Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: Januar-Februar 2022

Ökumene

Mit der Welt im Gespräch

ÖRK tagt erstmals in Deutschland

Die 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) wird vom 31. August bis 8. September 2022 in Karlsruhe stattfinden und unter dem Thema „Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt“ stehen. Bis Delegierte aus aller Welt sich in Karlsruhe versammeln, haben die Organisatoren alle Hände voll zu tun. Gemeinde creativ hat mit Verena Hammes, Geschäftsführerin der ACK Deutschland, und Pfarrer Marc Witzenbacher, Leiter des Koordinierungsbüros für die Vollversammlung in Karlsruhe, gesprochen:

Gemeinde creativ: Im September tagt der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) in Karlsruhe – das klingt nach einer richtigen großen Sache?

Marc Witzenbacher (MW): Es ist die elfte Vollversammlung, davon waren erst zwei in Europa: 1948 die Gründungsversammlung in Amsterdam, 1968 in Uppsala (Schweden). Nun tagt der ÖRK erstmals in Deutschland. Etwa 5.000 internationale Gäste aus 349 Mitgliedskirchen in 110 Ländern werden erwartet. Die Vollversammlung wird grenzübergreifend mit Kirchen in Frankreich und der Schweiz vorbereitet, auch das gibt es zum ersten Mal.

Viele haben vermutlich noch nichts vom ÖRK gehört – wer steht dahinter und welche Relevanz haben seine Entscheidungen zum Beispiel für die Gläubigen vor Ort?

MW: Der ÖRK ist die größte ökumenische Organisation weltweit und repräsentiert mehr als 560 Millionen Christinnen und Christen in 350 Mitgliedskirchen. Die römisch-katholische Kirche ist kein Mitglied, sie hat mehr als doppelt so viele Mitglieder, aber sie arbeitet intensiv mit dem ÖRK zusammen. Der ÖRK hat viele wichtige Prozesse angestoßen, beispielsweise den „Konziliaren Prozess für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“ oder den „Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens“.

Verena Hammes (VH): Die ACK ist – sehr vereinfachend gesagt – der ÖRK auf Deutschlandebene. Wir pflegen enge Kontakte zum ÖRK und nehmen seine Themen und Anstöße auf, bereiten sie für die Arbeit in Gemeinden auf oder führen sie weiter. Es bleibt aber eine beständige Herausforderung, die teilweise komplexen internationalen Prozesse und Entscheidungen anschlussfähig zu machen.

Worum wird es in Karlsruhe konkret gehen?

VH: Im Vorfeld der Vollversammlung wurden sogenannte Megatrends identifiziert, die Kirche und Gesellschaft bewegen. Dazu gehört die Corona-Pandemie, aber auch die Hoffnung auf Frieden und Gerechtigkeit oder der Rassismus. Neben diesen inhaltlichen Themen stehen aber auch Bibelarbeiten und Geschäftsabsprachen auf der Tagesordnung. Alles unter dem Motto: „Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt“.

MW: Die gastgebenden Kirchen bereiten ein Begegnungsprogramm vor, das die Themen der Vollversammlung und der Arbeit des ÖRK aufgreift und die Möglichkeit bietet, mit den Gästen aus aller Welt ins Gespräch zu kommen und voneinander zu lernen.

Gibt es Wege, in Karlsruhe mit dabei zu sein oder sich im Vorfeld einzubringen?

MW: Seit November ist es möglich, sich über die Website des ÖRK anzumelden, allerdings ist der Platz begrenzt. An fast allen Veranstaltungen, auch dem Begegnungsprogramm, kann man online teilnehmen. Die Vollversammlung kann in der Gemeinde schon jetzt eine Rolle spielen, in Bibelarbeiten, Predigtreihen, ökumenischen Begegnungen etc. Dazu gibt es auch Material auf der Website des ÖRK.

VH: Die ACK bereitet auf unterschiedlichen Ebenen eine Mitwirkung vor. Eine innovative Art, sich mit der Idee des „Pilgerwegs der Gerechtigkeit und des Friedens“ auseinanderzusetzen, den die letzte Vollversammlung des ÖRK 2013 in Busan angestoßen hat, bietet die Pilgerwegapp der ACK, die in den gängigen Stores heruntergeladen werden kann. Eine Präsenz der ACK, um die Vielfalt der Christen in Deutschland zu zeigen, ist während der Tage der Vollversammlung ebenfalls geplant.

Das Motto der Vollversammlung lautet „Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt“ – warum hat man gerade diesen Leitspruch gewählt?

VH: Seit vielen Jahren erarbeitet der ÖRK mit dem Einheitsrat des Vatikan die Texte zur Gebetswoche für die Einheit der Christen. Im Jahr 2017 kamen die Texte aus Anlass des Reformationsgedenkens aus Deutschland und hatten das Motto: „Versöhnung – die Liebe Christi drängt uns“ (2 Kor 5,14-20). Sicherlich auch inspiriert davon wurde dieses christologisch zentrierte Motto mit den wichtigen Begriffen der Versöhnung und der Einheit gewählt.

MH: Erstmals taucht das Wort Liebe in einem Motto einer Vollversammlung auf. Mit den Stichworten Einheit und Versöhnung geht es darum, die Einheit der ganzen Menschheit und der Gesellschaft zu stärken und zu fragen, welche Rolle die Kirchen dabei spielen müssen.

2021 der ÖKT, 2022 die Versammlung des ÖRK und 2023 der evangelische Kirchentag in Nürnberg – ökumenisch ist in Deutschland gerade allerhand geboten. Klingt so, als hätte die Ökumene momentan einen hohen Stellenwert?

VH: Und nicht zu vergessen, im Jahr 2022 auch der Katholikentag in Stuttgart! Nun, ich würde sagen, es gibt gerade erfreulich viele Anlässe, um das Miteinander der Christen zu erleben und zu feiern. Deshalb hat die ACK die Jahre 2021 und 2022 auch zum „Jahr der Ökumene“ erklärt, um die stattfindenden Ereignisse zu betonen.

Wie lässt sich dieser Schwung mitnehmen und in auch die Gemeinden tragen?

MW: Wenn die Vollversammlung dazu beiträgt, die Vielfalt der Konfessionen und des ökumenischen Miteinanders, das es schon hier in Deutschland gibt, besser wahrzunehmen und mit Leben zu füllen, dann hat sie ein wesentliches Ziel erreicht. Nur gemeinsam schaffen wir weitere Schritte hin zur sichtbaren Einheit.

VH: Und ich möchte ergänzen: auch die internationale und kulturelle Vielfalt, in der wir uns in Deutschland bewegen.

Symbol der Vollversammlung

Das Logo für Karlsruhe ist ein visueller, bildlicher Ausdruck des Themas der Vollversammlung. Es wurde inspiriert von den lebendigen und vielfältigen Ausdrucksformen der ökumenischen Bewegung in ihrem Streben nach der Einheit von Christinnen und Christen und ihrem Engagement für Gerechtigkeit und Frieden. Es umfasst vier Elemente:

  • Das Kreuz – das  Thema der Vollversammlung bekräftigt unseren Glauben, dass die barmherzige Liebe Christi die Welt durch die lebensspendende Kraft des Heiligen Geistes verwandelt. Als gut sichtbarer Teil des Logos für die Vollversammlung ist das Kreuz Ausdruck für die Liebe Christi und Verweis auf den ersten Artikel der Verfassung des ÖRK.
  • Die Taube – als ein allgemein bekanntes Symbol für Frieden und Versöhnung steht die Taube für den Heiligen Geist und verweist zudem auf die in der Bibel verwurzelten Ausdrucksformen von Hoffnung.
  • Der Kreis – die ganze bewohnte Erde (oikoumene) – vermittelt ein Gefühl von Einheit und gemeinsamen Zielen, und von Neuanfang. Zudem war auch das Konzept der Versöhnung Inspirationsquelle für den Kreis. Als Christinnen und Christen sind wir durch Christus mit Gott versöhnt, und als Kirchen sind wir Boten für Vergebung und Liebe sowohl innerhalb unserer Gemeinschaften als auch darüber hinaus. Die ökumenische Bewegung hat durch entschlossenes Engagement und Handeln für eine gerechtere und partizipativere Gesellschaft und die Bewahrung der Schöpfung auf den Aufruf zu Einheit und Versöhnung reagiert.
  • Der Weg – wir alle kommen von unterschiedlichen Orten, aus unterschiedlichen Kulturen und Kirchen; wir gehen unterschiedliche Wege, um auf den Ruf Gottes zu reagieren; wir alle befinden uns auf einem Pilgerweg, auf dem wir anderen begegnen und uns für die Umsetzung von Gerechtigkeit und Frieden mit ihnen zusammenschließen. Die verschiedenen Wege stehen für die ganz unterschiedlichen Wege, auf denen wir uns befinden, für die Bewegung, die Freiheit und die Lebendigkeit und Dynamik, die den ÖRK und seine Mitgliedskirchen weltweit antreiben. (pm)

Verfasst von:

Gemeinde Creativ

Das Redaktionsteam