Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: Januar-Februar 2024

Katholisch in Bayern und der Welt

Unser Boden – Fundament des Lebens

Unser Boden kann nur für eine Sache gleichzeitig verwendet werden: als Acker, als Straße oder als Wald. Es ist unsere Entscheidung. Foto: Corri Seizinger / Adobe stock

Hintergründe und Denkanstöße aus christlicher Perspektive

Aufgrund der unverzichtbaren Leistungen, die intakte und fruchtbare Böden nicht nur für die menschliche Ernährung, sondern für das gesamte Netzwerk der Lebensprozesse erbringen, muss Bodenschutz als ein zentrales Bewährungsfeld zeitgemäßer Schöpfungsverantwortung gelten.

Unser Planet Erde ist endlich. Seine Ressourcen sind begrenzt. Auch der Boden, auf dem wir leben, ist eine endliche Ressource – nicht beliebig und nur langsam vermehrbar. Aktuell gehen jedoch in vielen Regionen der Welt Bevölkerungswachstum sowie ein höherer Nahrungsmittel- und Energiebedarf mit einem Verlust oder einer Verschlechterung von fruchtbaren Böden einher – etwa durch Versalzung, Versteppung und Verwüstung, durch Erosion, Meeresspiegelanstieg und Überschwemmungen, aber auch durch Nähr- und Schadstoffeinträge sowie durch Versiegelung und Bodenverdichtung.

Zugleich kann Boden meist gleichzeitig nur für eine Sache verwendet werden – etwa als Acker, als Straße oder als Wald. Oft mit langfristigen Konsequenzen: Wurde etwa die Humusschicht einmal zerstört, ist sie in menschlichen Zeitdimensionen kaum erneuerbar. So verringert sich jährlich die weltweit landwirtschaftlich nutzbare Fläche um etwa 10 Millionen Hektar und auch in Europa zeigen nach Schätzungen der Europäischen Kommission 60-70 Prozent der Böden Qualitätsverluste.

Das ist deshalb besonders tragisch, weil Böden vielfältige Funktionen für Menschen und Mitgeschöpfe erbringen können:

  • Versorgungsleistungen: Mehr als 90 Prozent der menschlichen Lebensmittel hängen von gesunden Böden ab. Sie sind außerdem Grundlage für einen Teil der Energieversorgung, der Kleidung und einer Vielzahl von Gebrauchsgegenständen.
  • Regulierungsleistungen: Böden sind wichtige Filter für die Grundwasserneubildung und haben ausgleichende Wirkung für das Klima (in Böden ist – ohne Pflanzenbewuchs! – fünfmal mehr CO2 gespeichert als in der Atmosphäre)
  • Lebensstützende Leistungen: Intakte Böden schaffen die Lebensgrundlage für eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen. Mindestens ein Viertel aller bekannten Lebewesen lebt im Boden, verwertet unter anderem alte Biomasse und lässt neuen Humus entstehen. Der Beitrag der Böden für genetische Diversität und die Vielfalt von Ökosystemen ist enorm.
  • Kulturelle Leistungen: Gesunde Böden schaffen Erholungsraum für den Menschen. Sie prägen durch ihre Eigenarten die Flora und Fauna und damit das Aussehen der Landschaft. Außerdem stellen sie eine Art Gedächtnis der Menschheit dar, denn dort finden sich zahlreiche Artefakte der Vergangenheit.

Beim Schutz des Bodens handelt es sich daher um eine ökologische Herausforderung, die mit der Bekämpfung des Klimawandels durchaus vergleichbar ist. Denn für die Überlebensfähigkeit der Menschheit ist der Erhalt des Bodens ein entscheidender Faktor. Insbesondere sind wenig naturnahe Flächen ein zentraler Aspekt für die Bedrohung der Artenvielfalt, durch versiegelte Flächen steigt die Hochwassergefahr und die Grundwasserneubildung wird verunmöglicht, neue Gewerbegebiete gehen oft zu Lasten von Acker- und Weideflächen.

Eine zentrale Ursache für die Verschlechterung der Bodenqualität und die Verringerung der Bodenquantität in Deutschland und weltweit ist die Intensivierung der Landwirtschaft durch den Anbau von Monokulturen, übermäßigen Nitrat- und Phosphateinsatz, das Einbringen von Pestiziden, Bodenverdichtung durch ungeeignete Landmaschinen sowie eine erhebliche Bodenerosion.

Nicht zu vernachlässigen für den Verlust von Böden ist auch unser Lebensstil – unsere Konsumgewohnheiten, unsere Ansprüche an Wohnen, an Infrastruktur usw. Die gesamte Wohnfläche pro Einwohner etwa ist in Bayern von 1990 bis 2022 von 37,4 Quadratmeter auf 48,8 Quadratmeter gestiegen. Ein starker Treiber für die Bodenbelastung ist dabei insbesondere ein übermäßiger Fleischkonsum, der im Vergleich zu pflanzlichen Lebensmitteln ein Vielfaches an Bodenfläche beansprucht.

Biblische Impulse

Die zweite biblische Schöpfungserzählung stellt den Menschen in eine sehr enge Beziehung zur „Schwester, Mutter Erde“ (Papst Franziskus, Laudato si´ 1). Gott formte den adam (wörtlich Erdling), den Menschen, aus der adama (der Erde, dem Ackerboden) (vgl. Gen 2,7). Damit wird klar: Der Mensch ist Teil der Erde beziehungsweise des Ackerbodens, aus dem er gemacht ist. Er ist auf das Engste mit ihm verbunden. Gott setzt den Menschen als Verwalter der göttlichen Schöpfung ein – er soll und darf diese bebauen und behüten.

Für Christen ist Jesus das Modell eines versöhnten Verhältnisses zu Mensch und Natur: sensibel gegenüber allem Leben und den Bedürfnissen der anderen. Eine solche Beziehung führt notwendig zu einer tiefen Ehrfurcht vor dem Leben (Papst Franziskus, Laudato si‘ 207). Verwalter sein in einem christlichen Verständnis setzt also den Glauben daran voraus, in allem Leben und in der ganzen Schöpfung einen Hinweis auf den Schöpfer zu erkennen und führt zu einem Respekt vor der Natur und zu einem Leben in Übereinstimmung mit ihr.

Was wir tun können

Als Christinnen und Christen gibt es viele Ansatzpunkte für unser Handeln, zum Beispiel:

  • Einsatz für die Reduzierung der Neuinanspruchnahme von Flächen: Die großflächige Versiegelung von Flächen zugunsten von Siedlung, Wirtschaft und Verkehr widerspricht mittel- und langfristig dem Gemeinwohl. Hilfreich können hier innovative städtebauliche Entwicklungskonzepte sein wie die Belebung von Leerständen in Ortskernen, die Aufwertung von Bestandsanlagen mit einem höheren Anteil an Grün- und Erholungsflächen, die Renaturierung von Industriebrachen, Verpflichtung zu mehrgeschossigem Parkhausbau bei Supermärkten und ähnliche sowie multifunktionale Nutzungen (etwa Gartenanlagen auf Dächern; Tieferlegen von Hauptstraßen, darüber Parkfläche, PV-Anlagen über Parkflächen) zu ermöglichen.
  • Einsatz für eine nachhaltige Landwirtschaft: Ermöglichung von verschiedenen standortangepassten Formen der Landwirtschaft mit Vorgaben für Boden-, Wasser- und Biodiversitätsschutz, Bindung der Transferzahlung an Landwirte an die Einhaltung bodenverträglicher Anbaumethoden, Vorrang der Nahrungsmittelproduktion vor Futtermittel- oder Energieproduktion.
  • Lebensstilgewohnheiten ändern: Auch die Verbraucher tragen eine wesentliche Mitverantwortung für den Bodenschutz. Zentrale Handlungsmöglichkeiten: verminderter Anspruch an die Wohnfläche pro Person, Verringerung des (motorisierten) Individualverkehrs, verminderter Anspruch an die kurzfristige Erreichbarkeit alle Infrastruktureinrichtungen, Verringerung des Fleischkonsums, Einkauf von fair gehandelten, biologisch und / oder regional erzeugten Nahrungsmitteln und die Bevorzugung saisonaler Produkte, Vermeidung von Lebensmittelabfällen.
  • Kirchliche Flächen nachhaltig nutzen: Entsiegelung und biodiversitätsförderliche Gestaltung von kirchlichen Umgriffsflächen und Friedhöfen in kirchlicher Trägerschaft (Blumenwiesen, heimische Sträucher und Stauden, öffentliche Gemüsebeete, keine Asphaltierung von Laufflächen …), nachhaltige Bewirtschaftung land- und forstwirtschaftlicher Flächen bzw. entsprechende Gestaltung von Pachtverträgen, Nutzung kirchlicher Flächen für Wohnen und Wohnraum.

 Eine erweiterte Version des Textes findet sich hier


Verfasst von:

Sebastian Zink

Umweltbeauftragter der Erzdiözese Bamberg