Ausgabe: September-Oktober 2023
Schwerpunkt - Vor OrtEin selbstbestimmter Start ins Berufsleben
Ein junger Mann mit Autismus hat dank Assistenz in der Ausbildung seinen Beruf gefunden

„Besser hätte ich es nicht erwischen können"; meint Florian Polzer. „Ohne die Schulbegleitung wäre ich heute nicht hier." Der 20-Jährige macht eine Ausbildung zum Fachinformatiker für Systemintegration beim Bistum Regensburg. Für ihn war ein selbstbestimmter Start ins Berufsleben alles andere als selbstverständlich: Florian ist Autist. Der Ambulante Dienst der Schulbegleitungen der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg hat ihn auf seinem Weg unterstützt.
„Zunächst geht es darum, sich gegenseitig kennenzulernen und eine Vertrauensbasis aufzubauen, schließlich sieht Florian mich öfter als seine Eltern", erklärt Silke Dressel-Senft, die Florian seit 2018 begleitet. Anschließend legt man gemeinsam Ziele für den Alltag fest: den Schulweg allein schaffen, soziale Kontakte knüpfen, einen festen Tagesablaufplanen. So entsteht ein Rahmen, in dem der Schüler seine Leistung abrufen kann.
Mit Florian ist dies beispielhaft gelungen: 2020 schafft er die Mittlere Reife, 2022 das Fachabitur. Eigentlich hätte die Unterstützung durch die Schulbegleitung zu diesem Zeitpunkt enden sollen. „Florians Mutter hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, sodass Silke Dressel-Senft ihm weiter zur Seite stehen kann", berichtet Yvonne Tyl, die Leiterin der Schulbegleitung. Die Kostenträger bewilligten die Hilfe und aus der Schulbegleiterin wurde eine Arbeitsassistentin. Damit betritt nicht nur Florian Neuland, sondern auch Silke Dressel-Senft und Yvonne Tyl. „Wir haben zwar viele Klientinnen und Klienten in der Berufsschule", erklärt die Leiterin, allerdings im Rahmen der Schulbegleitung. „Die Arbeitsassistenz im Ausbildungsbetrieb ist jetzt unser erster Fall."
Weil diese so gut gelaufen ist, will die Katholische Jugendfürsorge (KJF) das Modell weiteren jungen Menschen anbieten. „Vielleicht gibt es andere Kandidaten, die im Ausbildungsbereich tätig werden möchten. Wir begleiten viele Kinder und Jugendliche bis ins hohe Alter hinein. So habe ich eine Möglichkeit, diese weiterhin bis über die Schulzeit hinaus zu unterstützen", erklärt Yvonne Tyl. Weil Florian Fortschritte macht und immer selbstständiger wird, kann sich Silke Dressel-Senft Schritt für Schritt zurückziehen. Inzwischen schaut sie noch alle 14 Tage in der Ausbildungsstelle vorbei: „Wenn Florian eines Tages sagt, ich brauche dich nicht mehr, dann habe ich meine Arbeit gut gemacht."
So nahm die Erfolgsgeschichte für beide Seiten ihren Lauf: „,Florian ist ein klasse Typ und eine Bereicherung für unser Team. Auch menschlich passt er sehr gut zu uns. Mit seiner Arbeit sind wir sehr zufrieden. Er muss genauso Leistung bringen wie jeder andere", berichtet Christian Pfeilschifter, Ausbilder im Bereich elektronische Datenverarbeitung. Er betont, dass Florians Autismus nicht nur ein Nachteil ist: „Florian hat ein unglaublich gutes Gedächtnis und eine schnelle Auffassungsgabe. Wenn man ihm eine Aufgabe erklärt hat, kann er sie bald selbstständig übernehmen." Gleichzeitig ist es wichtig, den 20-Jährigen klare und genaue Angaben zu machen, denn Florian denkt und arbeitet sehr präzise. Weil seine Beeinträchtigungen im emotionalen Bereich liegen, bleibt er immer sachlich und lösungsorientiert – eine weitere Eigenschaft, die seine Kollegen sehr an ihm schätzen.
Verfasst von:
Sebastian Schmid
Autor bei der Zeitschrift "Aktion Kontakte" der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg