Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: März-April 2023

Gesichter des Landeskomitees

Begeistert sein

Kirchliches Engagement hat viele Gesichter

Foto: Kiderle

Dr. Claudia Pfrang ist seit 2016 Direktorin der Domberg-Akademie. Stiftung Erwachsenenbildung der Erzdiözese München und Freising, seit 2021 ist sie Mitglied des Landeskomitees der Katholiken in Bayern. Außerdem ist sie Vorsitzende des Bayerischen Vereins für Toleranz, Demokratie und Menschenwürde e. V. und auch ehrenamtlich kommunalpolitisch aktiv.

 

 

Warum engagieren Sie sich im kirchlichen Bereich?

Zu Beginn meiner Berufstätigkeit habe ich für mich einmal formuliert, was mich heute noch antreibt: Ich möchte mithelfen, dass das Reich Gottes im Hier und Heute Wirklichkeit wird. Das heißt konkret, sich einzusetzen für eine gerechte, solidarische und friedliche Welt.

Als Christinnen und Christen ist es unser Auftrag, an der Seite der Randständigen (und das nicht nur in sozio-ökonomischer Sicht) zu stehen und denen eine Stimme zu geben, die keine Stimme in der Mehrheitsgesellschaft haben und nicht gehört werden.

Wie sind Sie zu Ihrem Engagement gekommen?

Das ist für mich biographisch zu verorten. Meine Wurzeln liegen, wie bei so vielen immer noch kirchlich engagierten Menschen, in der kirchlichen Jugendarbeit, in der ich viele gute Erfahrungen gemacht habe. So habe ich Theologie studiert, mit einer Arbeit zu Kirchenentwicklung in Pastoraltheologie promoviert und schätze es sehr, jetzt in einer breit aufgestellten kirchlichen Akademie Menschen zu inspirieren, neu zu denken, neu zu glauben und neu zu gestalten.

Außerdem wurde mir das freiwillige Engagement „in die Wiege gelegt“. Meine Eltern, die sehr von der liturgischen Bewegung und dem Zweiten Vatikanischen Konzil geprägt waren, haben sich aus christlicher Überzeugung heraus selbstverständlich in Kirche, Gesellschaft und Politik engagiert. Sie haben mir immer vorgelebt, den Glauben nicht nur religiös zu leben, sondern in der Welt zu bezeugen. Das ist mein Anspruch und das sehe ich bis heute als meine Aufgabe.

Was beschäftigt Sie im Moment?

Mich beschäftigten sehr die multiplen Krisen unserer Zeit: Die Demokratiekrisen, der Ukraine-Krieg mit all seinen Folgen, die Kirchen-, Vertrauens-, Glaubens- und Gotteskrise.

Wie gehen wir mit den weiter größer werdenden sozialen Spaltungen um? Wie kann wieder Frieden in der Ukraine gestiftet werden? Was trägt und leitet uns, wenn uns unsere Ideale nicht mehr realistisch erscheinen oder überfordern? Können wir es noch schaffen, unseren Planeten zu retten? Diese ungeheuerliche Diskrepanz zwischen Wissen und Tun, gerade hinsichtlich des Klimawandels, treibt mich sehr um und es ist mir ein großes Anliegen, dafür zu sensibilisieren, dass wir endlich handeln müssen. Wir haben keine Zeit mehr! Und: Wie schafft die Kirche den Sprung ins 21. Jahrhundert? Es sind die großen Fragen, die mich als Person und Akademiedirektorin beschäftigen.

Was wollen Sie bewegen?

Wir stehen an einem entscheidenden Punkt der Neuausrichtung von Kirche, von dem noch nicht klar ist, ob er zu einem Wendepunkt werden kann. Eine synodale Kirche umzusetzen, die getragen ist von Gleichberechtigung, Partizipation und Gewaltenteilung, ist das Projekt zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Dazu muss die Kirche ihre dunklen Missbrauchsseiten aufarbeiten und missbrauchsbegünstigende Strukturen reformieren. Ein Begriff, der für mich die aktuelle Herausforderung der Kirche trifft, ist Umkehr – der Kernbegriff des Christseins. „Umkehr. Kirche sein angesichts des Missbrauchsskandals“, so heißt seit 2019 eine Diskussionsreihe der Domberg-Akademie.

Kirchliches Engagement hat Zukunft,

wenn Laien immer mehr die „Parrhesia“ wagen, die Freiheit der offenen Rede. Das braucht die Kirche mehr denn je: Menschen, die sich die Freiheit nehmen, offen, klar und bestimmt Missstände in der Kirche anzumahnen, auch wenn es risikoreich ist.


Verfasst von:

Gemeinde Creativ

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