Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: März-April 2023

Ökumene

JETZT ist die Zeit

Foto: Evangelischer Kirchentag

Hoffen und Machen beim Evangelischen Kirchentag 2023

Unter dem Motto „Jetzt ist die Zeit“ wird vom 7. bis zum 11. Juni 2023 der Deutsche Evangelische Kirchentag in Nürnberg stattfinden. Fünf Tage lang wird Nürnberg tausende Menschen zu Kunst, Kultur, Diskurs und heiligen Momenten einladen. Dabei bringt der Kirchentag religionsübergreifend Menschen zusammen, gibt Impulse für verantwortliches Handeln und setzt Themen.

Auf die Besucherinnen und Besucher warten mehr als 2.000 Veranstaltungen in Form von Vorträgen, Bibelarbeiten, Workshops, Gottesdiensten, Konzerten und Hauptpodien zu Fragen wie: Wo finde ich Halt? Wie geht Sicherheitspolitik in Zeiten eines Angriffskrieges? Wie schützen wir unseren Planeten? Was sage ich, wie handle ich als Christ? In einer Zeit der Umbrüche kommen in Nürnberg zehntausende Engagierte und Interessierte zusammen, die Verantwortung im Großen und im Kleinen übernehmen wollen. Sie haben viele Fragen, aber vielleicht auch die ein oder andere Antwort im Gepäck. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und weitere nationale und internationale Spitzenpolitiker, Wissenschaftlerinnen, Wirtschaftsbosse, Musikstars und andere Prominente bringen sich aktiv in den Dialog ein. Dabei soll es eigenen Angaben zufolge dieses Mal noch kontroverser zugehen. Wenn zum Beispiel Margot Käßmann mit dem Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, sprechen wird, steht die Frage im Raum, bis wohin der Slogan „Frieden schaffen ohne Waffen“ uns heute bringt.

Zeichen der Verbundenheit

„Dass bei allen Unterschieden auch Gemeinschaft möglich ist, wird insbesondere bei den abendlichen Open-Air-Events spürbar sein“, kündigt die Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages, Kristin Jahn, an. „Wir freuen uns zum Beispiel auf die Kölner Band Brings und den ESC-Star Malik Harris.“ Und diese Gemeinschaft ist gerade heute besonders wichtig, findet die Präsidentin der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Annekathrin Preidel: „In Zeiten, in denen polarisierende Fliehkräfte das Zerbröseln unserer Demokratie und die Spaltung unserer Gesellschaft fördern, haben die christlichen Kirchen die Chance und Aufgabe, starke Zeichen der Verbundenheit zu senden und Wege des Friedens, der Versöhnung und der Gerechtigkeit aufzuzeigen.“ Diese Aufgabe sieht sie als eine gemeinsame: „Die Kirche der Zukunft muss eine ökumenische Kirche sein. Ich träume von einer Zukunft, in der wir das gemeinsame Bekenntnis mit großer Selbstverständlichkeit betonen und nur nachrangig unsere Unterschiede benennen, so dass wir einem gemeinschaftlichen Abendmahl näherkommen im ehrlichen Ringen um einen differenzierten Konsens.“

Daher beteiligen sich auch die Erzdiözese Bamberg und die Diözese Eichstätt am Evangelischen Kirchentag. Domkapitular Elmar Koziel ist Leiter der Stabsstelle „Ökumene und Interreligiöser Dialog, Theologie und Hochschulen“ des Erzbistums Bamberg und freut sich über die Zusammenarbeit. Da das Erzbistum Bamberg ein sogenanntes Diasporabistum ist, in dem Katholiken teilweise gegenüber der evangelisch-lutherischen Konfession in der Minderheit sind, ist Ökumene für ihn von vornherein weit mehr als eine Aufgabe unter vielen. Und auch die Kooperation mit den katholischen Kolleginnen und Kollegen ist intensiv: Nürnberg ja formal eine zwischen dem Erzbistum Bamberg (zwei Drittel) und dem Bistum Eichstätt geteilte Stadt. Um daraus keinen Nachteil werden zu lassen, wurde schon vor vielen Jahren die gemeinsame Dachorganisation „Stadtkirche Nürnberg“ gegründet: So werden das Erzbistum Bamberg und das Bistum Eichstätt in Koordination durch die Stadtkirche mit einem gemeinsamen Stand präsent sein und ihre jeweiligen Besonderheiten gemeinsam vorstellen. Elmar Koziel wünscht sich, „dass wir neugierig werden auf das, was die jeweils anderen vom Glauben ‚verstanden‘ haben und im konkreten Leben umsetzen.“ Der gemeinsame Stand wird den Schwerpunkt „Pilgern“ haben, ergänzt Domkapitular Wolfgang Hörl, der Ökumenereferent im Bistum Eichstätt ist. Dort werden der Ökumenische Pilgerweg zwischen Eichstätt und Heidenheim, der Wallfahrerweg und die Jakobuswege im Bistum vorgestellt. Das passt auch thematisch zu seiner Beobachtung, dass sich nach Corona die Uhren nicht einfach zurücksetzen lassen und alles wieder gut ist: „Die Menschen haben sich sozusagen verlaufen und müssen den Weg zur Kirche erst wieder finden.“ Er wünscht sich, dass der Kirchentag dabei unterstützen kann.

Aktuell und partizipativ

Den „Abend der Begegnung“ am Eröffnungstag gestaltet die Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern mit einer Schäferwagenkirche. Sie will unter dem Motto „Meine Kirche 2035“ den Weg der bayerischen Landeskirche aus der Perspektive der Landessynode in die Zukunft aufzeigen, aber auch als Synode sichtbar sein. „Nicht jedem ist die Struktur unserer Kirchenleitung geläufig“, erklärt Annekathrin Preidel. „Nicht jeder weiß von den kreativen Möglichkeiten und Beteiligungsformen unserer Kirchenleitung, die zu Zweidritteln aus Ehrenamtlichen besteht. Für uns als Landessynode ist dies eine großartige Gelegenheit, mit Menschen über unsere Kirchengemeinden und Dekanate hinaus in Kontakt zu kommen.“

Bei der Gestaltung des Programms ist der Evangelische Kirchentag sehr um Aktualität und Partizipation bemüht, betont Kristin Jahn: „Antworten auf die drängenden Zukunftsfragen sind nur mit denen zu finden, die diese Zukunft auch gestalten werden. Aus diesem Grund haben wir beschlossen, dass es keine Gesprächsformate mehr ohne die Beteiligung junger Menschen geben soll.“ Zudem soll der Kirchentag digitaler werden und setzt dafür noch stärker auf die Kirchentags-App als zentrales Programmmedium. Für alle, die nicht nach Nürnberg kommen können, werden wichtige Programmhighlights online verfügbar sein. Und es werden digitale Workshops angeboten, damit man sich auch von anderen Orten aus beteiligen kann. Außerdem spielt auch der Aspekt der Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle. Erstmals beinhaltet jedes Ticket auch die Möglichkeit den ÖPNV zu nutzen, um zu den einzelnen Veranstaltungen zu kommen. Kristin Jahn sieht den Kirchentag als Großveranstaltung in einer besonderen Verantwortung, denn wenn viele Menschen zusammenkommen, ist das immer auch mit Belastungen für die Umwelt verbunden. „Wir intensivieren deshalb unsere Bemühungen und wollen im Vergleich zum vergangenen Kirchentag in Dortmund 23 Prozent weniger CO²-Emissionen verursachen.“

Programmneuheit sind die vielen Workshopangebote im gesellschaftspolitischen Bereich, mit denen sich Engagierte erstmals bewerben konnten. Der Kirchentag soll damit noch vielfältiger und partizipativer werden.

Für Annekathrin Preidel könnte deshalb das Motto treffender nicht sein – Jetzt ist die Zeit. „Für mich heißt das: Jetzt ist die Zeit, dem Heiligen Geist Landebahnen zu bauen, indem wir Veränderungen Raum geben und die Weichen für die Zukunft stellen! Jetzt ist die Zeit, von Gott zu erzählen! Jetzt ist die Zeit zum Aufbruch! Wir leben in einer Zeit, in der wir Hoffnung mehr denn je benötigen, die christliche Hoffnung, dass die Welt allen Widrigkeiten und allen Unmöglichkeiten zum Trotz durch die Auferstehung Christi gerettet ist.“ Für sie bietet der Kirchentag viele Möglichkeiten, Spiritualität zu erleben und Glaubensfragen zu diskutieren. „Es ist unser christlicher Auftrag, die Realität Gottes in die Realität der Welt hinein zu verkündigen, auf ihn zu verweisen als die Quelle gerechten Lebens. Wo könnten wir das besser als bei einem mehrtägigen Großevent mitten in der Stadt!“

Alle Informationen zum Programm des Evangelischen Kirchentags finden Sie unter https://www.kirchentag.de.


Titelfoto: Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern mit der Losung des diesjährigen Kirchentags: „Jetzt ist die Zeit“.


Verfasst von:

Sarah Weiß

Freie Autorin