Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: Mai-Juni 2024

Aus dem Landeskomitee

(K)ein Armutszeugnis

Ohne unsere Verbände wäre die Gesellschaft ärmer. Viele Angebote und Hilfeleistungen – vom Frauenhaus über unterschiedlichste Beratungsstellen, die Bahnhofsmissionen oder die Obdachlosenhilfe bis hin zu Freiwilligendiensten und Jugendarbeit – würde es nicht mehr geben. Dazu bezogen die Mitglieder des Landeskomitees Stellung. Foto: Alexandra Hofstätter

Frühjahresvollversammlung des Landeskomitees – Mit Wertschätzung und Prävention gegen Armut“

Als „vorrangige Verpflichtung“ für das Landeskomitee bezeichnete Unterländer „die Bekämpfung der Armut, durch eine tatsächliche soziale Marktwirtschaft und Maßnahmen, die eine Spaltung und ein Auseinanderdriften der Gesellschaft verhindern helfen“.

„Nur mit der Verwirklichung der Demokratie lässt sich die Zukunft auch aus der Sicht der katholischen Laien menschenwürdig gestalten“, sagte der Vorsitzende, Joachim Unterländer. Foto: Alexandra Hofstätter

Das Landeskomitee der Katholiken in Bayern sieht die „Stärkung der Demokratie“ als eine seiner zentralen Aufgaben. Zwar seien die Herausforderungen für die freiheitlich-demokratische Grundordnung gewaltig, „aber nur mit der Verwirklichung der Demokratie lässt sich die Zukunft auch aus der Sicht der katholischen Laien menschenwürdig gestalten“, sagte der Vorsitzende der Laienorganisation, Joachim Unterländer, am Freitag, 19. April 2024, bei der Frühjahrsvollversammlung des Landeskomitees in Beilngries (Landkreis Eichstätt). „Demokratiefeinde haben in der Arbeit des Laienkatholizismus keinen Platz“, bekannte Unterländer und begrüßte, dass sich wie das Landeskomitee auch die bayerischen Bischöfe in diesem Sinne positioniert haben.

Die Mitglieder des Landeskomitees der Katholiken in Bayern widmeten sich auf ihrer Frühjahrsvollversammlung am Freitag und Samstag, 19. und 20. April, im Tagungshaus Schoss Hirschberg im oberbayerischen Beilngries in ihrem Studienteil dem Thema „(K)ein Armutszeugnis. Mit Wertschätzung und Prävention gegen Armut“. Erstmals wurde dazu keine vorab formulierte Stellungnahme vorgelegt und verabschiedet, sondern gemeinsam eine Stellungnahme in sogenannten „Schreibgesprächen“ erarbeitet, die Zusammenstellung und Ausformulierung erfolgt dann erst im Nachgang der Vollversammlung.

Berichte im Interviewformat

Die Berichte des Präsidiums wurden nicht mehr im klassischen Stil vorgetragen. Anton Lang und Marlies Müller aus dem Diözesanrat Eichstätt interviewten das Präsidium zu bestimmten Themen und bezogen das Plenum mit ein. Die stellvertretende Vorsitzende des Landeskomitees, Monika Meier-Pojda, brachte in ihrem Bericht das Thema „Wohnungsnot“ ein und betont: „Wohnraum ist ein Menschenrecht, das nach wie vor nicht eingelöst werden kann.“ Dass immer mehr Menschen keinen für sie bezahlbaren Wohnraum fänden, sei auch eine Gefahr für gesellschaftlichen Zusammenhalt und Demokratie, sagte Meier-Pojda und forderte ein noch stärkeres Engagement der Kirche in diesem Bereich.

„Demokratie braucht Bildung“, ist das Landeskomitee überzeugt – gleichlautend ist die erste Veranstaltung eines neuen Forums überschrieben, das das Landeskomitee in Kooperation mit der Katholischen Akademie in Bayern im September veranstaltet. „Erfreulich klar“ habe Ministerpräsident Markus Söder zum Religionsunterricht entschieden, sagte in diesem Zusammenhang die stellvertretende Vorsitzende des Landeskomitees, Elfriede Schießleder. Dass der Religionsunterricht in vollem Stundenumfang erhalten bleibe, wertet sie als „das klare Bekenntnis zum ‚Mehr‘ als nur der bloßen Wirtschaftstauglichkeit der Schulpflicht“.

Über kirchlichen Reformbedarf sprach der stellvertretende Landeskomitee-Vorsitzende Christian Gärtner und begründete die Notwendigkeit, den Synodalen Weg fortzusetzen. „In der Kirche muss sich etwas ändern, damit unsere Botschaft überhaupt noch ankommt“, ist er überzeugt. Gärtner hob hervor, dass Synodalität auf das ehrenamtliche Engagement der Gläubigen angewiesen sei.

Im ähnlichen Stil fand der Impuls zum Tagungsthema statt. Die geistliche Leiterin vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) Maria-Theresia Kölbl interviewte den Politikwissenschaftler und Armutsforscher Christoph Butterwegge. Ihm zufolge sei die Schere zwischen Arm und Reich durch politische Entscheidungen ausgelöst worden und könne daher nur durch politischen Druck rückgängig gemacht werden, wozu Kirchen, Gewerkschaften und Verbände aufgerufen wären.

Stellungnahme des Landeskomitees zur Zukunft der Verbände 

Im politischen und zivilgesellschaftlichen Bayern kommt den Landesverbänden eine besondere Bedeutung zu. Diese ist jedoch in Gefahr. Daher hat das Landeskomitee eine Stellungnahme verabschiedet, die hier in ihren wichtigen Aspekten zusammengefasst ist.

Gesicht und Stimme

Mehrere Millionen Menschen engagieren sich deutschlandweit haupt- und ehrenamtlich in kirchlichen Verbänden, Einrichtungen und Organisationen. Gemeinsam mit den Räten sind sie es, die der Kirche vor Ort ein Gesicht und in der Öffentlichkeit eine Stimme geben. Die Verbandsarbeit ist neben dem Sozialen und der Bildung einer jener Bereiche, in denen kirchliches Handeln breiten Zuspruch erfährt und als positiv wahrgenommen wird, selbst von Menschen, die der Kirche fernstehen. In katholischen Verbänden wird Demokratie eingeübt und gelebt. Sie sind ein wichtiger Teil der bayerischen Identität, sie prägen die Kultur und das Brauchtum des Landes und sie bieten Menschen Heimat und Orientierung.

Im politischen und zivilgesellschaftlichen Bayern kommt den Landesverbänden eine besondere Bedeutung zu: Sie sind Ansprechpartner und Netzwerker gegenüber der Staatsregierung sowie anderen landesweiten Organisationen und Einrichtungen und sie treten durch ihre Veranstaltungen und Verlautbarungen wirksam in Erscheinung. Ihre Fachkompetenz ist geschätzt und hochangesehen in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft.

Zukunft in Gefahr

Inzwischen ist die Arbeit der Verbände jedoch in Gefahr. Die Verbände und ihre Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen sind von den jüngsten Kirchenaustrittszahlen noch stärker betroffen als die Kirche insgesamt und ihre Einnahmen aus der Kirchensteuer. Inflation und damit steigende Kosten im Verwaltungs- und Betriebsbereich auf der einen sowie „Nullrunden“ seitens der Zuschüsse durch den Überdiözesanen Fonds (ÜDF) Bayern auf der anderen Seite wirken sich wie Kürzungen für die Verbandsarbeit aus.

Ein Abbau der Geschäftsstellen bzw. von hauptamtlichem Personal ist keine Lösung. Erstens sind die Geschäftsstellen der Verbände personell ohnehin am unteren Limit ausgestattet, so dass ein weiterer Stellenabbau die inhaltliche Arbeit oder gar den Bestand gefährden würde. Zweitens braucht Ehrenamt die Unterstützung und Begleitung durch hauptberufliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Eine reine Selbstorganisation von Verbänden auf Landesebene durch Ehrenamtliche ist nicht möglich. Außerdem wären Einsparmaßnahmen am Ehrenamt mit Blick auf die aktuelle Situation der katholischen Kirche das völlig verkehrte Signal nach außen.

Die Landesverbände akquirieren zahlreiche Zuschüsse und Komplementärmittel aus dem öffentlichen, wirtschaftlichen und politischen Bereich. Wenn die Eigenmittel fehlen, dann können diese Mittel nicht mehr abgerufen werden.

Strategie statt Nullrunde

Wir fordern die bayerischen Bischöfe daher auf, gemeinsam mit den Verbänden Strategien zu entwickeln, die die Arbeit der Landesverbände dauerhaft sichern können. Pauschale Nullrunden werden nicht mehr länger funktionieren. Gerade kleinere Verbände werden dadurch ungleich belastet, was bis zur Geschäftsunfähigkeit führt. Es braucht langfristige Festlegungen und Maßnahmen – jetzt.

Zudem braucht es eine Lösung, wie tarifliche Personalkostensteigerungen aufgefangen werden können. Viele Verbände können die Mittel für die tariflichen Steigerungen nicht aus eigener Kraft erwirtschaften. Dass das Personal der Verbände anderen Angestellten im kirchlichen Dienst gleichgestellt und nach ABD gleichermaßen bezahlt werden muss, steht außer Frage.

Kirchliche Verbände, Einrichtungen und Organisationen haben einen hohen Wert für unsere Kirche und unsere Gesellschaft. Sie sind ein wichtiger Teil der bayerischen Identität und leisten einen wertvollen Beitrag für unser Gemeinwohl. Wir möchten Teil der Lösung sein und sind bereit, uns aktiv und gestalterisch in den Diskussionsprozess einzubringen. (glx, bra)

Mehr unter www.landeskomitee.de

 


Verfasst von:

Gemeinde Creativ

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