Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: März-April 2022

Gesichter des Landeskomitees

Begeistert sein

Kirchliches Engagement hat viele Gesichter

Foto: Misereor

Barbara J. Th. Schmidt, 38 Jahre, ist Vorsitzende des Sachausschusses „Mission – Gerechtigkeit – Frieden“ des Landeskomitees. Mündiges Christsein und der tätige Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden liegen ihr am Herzen. Hauptberuflich leitet sie momentan noch Misereor in Bayern, wird aber zum 15. April 2022 die Leitung der Landvolkhochschule Niederalteich übernehmen.

 Warum engagieren Sie sich ehrenamtlich?

Das ist Ausdruck unserer Würde und Freiheit. Wir Menschen sind in unserer Einzigartigkeit in die Gemeinschaft mit anderen eingebunden. Da ist immer schon eine Familie, ein Land, ein System, eine Glaubensgemeinschaft, in die ich hineingeboren werde und in das ich hineinwirken darf. Dem, was schon ist, verdanke ich viel und darf es zugleich mitprägen, verändern und damit voranbringen. Es macht einen Unterschied, ob ich etwas tue, mich einsetze oder nicht. Hannah Arendt sprach von der Bedeutung des Handelns, dass ein Mensch sich immer auch im Nicht-Tun zu den Dingen verhält. Im Engagement mit anderen erlebe ich mich als wirksam und beziehe Stellung. Ich scheitere und streite, bewege, lerne und feiere.

Wie sind Sie zum freiwilligen Engagement gekommen?

Begonnen habe ich im Bayerischen Wald-Verein und meiner Pfarrei vor Ort. Mit Anfang 20 wurde ich Landesjugendwartin der Deutschen Wanderjugend LV Bayern. Ich erfuhr wie Demokratie funktioniert, was geht, wenn Menschen sich zusammen für etwas einsetzen. Das Ringen um gemeinsame Positionen innerhalb des Verbandes und im Bayerischen Jugendring sind für mich mindestens so wichtig, wie mein Studium und die Zeit in der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG). In den Sachbereichsgremien des Diözesanrats München und Freising (v.a. Konzil und Synode) schätze ich das inspirierende, sich ermutigende Zusammenspiel von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen mit Nachgeborenen, und das Teilen von Hoffnung trotz aller institutionellen Widersprüche.

Was beschäftigt Sie im Moment?

Persönlich und beruflich frage ich mich: In was für einer Welt leben wir? In der heurigen Misereor-Fastenaktion fordern wir Klimagerechtigkeit, dass wir alles tun, um die 1,5°-Grenze der Erderwärmung nicht zu überschreiten. Die, die am wenigsten beitragen oder profitieren wie beispielsweise täglich 1.400 Menschen, die in Bangladesch in die Städte ziehen, weil ihre Heimatdörfer im Salzwasser unbewohnbar werden, müssen schon jetzt ihre Heimat verlassen. Die, die gerade geboren sind, werden später mit den Folgen unseres die Endlichkeit missachtenden Lebensstils konfrontiert sein. Wie können wir hier in Bayern unseren Beitrag leisten? Da ist radikales Umdenken nötig. Wir müssen Wirtschaft, Kirche und Gesellschaft neu denken, um im Dialog aller miteinander Weisen für ein gutes Leben für alle Menschen innerhalb der Grenzen der Erde zu finden. Und wo ist meine persönliche Grenze? Wo verlasse ich meine Komfortzone und kehre wirklich um? Bisher arbeitete ich in Städten. Für meine neue Stelle muss ich das erste Mal in meinem Leben mit dem Auto – ohne Möglichkeit auf Rad oder ÖPNV umzusteigen – in die Arbeit pendeln. Wie geht das anders?

Was wollen Sie bewegen?

Herzen und Hirne der Menschen. Dass wir unsere Ängste überwinden, wirkliche Gemeinschaft leben, dass Kirche ein Ort der Weite und Lebendigkeit ist. Dass wir rechten Kräften außerhalb und innerhalb der Kirche entschieden entgegentreten, kranke Denkmuster und Machtspiele entlarven und Achtsamkeit und Liebe zu allem Lebendigen leben. Dafür müssen wir die Einfachheit neu entdecken, das Staunen, die Dankbarkeit und unsere Kreativität. Wir brauchen Vertrauen in uns, unsere Mitmenschen und Gottes Mitgehen durch die Widersprüche, Krankheiten und Niederlagen, Freuden und Hoffnungen, Irrungen und Wirrungen unserer Zeit…

Kirchliches Engagement hat Zukunft, weil…

Christliches Engagement entspringt dem einen Heiligen Geist und lässt sich deshalb nicht durch Mauern, bestehende Verbote, Hierarchien und Ängste aufhalten. Wir müssen mutig und lustvoll Räume der tätigen Liebe und Solidarität mit den Schwachen, Ausgeschlossenen und der Schöpfung schaffen. Beim Synodalen Weg steht gerade ein Fenster offen. Ich hoffe, wir nutzen diese Chance als Getaufte, Gefirmte und Geweihte gleichermaßen.


Verfasst von:

Gemeinde Creativ

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