, was sich überholt hat – und schaffen wir uns damit Freiräume für Neues.


Verfasst von:

Alexandra Hofstätter

Geschäftsführerin des Landeskomitee der Katholiken in Bayern.