Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: Mai-Juni 2022

Kolumne

So ein Müll

Nicht erst die Bewegung „Fridays for Future“ hat einer breiten Öffentlichkeit bewusst gemacht, dass Klimaschutz zahlreicher Anstrengungen bedarf. Das geht los bei der Reduzierung von Mobilitätsansprüchen, führt über die Verwendung möglichst gar keiner oder deutlich weniger fossiler Brennstoffe für Heizungen bis hin zur Schonung wertvoller Rohstoffe. Um den Verbrauch von Rohstoffen und von Energie zur Herstellung wichtiger Produkte zu reduzieren, wurden in Deutschland in den vergangenen Jahren einige Schritte in der Wiederverwertung von Abfällen unternommen.

Bei Glas, Batterien, Elektroschrott und Papier funktioniert dieser Rohstoffkreislauf (neudeutsch Recycling) ziemlich gut. Bei Glas, Batterien sowie bei Papier und Kartonagen liegt die Recyclingquote seit Jahren bei mehr als 80 Prozent. Bei den Kunststoffen scheint auf den ersten Blick die Lage fast optimal zu sein. Wenn man den Angaben des Umweltbundesamtes vertrauen darf, beträgt die Recyclingquote bei den Kunststoffen unschlagbare 99,4 Prozent. Allerdings muss einschränkend festgehalten werden, dass von den etwa 6,3 Millionen Tonnen Gesamtkunststoffabfällen in Deutschland nur knapp die Hälfte (2,93 Millionen Tonnen) werk- oder rohstofflich genutzt wird. Mehr als die Hälfte (3,31 Millionen Tonnen) wird dagegen thermisch in Müllverbrennungsanlagen als Ersatzbrennstoff für fossile Brennstoffe etwa für Zementwerke oder zur Stromerzeugung „verwertet“. Etwa 40.000 Tonnen (die restlichen 0,6 Prozent der Gesamtmenge) können demnach weder als Werk- noch als Brennstoff genutzt werden.

Die Einführung des Dualen Systems Deutschland (meist als „Grüner Punkt“ bekannt) mit den gelben Tonnen und Säcken als Abfallbehältnisse für die nicht mehr gebrauchten Kunststoffe hat sicherlich dazu beigetragen, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Kunststoffe nicht nur verbrannt wird, so wie dies häufig mit dem Rest- oder Hausmüll geschieht. Allerdings mutet es reichlich seltsam an, wenn in etlichen niederbayerischen Landkreisen jeder Haushalt die verschiedenen Kunststoffarten feinsäuberlich trennen soll, um sie dann auf den lokalen Recyclinghöfen der „Wiederverwertung“ zuzuführen. Dann sollte ja eine weit höhere Prozentzahl der Kunststoffe nicht nur thermisch wiederverwertet werden – könnte der unbedarfte Laie vermuten.

In einer Aussprache des Kreistages im Landkreis Passau musste der Werkleiter des Zweckverbands Abfallwirtschaft Donau-Wald allerdings eingestehen, dass auch er nicht so genau wisse, wohin eigentlich der akribisch sortierte Plastikmüll wandere, wie die Passauer Neue Presse im Herbst vergangenen Jahres berichtete. Der Zweckverband stelle lediglich die Container bereit, die abgeholt würden, sobald sie voll seien. Dem Zweckverband sei mitgeteilt worden, dass dieser Plastikmüll „irgendwo in Europa“ lande. Der Werkleiter konnte nicht sagen, ob und wie das Material wiederverwertet wird. Der Laie staunt und der Fachmann wundert sich.

Die Frage darf erlaubt sein, ob hier nicht ganze Landkreise mit ihren Wertstoffhöfen, letztlich aber vor allem die Bevölkerung für dumm verkauft werden, wenn man die Betroffenen dazu nötigt, den Plastikmüll mühsam zu trennen und dafür verschiedene Behältnisse im Kleinen wie im Großen vorzuhalten, um am Ende – ja, wo eigentlich zu landen? Dann sollte der enorme Aufwand zur Trennung des Plastikmülls lieber gleich in die Tonne getreten werden – und ab mit dem Müll zur Verbrennungsanlage, um zum Beispiel Strom zu erzeugen.

Titelbild: K_Tatsiana / Adobe stock


Verfasst von:

Karl Eder

Dr. Karl Eder ist Geschäftsführer des Landeskomitees der Katholiken in Bayern sowie Vorsitzender der Aktion für das Leben e. V. Er ist promovierter Liturgiewissenschaftler.