Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: Januar-Februar 2022

Editorial

Schön … teuer!

Liebe Leserin, Lieber Leser,

für Generationen war es eine Selbstverständlichkeit, dass man sich Wohneigentum erarbeiten konnte. Die eigenen vier Wände – das war kein unerreichbares Ziel, kein ferner Traum. Das hat sich geändert. Gebaut wird trotzdem, und zwar kräftig. So kräftig, dass vor einiger Zeit erstmals laut und deutlich darüber diskutiert worden ist, ob das Einfamilienhaus wirklich die Wohnform der Zukunft sein kann und soll. Den Grünen, die diese Diskussion mit angestoßen haben, hat das viel Häme und Kritik eingebracht. Der Grundansatz allerdings ist richtig: wir müssen darüber sprechen, wie wir in Zukunft leben wollen – und dazu gehört auch die Frage, wie wir wohnen möchten.

Die Ressourcen unseres Planeten sind nicht unendlich, das wissen wir längst. Nur handeln wir auch danach? Dass das Wachstum unserer Städte und Gemeinden „auf der grünen Wiese“ durch die Ausweisung von Neubaugebieten und Gewerbeflächen nicht ungebremst so weitergehen kann, das leuchtet den allermeisten ein – zumal viele Ortskerne zusehends veröden – doch auf das Eigenheim verzichten? Das sollen dann doch besser die anderen…

… die anderen wären allerdings schon froh, wenn sie sich überhaupt ein Dach über dem Kopf leisten könnten. In unseren Städten werden horrende Mieten gezahlt, viel zu teuer für Normal- oder gar Geringverdiener. Der Katholische Männerfürsorgeverein hat 2020 in München ein Wohnheim eröffnet – für Menschen mit einem Vollzeitjob, die sich aber trotzdem keine Wohnung leisten können. Katholische Verbände wie IN VIA oder Sant‘Egidio stellen fest: die Corona-Pandemie hat viele Menschen in existenzielle Nöte getrieben. Die Schlangen vor der Bahnhofsmission werden länger, die an den Essensausgabestellen auch. Die Zahl der Wohnungslosen, sie steigt.

Dies kann nur ein kurzes Blitzlicht sein, auf ein Thema, das vermutlich viel zu komplex ist, um es auf 36 Seiten zu behandeln. Wir versuchen es trotzdem – und wollen dabei neben dem Blick auf das „große Ganze“ vor allem jene Menschen in den Mittelpunkt rücken, auf die sonst kaum einer schaut: Menschen am Rand der Gesellschaft, die keine Chance auf eine reguläre Wohnung haben, wenn sie nicht unterstützt werden. Aber auch auf Seniorinnen und Senioren, denen ein selbstbestimmtes Leben und Wohnen im Alter wichtig ist. Und nicht zuletzt auch auf die Verantwortung der Kirche. Wohnen ist eines der Megathemen unserer Zeit, da können wir uns als Kirche nicht verschließen und sagen: „Das geht uns nichts an.“ Die Beiträge in diesem Heft zeigen Möglichkeiten und auch Verpflichtungen der Kirche auf, sich hier engagiert einzubringen. Wohnen ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit – Kirche muss sich in Sachen Glaubwürdigkeit an ihrem Engagement messen lassen.

Viel Freude beim Lesen und gute Anregungen für Ihre kirchliche Arbeit wünscht Ihnen

Alexandra Hofstätter Redaktionsleiterin

Titelbild: Tonkiti / Adobe stock


Verfasst von:

Alexandra Hofstätter

Geschäftsführerin des Landeskomitee der Katholiken in Bayern.