Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: November-Dezember 2021

Katholisch in Bayern und der Welt

Kohle soll keine "Kohle" kriegen

Foto: Pat Christ

Wer sehr viel Geld hat, kann sich ein Luxusleben leisten, ohne einen Finger krummmachen zu müssen. Und zwar, indem er sein Geld „arbeiten lässt“: Reiche vermehren das, was sie haben, durch Zins und Zinseszins, Dividenden, Renditen, Miet- und Pachteinnahmen. Der leistungslose Geldsegen wird sehr oft auf eine wenig ethische Weise generiert. Viele katholische Verbände wollen dieses „Spiel“ nicht mitspielen. Sie streben danach, mit ihrem Kapital Gutes zu tun.

Dass ethische Geldanlagen aktuell hoch im Kurs stehen, zeigt ein Blick auf die Europäische Zentralbank (EZB): Die kündigte unlängst an, dass sie einige ihrer Mittel in einen neuen Fonds für grüne Euro-Anleihen anlegen wolle. Doch nicht nur die „ganz Großen“ nehmen sich des Themas „Ethische Geldanlagen“ an. Auch der Diözesanausschuss des BDKJ in Würzburg beschloss vor einem Jahr, sein Geld so anzulegen, dass damit Gutes bewirkt werden kann. „Der Anstoß kam 2019 von einem Studenten aus der Schönstatt-Mannesjugend“, berichtet BDKJ-Diözesanreferentin Christina Lömmer. Dem war es wichtig, dass mit den Geldern des Dachverbands keine „schmutzige“ Energie gefördert wird. Etwa Kohle.

Bei normalen Sparkonten ist die Ausbeute inzwischen viel zu mager für Menschen, die Geld zu Geld machen wollen. Sie investieren in Fonds, die Prozente in zweistelliger Höhe versprechen. Dem BDKJ sind hohe Renditen nicht wichtig. „Wir möchten vor allem, dass wir mit unserem Geld keine Rüstung und keine fossilen Energien unterstützen“, sagt Lömmer. Bereits 2019 wurde eine AG mit vier Ehrenamtlichen gegründet, die sich des Themas „Ethisch-nachhaltige Anlagerichtlinien“ annahm: „Dabei ging es zunächst darum, zu schauen, wo unser Geld eigentlich liegt.“ Das tut es bei zwei Kredithäusern: Der Liga-Bank sowie der Bank im Bistum Essen.

Als Diözesanreferentin ist es Christina Lömmers Job, die AG inhaltlich zu begleiten und Gespräche, die sich aus der AG-Arbeit ergeben, zu führen: „Ich sprach zum Beispiel mit dem stellvertretenden Finanzdirektor unserer Diözese.“ Zusammen recherchierte die AG, in welchen Bistümern es bereits ethische Anlagerichtlinien gibt. In Würzburg ist das der Fall, fand das Quintett heraus. Allerdings geht das Bistum damit derzeit noch nicht hausieren: Die Richtlinien sind nicht öffentlich einsehbar. Das ist in Eichstätt anders. Dort werden die aktuellen Anlagerichtlinien zum Download angeboten. Der Eichstätter Nachhaltigkeitsansatz umfasst umweltbezogene, aber auch soziale Kriterien.

Auch soziale Kriterien

In Firmen, in denen Menschen zum Niedriglohn schuften müssen, will auch der Würzburger BDKJ nicht investieren: Seinen 2020 beschlossenen Anlagerichtlinien zufolge ist das Soziale neben Ökologie ebenfalls ein wichtiges Kriterium. Recherchen ergaben, dass die Liga-Bank ihre Gelder unter ethisch-nachhaltigen Gesichtspunkten anlegt. Die Kriterien sind zwar nicht ganz so streng, wie sich der Würzburger BDKJ das wünschen würde. Doch aktuell, so Christina Lömmer, könne der Verband gut mit der Liga-Bank leben. Ein Bankwechsel wäre zugegeben aber auch schwierig, denn dies würde das Bistum Würzburg als Rechtsträger des BDKJ sicher nicht gern sehen.

Wenn Geld schon „arbeitet“, soll es dies für katholische Verbände auf gute Weise tun. Foto: Pat Christ

Menschen, die im Internet nach dem Stichwort „Ethische Geldanlage“ suchen, werden schier erschlagen: Das weltweite Netz spuckt derzeit fast 300.000 Treffer aus. Doch obwohl oder gerade weil es so viele Infos gibt, ist der Durchblick schwer. Der BDKJ Würzburg ist deshalb momentan dabei, eine Arbeitshilfe für seine Mitgliedsverbände sowie für die Ortsgruppen auszuarbeiten. Auch die sollen sich damit auseinandersetzen, wo ihr Geld liegt. Und wie es „arbeitet“. Für lokale Gruppen, die meist an die Kirchenverwaltung angedockt sind, wäre es laut Christina Lömmer auch leichter möglich als für einen großen Verband, die Bank zu wechseln, sollte dies notwendig und sinnvoll erscheinen.

Geld unter Berücksichtigung von Kriterien der Ökologie und der Nachhaltigkeit anzulegen, ist heute nicht mehr besonders schwierig, sagt der Würzburger Moraltheologe Michael Rosenberger, der an der Katholischen Privatuniversität Linz lehrt. Die Zahl guter Anlagemöglichkeiten habe sich in den letzten drei bis vier Jahren enorm vermehrt: „Auch kleine Bankinstitute wissen mittlerweile darum.“ Nicht immer ganz einfach sei es, die Spreu vom Weizen zu trennen, so der Experte, der Mitglied in den Ethikbeiräten zweier großer Fonds-Familien ist: „Also die wirklich grünen Anlagen von den grüngewaschenen zu unterscheiden.“ Hier werde bald eine EU-Richtlinie Standards setzen.

Keine utopische Forderung

Wer hypergenau sein will, bekommt Probleme. Denn dann gilt es, sehr viel abzuwägen. Wie gut sind zum Beispiel Windkraftanlagen? Auf den ersten Blick sind sie natürlich gut. Manche Anlagen können das Landschaftsbild beeinträchtigen. Oder selten gewordene Vögel stören. Das sind Zwickmühlen, auf die man bei langen Recherchen stoßen kann. Der Würzburger BDKJ entschloss sich, wie Christina Lömmer sagt, „nichts Utopisches zu fordern“. Allerdings sollen die aktuell geltenden Richtlinien des Verbands regelmäßig daraufhin überprüft werden, ob sie den ethischen Ansprüchen des BDKJ nach wie vor genügen. Sollte das irgendwann nicht mehr der Fall sein, werden sie angepasst.

Weil Greenwashing eine potentielle Gefahr darstellt, macht es laut Michael Rosenberger Sinn, sich an Siegeln zu orientieren. „Das Siegel des ‚Forums Nachhaltige Geldanlagen‘ garantiert zum Beispiel schon heute hohe Qualität“, sagt der Moraltheologe: „Wer will, kann also die richtige Auswahl treffen.“ Übrigens: Laut dem „Forum Nachhaltige Geldanlagen“ betrug die Gesamtsumme ethischer Geldanlagen in Deutschland Ende 2020 etwa 335,3 Milliarden Euro. Zu der Summe zählen nachhaltige Fonds und Mandate sowie nachhaltig verwaltete Kunden- und Eigenanlagen. Dennoch haben nachhaltige Fonds aktuell in Deutschland einen Marktanteil von nur etwa 6,5 Prozent.

Demnach gelang es bisher nicht, einen Großteil der Investorinnen und Investoren von „Grünen Anlagen“ zu überzeugen. „Ich vermute, dass noch immer viele institutionelle wie private Anleger dem alten Spruch folgen, dass Geld nicht stinkt“, sagt Michael Rosenberger. In Deutschland gebe es bisher auch nur einige wenige Bistümer mit Ansätzen zur ethischen Veranlagung: „Während die Österreichische Bischofskonferenz eine verbindliche Richtlinie für alle hat.“ Eine gewisse Parallele besteht laut dem Theologen im öffentlich-staatlichen Bereich: „Österreichische Kommunen, Bundesländer und Körperschaften sind deutlich weiter in der ethischen Veranlagung als deutsche.“

Es bleibt das Problem der „Qual der Wahl“, wem man nun wirklich sein Geld anvertrauen soll. „Die Entscheidung über das richtige Konto und die Geldanlage bleibt für katholische Verbände immer eine Herausforderung“, sagt Heiko Tammena, Referent für politische Arbeit bei der Landesstelle der Katholischen Landjugend Bayern. Er verweist, um das Spannungsfeld aufzuzeigen, auf die GLS-Bank als die einzige nachhaltige Bank, die in Bayern eine Filiale hat: „Die kommt für viele, auch für mich, allerdings nicht infrage.“ Lägen doch die Wurzeln des Kreditinstituts in der Anthroposophie: „Mit dem rassistischen Kern Rudolf Steiners.“


Titelbild: Christina Lömmer beschäftigt sich beim BDKJ in Würzburg mit Möglichkeiten der ethischen Geldanlage.


Verfasst von:

Pat Christ

Freie Autorin