Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: Juli-August 2022

Aus Räten und Verbänden

Sozialwahlen 2023

Am 31. Mai 2023 finden die nächsten Sozialwahlen statt – eine Wahl, die oft unterschätzt und vielfach sogar unbeachtet ist. Dabei ist das, was in den Selbstverwaltungsgremien entschieden wird, für viele Menschen von großer Bedeutung. Im Folgenden berichten Engagierte kirchlicher Verbände über ihre vielfältige und wichtige Arbeit:

Als Christ Versichertenberater der Deutschen Rentenversicherung

Was muss ich vorher tun, was bekomme ich, wenn ich in Rente bin? Diese Frage wird mit zunehmendem Alter immer aktueller. Bürgerinnen und Bürger holen sich Rat und Hilfe bei verschiedenen Anlaufstellen. Als Versichertenberater helfe ich dazu, ehrenamtlich und unentgeltlich. Dieses Amt erhielt ich durch die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Arbeitnehmerorganisationen (ACA) über die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Soziale Fragen in Bayern und Thüringen e. V. (EAG). Häufig werde ich gefragt, was in der Rente noch zum Leben bleibt. Es geht um Ansprüche und Geld, aber auch zunehmende Existenzsorgen. Bei der Rente der jeweiligen Versicherten muss alles stimmen, nicht nur dass offene Lücken geklärt, sondern auch dass die vielen Seiten des Rentenantrages richtig ausgefüllt sind. Das Thema der eigenen Rente wird aber leider nicht nur am Ende des Erwerbslebens aktuell. Gravierende, häufig eintretende Lebensereignisse, wie Tod, Krankheit, plötzliche Erwerbsminderung oder Scheidung verlangen ebenfalls eine umfassende Beratung und Hilfe bei der Antragsstellung. Bei den persönlichen Gesprächen bleibt es meist nicht nur bei den Formalitäten, zum Beispiel bei der Erstellung der Anträge, wie der Hinterbliebenenrente. Die plötzlichen Schicksale erfordern, dass ich mir Zeit für das persönliche Gespräch nehme und auch zuhören kann. Als Christ kann ich auch dazu oft auch praktische Seelsorge leisten und unsere Hoffnung weitergeben.


Als wir einmal eine Klinik gerettet haben

„Warum tust Du Dir das an?“ werde ich immer mal wieder von meinen Bekannten gefragt, wenn ich erzähle, dass ich in der Selbstverwaltung der Rentenversicherung bin. Die, die sich auskennen, wissen, dass der Haushalt, der da verabschiedet wird, ja bereits mehrfach geprüft worden ist. Die Wahrscheinlichkeit, hier noch Fehler aufzudecken, liege nicht einmal im Promillebereich. Und außer dem Budgetrecht dürfe diese Versammlung eh nichts entscheiden.

Das stimmt jedoch nicht ganz: alle grundsätzlichen Entscheidungen müssen durch dieses Gremium. Wie etwa auch jene im Dezember 2019, als der Vorstand der Vertreterversammlung die Entscheidung zur Schließung einer Klinik vorgelegt hatte. Nach mehreren erfolglosen Bewerberrunden, in denen ein Chefarzt gesucht worden war, sei der Sicherstellungsauftrag nicht mehr gegeben. Es bleibe nur die Schließung der Klinik. Danach sollte das Gebäude verkauft werden.

In der Vertreterversammlung wurde eine Alternative entwickelt: Die Klinik solle weiterbetrieben und im laufenden Betrieb verkauft werden. Natürlich war unklar, ob das funktionieren würde, aber es war den Versuch wert. Und tatsächlich konnte ein Betreiber gefunden werden, der die Klinik weiterführt. Nun gewinnen alle: die Bürgerinnen und Bürger, die Beschäftigten und nicht zuletzt die Versicherten, denen auch in Zukunft eine qualitativ hochwertige Rehaklinik in reizvoller Landschaft erhalten bleibt.


Sie werden gebraucht!

Mein Name ist Kathrin Zellner, ich bin 37 Jahre alt, Friseurmeisterin und arbeite im elterlichen Betrieb. Seit zwölf Jahren engagiere ich mich in den Gremien der sozialen Selbstverwaltung. Hier darf ich im Ausschuss für Rehabilitation und Heilverfahren bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) mitwirken. Dort versuchen wir als Versicherte unser Wissen aus der Praxis mit einzubringen. Seit ein paar Jahren versuchen wir auch die Genderfrage mehr in den Blick zu nehmen. Wir stoßen Forschungsvorhaben mit an und greifen immer wieder aktuelle Anliegen auf. Weiter im Blick haben wir auch Themen wie etwa die Weiterentwicklung des Berufskrankheitenrechts, wir wollen die BG-Kliniken der gesetzlichen Unfallversicherung nicht aus dem Blick verlieren und noch vieles mehr. Durch die Mitwirkung in diesen Ehrenämtern wurden wir auch beispielsweise in der Pandemie beim Erarbeiten von SARS-COV2-Arbeitsschutzstandards mit an den runden Tisch geholt. Man konnte seine fachlichen Kompetenzen und die berufliche Praxis sehr gut mit in die Papiere einbringen, daher macht es mir immer noch sehr viel Spaß in diesen Gremien mitzuwirken. Ich kann nur empfehlen: kommen Sie mit und engagieren Sie sich auch mit uns in der sozialen Selbstverwaltung! Wir würden uns sehr freuen bei den nächsten Wahlen neue Kolleginnen und Kollegen begrüßen zu können!  


Widerspruchsausschüsse

In Krankenkassen sowie Unfall- und Rentenversicherung werden von den Versicherten Widerspruchsausschüsse gebildet. Sie überprüfen zum Beispiel die Rentenbescheide, Ablehnungen von Kassenleistungen oder die Einsprüche zu den Pflegestufen. Monatlich treffen wir uns als Versicherte einer Krankenkasse im Widerspruchsausschuss, vier Versicherte und ein beratender Mitarbeiter der Krankenkasse. Wir prüfen die Widersprüche zur Pflegeversicherung. Es sind oft schwere Schicksale für die Menschen, die auch uns persönlich betroffen machen.
Der Medizinische Dienst (MD) hat bereits bei dem Versicherten die Bedürftigkeit und Einstufung festgestellt. Der Versicherte ist der Auffassung, dass die Einschätzung des MD nicht alle Aspekte seiner Situation erfasst hat und legt einen Widerspruch ein. Wir arbeiten uns dann durch den Sachbericht, den Bericht des MD, die ärztlichen Mitteilungen und die Begründung des Widerspruchs. Besonders intensiv ist unsere Diskussion in Fällen, in denen die Versicherten mit wenigen Punkten zusätzlich in eine höhere Pflegestufe eingruppiert werden könnten. Es wird mehrheitlich entschieden, ob der Widerspruch abgelehnt oder ob ihm stattgegeben wird. Bei länger zurück liegenden Besuchen des MD wird der Versicherte darauf hingewiesen, dass er bei einer Verschlechterung der Situation erneut einen Antrag stellen sollte.


Wenn es sie nicht geben würde, …

All diese Beispiele zeigen: Der Einsatz in der sozialen Selbstverwaltung ist vielfältig – dazu gehört der ehrenamtliche Richter am Sozialgericht genauso wie die DRV-Rentenberaterin, der Engagierte im Direktionsbeirat der AOK oder die Vorständin in der Rentenversicherung. Sie alle eint, dass sie in der ACA aus christlicher Überzeugung heraus im Auftrag des Versicherten aktiv sind – ökumenisch, verbändeübergreifend und den Menschen im Blick.

Auf diesem Weg realisieren die Engagierten den Weltauftrag von Christinnen und Christen und setzen sich ein für ein soziales Miteinander und sorgen so dafür, dass unsere Soziale Marktwirtschaft diese Bezeichnung auch wirklich verdient.

Die Engagierten aus den christlichen Arbeitnehmervereinigungen von Katholischer Arbeitnehmer-Bewegung (KAB), Kolpingwerk und EAG gestalten so maßgeblich unser soziales Sicherungssystem mit. Sie stehen, wie es der frühere Bundesvorsitzende der ACA, Hannes Kreller, immer formuliert, nicht nur vor den Einrichtungen, um für Veränderungen zu demonstrieren, sondern sie sitzen mit am Tisch, wenn Veränderungen zugunsten der Versicherten durchgesetzt werden. Mit möglichst vielen Stimmen von Christinnen und Christen bei den Sozialwahlen im kommenden Jahr können wir dieses Engagement noch weiter ausbauen. Daher: bei der nächsten Sozialwahl ACA wählen!



Verfasst von:

Gemeinde Creativ

Das Redaktionsteam