Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: Mai-Juni 2023

Schwerpunkt

Hausgemeinden

Foto: WIN / Adobe stock

Zurück zu den Wurzeln

Speziell seit den jüngsten Ausnahmezeiten scheint Bewegung in die Strömung der sogenannten Hausgemeinden gekommen zu sein: Biblisches Prinzip, Apostelgeschichte, die ersten Christen. Was es genau bedeutet, eine Hausgemeinde zu sein, und wie das praktisch gelebt werden kann, dem will sich dieser Beitrag annähern. 

Wo zwei oder drei sich im Namen Jesu versammeln, ist er mitten unter ihnen. Das trifft auf Hausgemeinden zu. Meist sind sie eigenständig, bestehen aus zwei bis acht Personen. Werden es sehr viel mehr, wird geteilt. Wichtig zu differenzieren ist, dass eine Hausgemeinde kein Haus- oder Bibelkreis ist, sondern Gemeinde, auch mit Abendmahl. Der übliche Versammlungsraum ist das Wohnzimmer.

Die christlichen Gemeindewurzeln finden wir in der Apostelgeschichte. Dort erfahren wir im zweiten Kapitel, wie sich die zu Pfingsten gegründete christliche Gemeinde formte, besonders im Hinblick auf die Gestaltung der Gottesdienste. In Vers 42 werden uns als Elemente die Lehre, die Gemeinschaft, das Brotbrechen sowie gemeinsames Beten genannt. Das lässt auf gemeinschaftliches Treffen schließen, das früher oft in Häusern stattgefunden hat. So könne die Hauskirche bzw. Hausgemeinde als die urchristliche Gemeindeform angesehen werden, sagt Volker J. Blockhaus, Gründer und Verantwortlicher von pistis.org (PISTIS – Initiative Hausgemeinden-Netzwerk). Hierfür sprächen Stellen in der Apostelgeschichte sowie in den Briefen von Paulus an die Römer, Korinther, Kolosser und Philemon.

Mit der Eingangsbibelstelle sowie dem Hauskirche-Verständnis übereinstimmt Joachim Rauscher: „Hauskirche ist für mich – zumindest im deutschen Kontext – eine kleine, eigenständige Gruppe, die sich zusammengefunden hat und in einem Haus trifft, um Apostelgeschichte 2,42 zu praktizieren (Lehre, Brotbrechen, Gemeinschaft, Gebet).“ Seit 2003 ist er Teil der Gemeindeleitung Christliche Gemeinde Reutlingen, wobei er zwischen 2005 und 2012 eine Gemeinde-Gründungsinitiative in Ostdeutschland betreut hat und in dieser Zeit Hauskirche erlebte. Die Definition „Hauskirche“ bzw. „Hausgemeinde“ sei für ihn nicht eindeutig und hinge ab von dem, der das Wort verwende – doch würde wohl dasselbe darunter verstanden. Blockhaus zufolge sei die Hausgemeindebewegung in Deutschland noch nicht sehr verbreitet, allerdings steige die Nachfrage nach Hausgemeinden beständig. Sind regional mehrere Hausgemeinden vorhanden, seien auch Netzwerktreffen denkbar. Interessant ist, dass zumeist die Hausgemeinde die geistliche Heimat ausmacht, es aber freigestellt ist, zusätzlich eine andere Gemeinde oder Kirche zu besuchen. Rauscher schildert den Eindruck, dass die Zahl der Hauskirchen in den letzten Jahren zugenommen habe, hier allen voran bei Christen, die keine geistliche Heimat mehr hätten.

Viele Vorteile, aber auch biblische Umsicht nötig

Als Vorteile sieht Blockhaus aufgrund der kleinen Größe einer Hausgemeinde den Anreiz zur aktiven Beteiligung sowie die entstehende starke kleine Gemeinschaft, in der Hilfe und Vertrautheit geboten werden. Wichtig sei aber, dass sich hier jeder mit der Bibel vertraut macht, sodass die Gruppe bibelorientiert arbeiten und wachsen kann. Rauscher findet, dass das Neue Testament eindeutig sei, dass es – egal wie groß die Kirche ist – eine eindeutige Leitung geben müsse. Als Vorzug sieht er, dass weder Gebäude noch eine große Verwaltung nötig seien und eine große Flexibilität bestehe. In Verfolgungszeiten /-gebieten könne man sich dennoch treffen, ohne groß aufzufallen. 

Abschließend bleibt festzuhalten, dass man sich in Bezug auf eine Hausgemeinde nicht unbedingt die Entweder-oder-Frage stellen muss. Man kann sie ergänzend sehen zur regulären Gemeinde oder als Hauskirche statt regulärer Gemeinde. Womöglich vermag sie Gläubigen wichtigen Halt zu geben in Zeiten, in denen andere Gotteshäuser ihre Türen verschlossen halten.


Verfasst von:

Diana Schmid

Freie Autorin