Ausgabe: Januar-Februar 2024
SchwerpunktGebäude zwischen Schatz und Last

Immobilien bayerischer Bistümer
Sie sind „ein Schatz, aber auch eine Last“ heißt es auf der Homepage des Erzbistums München und Freising in Bezug auf die Immobilien im Pastoral. Und das beschreibt den Spagat ganz gut, den die Verwaltungen aller bayerischen Bistümer im Moment in Bezug auf ihre Gebäulichkeiten machen müssen – irgendwo zwischen tatsächlichem Bedarf, emotionaler und spiritueller Bindung und der Bewältigung von Miete, Neben- und Betriebskosten sowie Modernisierungsmaßnahmen bei gleichzeitig sinkenden Kirchensteuereinnahmen.
Stefanie Kraus ist Leiterin der neu gegründeten Abteilung „Verwaltung von Grundstücken und Immobilien“ innerhalb der Hauptabteilung „Immobilienmanagement“ in der Diözese Regensburg. Ihre Abteilung betreut unter anderem den Immobilien- und Grundstücksbesitz aller bischöflichen Stiftungen der Diözese. Historisch bedingt dienen die bischöflichen Stiftungen dem Unterhalt des Priesterseminars. Sie werden somit nicht kirchensteuerlich unterhalten und müssen sich finanziell selbst tragen. Eine schwierige Gratwanderung, betont Kraus: „Gleichzeitig können oder müssen wir sicherlich noch anders handeln als die freie Wirtschaft. Wir haben zum Beispiel einen höheren Anteil an Geflüchteten in unserer Mieterschaft, obwohl das auch oft schwierig ist. Sicherlich sind uns viele dankbar, ganz klar. Aber die kulturellen Unterschiede treten mit der Zeit immer stärker zu Tage.“
In der zugehörigen Liegenschaftsabteilung der Diözese arbeitet Michael Holzer als Portfoliomanager. Er ergänzt, dass man sich natürlich weder nachsagen lasse wolle, man würde als Kirche keine sozialen Kriterien bei der Vermietung von Immobilien ansetzen, andererseits natürlich auch nicht, dass man das Vermögen der Stiftungen verschleudere. Und auch verärgerte Bürgerinnen und Bürger bestürmen Kraus und ihr Team, häufig ohne den genauen Hergang zu kennen. Hier sei eine transparente Kommunikation das A und O, im Zweifelsfall auch unter Zuhilfenahme der Presseabteilung, denn Menschen, die sich gegen jede sachliche Argumentation resistent zeigen, gebe es immer. Und Holzer ergänzt, dass oftmals auch die Medien auf den Zug aufspringen: „Ich stelle schon fest, dass ich noch so gut kommunizieren kann, aber die Leute und die Presse das oft nicht hören wollen.“
Örtliche Stiftungen sind gefragt

Neben der Vermietung der stiftungseigenen Immobilien bietet das Immobilienmanagement zum Beispiel auch die Vertragsabwicklung von Erbbaurechtsverträgen als Dienstleistung an und berät in Bezug auf den Umgang mit den Immobilien in den ortskirchlichen Stiftungen. Bisher ist die Diözese Regensburg noch vom Verkauf sakraler Gebäude verschont geblieben, bei den anderen Gebäuden obliegt es im ersten Schritt den örtlichen Stiftungen, wie sie mit ihnen umgehen wollen, wenn keine kirchliche Nutzung mehr gegeben ist. Und auch die Vermietung älterer, nicht mehr genutzter Gebäude an sozial schwach Gestellte ist nicht immer der Weisheit letzter Schluss, findet Kraus: „Man muss den Mietern auch gerecht werden können.“
Am Ende der Debatte über den möglichen Erhalt einer Immobilie steht die Veräußerung. Hier sehen sich die Stiftungen immer mehr eingeengt durch gesetzliche Vorgaben. Als wichtiges Thema nennt Stefanie Kraus die Betreiberverantwortung: „Ganz banales Beispiel: Nach einem Sturm fällt einem Fußgänger ein Dachziegel auf den Kopf. Dann ist der Eigentümer des Gebäudes dafür verantwortlich und muss Rechenschaft ablegen, ob er nicht genug getan hat, um das zu vermeiden.“
Eine Gesamtimmobilienstrategie gibt es in Regensburg noch nicht. Genauso wenig in Augsburg, wo sich nach Aussagen der Pressestelle die Aktivitäten der Diözese gerade in einem Prozess der Bündelung und Priorisierung befinden, über den in der Öffentlichkeit noch keine Aussagen getroffen werden.
Der rechte Moment zählt
Das Bistum Würzburg hat sich hingegen in seinen beiden Veröffentlichungen „Kategorisierung Immobilien I+II“ bereits öffentlich mit dem Thema Immobilienstrategie auseinandergesetzt . Kern dieser beiden Broschüren ist die Begleitung einer Immobilienkategorisierung im Bistum in den Jahren 2022 und 2023. Dabei geht es um die Frage, welche Gebäude, Bau- und Instandsetzungsmaßnahmen weiterhin durch die Diözese mitfinanziert werden können und in welchem Umfang. „Um die notwendigen Veränderungen aktiv und kreativ umsetzen zu können, dürfen wir den jeweils richtigen Moment nicht verpassen“, betont Generalvikar Dr. Jürgen Vorndran. Die letzte Entscheidung in Bezug auf die zukünftige Verwendung oder eine mögliche Veräußerung bleibt aber auch hier bei den Kirchenstiftungen.
Erprobung in Pilotprojekten
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Das Erzbistum München und Freising hat im Zuge seines Gesamtstrategieprozesses das Projekt „Immobilien und Pastoral“ ins Leben gerufen, das sich mit der Entwicklung einer Immobilienstrategie auf Basis pastoraler Nutzungskonzepte befasst. Ziel ist es, die hohe Baulast zu reduzieren, die von der Erzdiözese und den Kirchenstiftungen vor Ort zu tragen ist. Entscheidungen müssen dabei stets inhaltlich begründet sein: Immobilien sollen erhalten werden, wenn sie für seelsorgliche und andere kirchliche Angebote gebraucht werden. Wenn das nicht der Fall ist, kommt eine Aufgabe von Gebäuden ebenso in Betracht wie eine verstärkte gemeinsame Nutzung, zum Beispiel mit ökumenischen oder kommunalen Partnern.
Sich der Realität stellen
Dieses Vorgehen soll zunächst in einem Pilotprojekt im Dekanat Berchtesgaden erprobt werden. Auf Basis vorab festgelegter, pastoraler Schwerpunkte wird jetzt ein strategisches Immobilienportfolio entwickelt. „Verantwortung für das Dekanat zu übernehmen, heißt, sich der Realität zu stellen und die Dinge aktiv anzupacken, solange noch ausreichend Spielraum besteht“, sagte der Projektleiter und Dekan Monsignore Thomas Frauenlob bei einer Auftaktveranstaltung. Analog zur Haltung aus Regensburg betonte hier der Münchener Generalvikar Christoph Klingan, dass es der Erzdiözese wichtig sei, dass Entscheidungen vor Ort erarbeitet und nicht einfach zentral vorgegeben würden. Die Kirchenverwaltungen seien hier als Entscheidungsträger wesentlich gefragt. Und sollen nicht vor lauter Finanzierungsfragen die eigentliche Zielsetzung kirchlicher Arbeit verlieren, wie er es in Bezug auf die Ausgestaltung der Gesamtstrategie formuliert: „Ich wünsche mir, dass wir die Angebote in allen kirchlichen Handlungsfeldern im Erzbistum noch wirkungsvoller gestalten und die richtigen Schwerpunkte in unserer Arbeit setzen, damit wir, und das bleibt für mich das zentrale Ziel, die Botschaft Jesu Christi für die Menschen erfahrbar machen.“