Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: September-Oktober 2023

Kolumne

Prinzip Brückenschlag: Auch die Neuen mit an Bord holen

Foto: Vachiraphan / Adobe stock

Der Klüngel und die anderen

In den meisten Kirchengemeinden ist allzu oft ein Phänomen zu beobachten: Neue haben es dort nicht leicht. Mitunter sind sie gänzlich unsichtbar. Denn der harte Kern kennt sich, hat sich formiert, trifft sich. Sonntag um Sonntag – aber auch auf so mancher Veranstaltung, wenn sich die Eingefleischten bei einem Empfang rings um hübsch aufgereihte Stehtischchen gruppieren. Dass dann einige Neue am Rand stehen, erst interessiert, später missmutig in die große Menge blicken, fällt nicht weiter auf. Der Klüngel amüsiert sich prächtig, ist ganz mit sich und den leckeren Häppchen beschäftigt. Man prostet sich zu, allerdings nur innerhalb des erlauchten Kreises.

Doch gerade auf den Neuen sollte ein besonderer Fokus liegen. Sonst haben die sich wieder verabschiedet, ohne jemals die Chance eines Ankommens gehabt zu haben. Das mag unfreiwillig passieren. Aber es passiert – nicht zu knapp. Ein Neuer hat es umso schwerer, je eingesessener die Formierung in den Gemeinden vor Ort ist. Man kennt sich. Man ist auf seine Leute fixiert. Man hat vielleicht sogar seinen Stammplatz nebst zugehörigem Sitznachbarn. Was schön ist, aber nicht alles. Was fehlt, ist das Prinzip Jesu – der Brückenschlag zum Nächsten hin.

Wenn wir Inklusion zu Ende denken und auf Pfarrgemeinden beziehen, müssen wir es vom Start weg jedem ermöglichen, Teil unserer Kirchen- beziehungsweise Pfarrgemeinde zu werden, sprich: vom Klüngel. Wie das geht? Mit unverstelltem Blick und offenem Herzen! Im Unternehmensbereich wird beim Zugang neuer Mitarbeiter von Onboarding gesprochen. Das umfasst sämtliche Maßnahmen, wie man diese bestmöglich einbeziehen, ins betriebliche Geschehen integrieren, lauffähig machen kann. Das dient dem Unternehmen und dem neuen Mitarbeiter gleichermaßen. Beispielsweise, indem der Neuzugang die internen Abläufe, Konventionen, aber ebenso die betrieblichen Akteure schnellstmöglich kennenlernt. Das gibt beiden Seiten Auftrieb, niemand muss fremdeln, Abläufe spielen sich ein. Für unsere Gemeinden gesprochen muss sicherlich kein Onboarding-Prozess definiert oder dahingehend gar eine Zertifizierung durchlaufen werden. Nein, es würde reichen, eine Art Herzensprüfung zu betreiben und den eigenen Blick zu schulen. Indem wir uns ein Herz für Gemeinde-Neuankömmlinge nehmen und unseren Blick außerhalb des gewohnten Sichtfeldes schweifen lassen, können wir rasch entdecken, ob jemand hilflos dreinblickt oder allein in einer Ecke steht. Hier hilft es, auf diesen Jemand zuzugehen. Nicht verkrampft. Einfach sagen, was man empfindet: „Ganz schön kalt hier heute Morgen, oder?“, „Wir sind uns noch nicht begegnet, kann das sein?“ oder „Kennen Sie schon den heutigen Ablaufplan?“ Damit fühlt sich der Begrüßende wohl und ebenso der Neuankömmling. Gleichermaßen lassen sich während des Gottesdienstes auch noch rasch Liedblätter oder nötige Lieder-/Gebetbücher zustecken, wo nötig. Das sind Gesten mit großer Wirkung. So hilft man zusammen, aus dem Klüngel heraus, um andere hineinzuholen ins Geschehen, in dessen Mitte Jesus Christus ist, um den wir uns versammelt haben.


Verfasst von:

Diana Schmid

Freie Journalistin