Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: November-Dezember 2021

Schwerpunkt

Schnitzeljagd zu den Religionen

Foto: Pat christ

Interreligiöses Projekt aus Würzburg besteht inzwischen seit 15 Jahren

Wohin geht eigentlich eine orthodoxe Russin aus Würzburg, die ihren Glauben in Gemeinschaft leben möchte? Wie viele Moscheen befinden sich in der Stadt? Und was versteht man unter „Sikhs“? Antworten auf diese Fragen gibt es seit genau 15 Jahren zweimal jährlich bei der „Interreligiösen Shuttle-Tour“ durch Würzburg. Pandemiebedingt wird sie heuer als digitale Schnitzeljagd durch die Stadt angeboten. Entwickelt wurde das virtuelle Spielprojekt mit dem Namen „WueDiversity“ von Studierenden der Uni Würzburg.

Die Begegnung mit anderen Religionen, so die Quintessenz aller bisherigen Erfahrungen, kann dazu beitragen, dass Vorurteile abgebaut werden, die, geschieht dies nicht, im schlimmsten Fall zu Fremdenhass führen. Das Interesse an der Tour war bisher riesig, sagt Sarah Morcos vom Würzburger Bündnis für Demokratie und Zivilcourage: „Für die letzte Tour vor Corona hatten wir fast 100 Anmeldungen.“ Das ist zu viel, um in Austausch zu treten: „Sinnvoll sind höchstens 60 Teilnehmende.“ Vorbereitet werden die Touren von Sarah Morcos, Stephan Schwab von der Kirchlichen Jugendarbeit der Diözese und Christian Herpich vom Evangelischen Dag-Hammarskjöld-Gymnasium.

Die wenigsten Schülerinnen und Schüler haben schon einmal eine Moschee von innen gesehen. Foto: Pat Christ

Für Jugendliche ist die Tour eine super Sache, denn sie erfahren eine Menge Neues über ihre Stadt. Dass die Pandemie dem Projekt einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte, fanden sie extrem schade. Lange überlegte das Team, welchen Ersatz man anbieten könnte. So wurde versucht, die Tour als Live-Stream anzubieten. Doch das Ergebnis war laut Morcos nicht befriedigend. Zu viel blieb auf der Strecke. Normalerweise können die Teenager an den einzelnen Stationen Dinge berühren. „Oder sie erleben, wie das ist, wenn man sich die Schuhe ausziehen muss, bevor man die Moschee betritt“, so die 33-jährige Politologin. Fehlt das, geht etwas Wesentliches verloren.

Die Tour wird digital

Meist sind die Schüler nach der Tour ziemlich platt und erlebnisgesättigt, dauert der Shuttle doch mindestens sieben Stunden, nämlich von 8 Uhr bis 15 Uhr. Im „realen Leben“ ist man danach auf angenehme Weise müde. Doch kein Jugendlicher will derart lange am Monitor sitzen. Weshalb der Live-Stream ad acta gelegt wurde. Nun führt „WueDiversity“ Schülerinnen und Schüler während der Pandemie auf eine virtuelle Reise durch fünf Gemeindeorte ihrer Stadt. Die Tour beginnt mit einem Klick auf eine Stadtkarte von Würzburg. Mithilfe kleiner Rätsel wird man danach zu den Orten der Gemeinden geleitet. Klick für Klick erschließen sich die Schülerinnen und Schüler die Orte selbst.

Für einen Teeny ist es immer besonders spannend, wenn er während der „echten“ Shuttle-Touren auf Gleichaltrige trifft, die einen anderen Glauben haben. Das Team bemüht sich um solche Begegnungen: „Wobei es nicht leicht ist, das zu organisieren, weil die jungen Menschen ja dann, wenn wir vor Ort sind, etwa in einer Moschee, selbst die Schule besuchen.“ Doch beim Live-Stream im Tempel der Sikh gelang es im vergangenen Jahr, einen jungen Erwachsenen einzubinden, der seinen Glauben vorgestellt hat. Was die einzelnen Religionsvertreter sagen, wird im Übrigen nicht groß diskutiert. Die Tour soll informieren und Einblicke geben. Und dezidiert kein interreligiöser Dialog sein.


Titelfoto: Viele Würzburger Schüler wissen nicht, wie "bunt" ihre Heimatstadt Würzburg in religiöser Hinsicht ist.


Verfasst von:

Pat Christ

Freie Autorin