Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: September-Oktober 2023

Editorial

Kalt hier, oder?

Foto: Paul / Adobe stock

Liebe Leserin, Lieber Leser,

es ist zwar noch lange nicht Weihnachten, jedoch kennt fast jeder und jede leuchtende Kinderaugen unter dem Christbaum. Zum Beispiel wegen dreier Harry-Potter-Bücher, die eine Tante ihrer siebenjährigen Nichte geschenkt hat. Nur die Nichte war blind. Die Tante hatte ihr die Bücher in Braille, in Blindenschrift anfertigen lassen. Das brachte blinde Kinderaugen zum Leuchten.

Der inklusive Zugang zum Wort Gottes sollte eine ungleich dringlichere Aufgabe für unsere Gemeinschaft sein. Inklusion ist eine transformative Idee, die das Fundament unserer Gesellschaft prägt und auf die wir nicht länger verzichten können. Wenn Gott ausnahmslos alle anspricht, dann sollten auch alle gleichermaßen antworten können. Das beginnt bei der Überlegung, ob das Wort Gottes überhaupt alle erreicht oder ob es zu kompliziert und mit zu vielen Hürden vermittelt wird. Aber „auch Gott spricht einfach!“, so der Titel unseres Interviews. Vielleicht können die Menschen, die direkt neben uns stehen, nicht so am Geschehen teilhaben wie wir selbst. Diana Schmid plädiert dafür, die Person, wo angebracht, vielleicht mit einem kurzen „Kalt hier, oder?“ anzusprechen. Das ist ein erster Schritt.

In dieser Ausgabe geht es um Menschen mit sichtbaren und unsichtbaren Beeinträchtigungen, um Möglichkeiten, etwas Gemeinsames mit allen in einer Pfarrgemeinde auf die Beine zu stellen, um Einblicke in Lebenswelten, die bereichernd sein können, werden sie erst einmal wahrgenommen. Das fängt bei Rampen für Treppen an, bei Menschen, die für andere zu laut, zu nahe, zu ungewohnt sind, bis zur Frage, was eigentlich Inklusion alles umfasst. Unterschiedliche Menschen haben unterschiedliche Möglichkeiten und Zugänge zu dem, was die gesamte Pfarrgemeinde betrifft. Alle sollten darauf achten, dass das, was die Gemeinschaft schätzt, liebt und feiert, auch für alle zugänglich ist.

Dazu bietet diese Ausgabe eine ganze Reihe an Perspektivenwechseln, reflektierten Ansichten und vielen praktischen Vorschlägen, wie Pfarrgemeinden mit relativ wenig Aufwand viel bewegen können. Dazu hilft schon das Gebet in Leichter Sprache auf Seite 21, das viele beten können. Oder den nächsten Pfarrbrief in Leichter Sprache zu fassen: kurze Sätze, nur eine Information pro Satz, keine Fremdwörter oder zusammengesetzte Begriffe (nicht wie hier im Text). Das hilft, damit es im Zwischenmenschlichen nicht mehr so kalt ist.

So hoffen wir, dass diese Ausgabe einige Aha-Momente auslöst, neugierig auf andere Perspektiven macht und aus schriftlichen Tipps Konkretes umgesetzt wird.

Viel Freude beim Lesen und gute Anregungen für Ihre kirchliche Arbeit wünscht Ihnen

 

 

Ihr Hannes Bräutigam

Redaktion


Verfasst von:

Hannes Bräutigam

Redaktionsleiter