Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: Januar-Februar 2024

Katholisch in Bayern und der Welt

Was kann ich tun, was können wir tun?

Vereinfacht bedeutet die innere Grenze des Donuts die Bedingungen für menschenwürdiges Leben, die äußere Grenze schützt vor Gefahren für die Existenz der Mitwelt.

Donut-Ökonomie als Richtschnur für nachhaltiges Handeln

Von Passau zur Weltgemeinschaft: Am neu eingerichteten Forschungsschwerpunkt zur ökosozialen Transformation an der Universität Passau untersuchen wir an der Schnittstelle von Gesellschaft, Kirche und Wirtschaft, welche Inspirationen aus den beiden Sozialenzykliken Franziskus‘, also Laudato si‘ und Fratelli tutti, für eine neu gedachte, nachhaltige Weltgemeinschaft gezogen werden können. Es geht dabei weniger um eine detailgetreue Exegese der beiden Texte als vielmehr um die Frage, wo es für mich als Individuum, aber auch als Teil der Gesellschaft weiter zu denken gilt

Während Laudato si‘ 2015 den Fokus auf ökologische Aspekte über den Menschen hinaus legte und dadurch erstmals in einem solchermaßen bedeutenden Kirchendokument „Umwelt als Akteur“ gedacht wurde, legt Fratelli Tutti 2020 ganz zeituntypisch den Schwerpunkt auf das Gemeinwohl. Kurz gefasst könnten beide Enzykliken zusammen also auch unter dem Titel „Wie können wir besser zusammenleben?“ zusammengefasst werden. Das angedachte und anvisierte Ziel ist somit fraglos Nachhaltigkeit - Nachhaltigkeit in ihren drei Dimensionen: ökologisch, sozial und ökonomisch.

Mit der Donut-Ökonomie nach Kate Raworth lässt sich dieses Ansinnen aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive durchdenken. Sie hat ein Modell entwickelt, das nicht mehr dem klassischen „immer mehr“ entspricht, sondern sich an den Grenzen orientiert. Genau wie bei dem namensgebenden Gebäck gibt es eine innere und eine äußere Beschränkung – im „Dazwischen“ spielt sich demnach eine respektvolle und damit zukunftsweisende Wirtschaft ab. Wirtschaft jedoch in diesem Sinne orientiert sich nicht mehr exklusiv an monetärer Wertschöpfung. Viel mehr geht es um eine Art und Weise zu leben, die ein Weiterleben erlaubt – für den Menschen als einzelnen wie auch die Menschheit insgesamt, aber auch für den Lebensraum ganz allgemein. Hierbei ist die innere Grenze des Donuts dem ersten Bereich, also unserer Spezies, gewidmet: Bedingungen, die ein menschenwürdiges Leben verunmöglichen, stellen hier die Mindestanforderungen dar. Beispielsweise Zugang zu sauberem Wasser oder Bildung sind solche Faktoren, aber auch Friede und soziale Gerechtigkeit – also alles Ziele, wie wir sie auch aus den SDGs (Sustainable Development Goals) kennen. Die äußere Begrenzung schützt vor Gefahren für die weitere Existenz der Welt, wie wir sie kennen – also Luft- und Lichtverschmutzung, Verlust von Biodiversität und weiteres.

Diese doppelte Barriere, zwischen der sich laut Donut-Ökonomie Wirtschaft abspielen soll, lässt sich auch ohne weitere Probleme auf den Bereich Immobilien übertragen. An der Kirche liegt es, mit ihrem großen Grundbesitz – sowohl unbebaut als auch mit Liegenschaften – vorbildlich, und im Sinn von Laudato si‘ und Fratelli tutti nachhaltig, umzugehen. Wer aber nun Kirche ist, das ist eine Frage, die vor allem theologisch bewegt. Denn sobald wir ein Kirchenbild inkorporieren, das dem zweiten Vatikanum, aber auch ganz grundsätzlich der Weisung Jesu entspricht, dass da, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind, er mitten unter ihnen ist, können wir nicht mehr nur auf „die Amtskirche“ blicken, sondern müssen auch unser eigenes Handeln reflektieren. Als Eigenheimbesitzer, Bauherren, Investoren oder auch Mieter.

Mit den Worten meiner zwölfjährigen Tochter also: „Mehr Donut(s) für alle!“


Verfasst von:

Julia Blanc

Habilitantin am Lehrstuhl für Theologische Ethik an der Universität Passau