Ausgabe: Juli-August 2024
Aus dem LandeskomiteeGemeinsam weiterkommen

Zwei Werkstattgespräche zum Thema „Friedensethik“ und „Kirchliche Grundordnung“
Zwei Werkstattgespräche des Landeskomitees der Katholiken in Bayern beschäftigten sich mit den Themen „Friedensethik“ sowie mit der „Grundordnung im Werden“. Die Besucherzahlen derer, die sich digital zugeschalten hatten, übertrafen die Erwartungen.
Am 30. April 2024 fand im Rahmen der Reihe „Wege zum Frieden“ das dritte Werkstattgespräch via Zoom statt. Während sich die vorausgegangenen Werkstattgespräche im November 2022 mit den unterschiedlichen Wegen zum Frieden und im Februar 2023 mit den Profiteuren des Krieges befasst hatten, setzte sich das dritte Werkstattgespräch mit der „Friedensethik“ auseinander.
Die Arbeitsgruppe hatte für die Veranstaltung drei Referenten für die Impulsreferate eingeladen:
- Markus Vogt, Lehrstuhl für Christliche Sozialethik an der Ludwig-Maximilians-Universität München, berufenes Mitglied im Landeskomitee
- Dr. Sven Bernhard Gareis, Direktor bei der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg und dort Leiter der Fakultät Politik, Strategie, Gesellschaftswissenschaft
- Marco Schrage, nach vier Jahren als wissenschaftlicher Projektleiter am Institut für Theologie und Frieden Hamburg seit September 2022 Beamter der Kurie des Heiligen Stuhls in Rom
Es ging um die Frage: Hat sich durch den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 und die damit verbundene militärische Verteidigung durch die Ukraine in der Lehre der christlichen Friedensethik, in der Lehre vom gerechten Frieden etwas geändert?
Während Gareis davon ausging, dass Russland den Krieg nicht gewinnen dürfe, sprachen Schrage und Vogt nicht von Siegern und Besiegten, sondern setzten auf das Ergebnis von Verhandlungen.
Strategisches Umdenken
Gareis sah in der vom Bundeskanzler ausgerufenen „Zeitenwende“ die Notwendigkeit eines strategischen Umdenkens. Auf internationaler Ebene werde Deutschland um eine aktivere Rolle als Lieferant von Leistungen zu Sicherheit und Stabilität nicht umhinkommen. Dies schließe unter anderem den Bereich militärischer Fähigkeiten ein. Auch das Wort von einer kriegstüchtig werdenden Bundeswehr erschien ihm als ein wichtiger Debattenbeitrag in einer Situation, in der sehr konkrete Gefahren nicht mehr verdrängt oder mit beschönigenden Formulierungen kleingeredet werden könnten.
Ebenfalls hielt Schrage die Unterstützung der Ukraine mit Waffen unter Abwägung aller ethisch erforderlichen Bedingungen für geboten. Zu Beginn des Krieges seien Verhandlungen mit Russland noch möglich gewesen, diese Chance wurde allerdings nicht wahrgenommen. Eine Verhandlungslösung sei auch jetzt nicht prinzipiell ausgeschlossen, diese werde allerdings nicht aus Vertrauen hervorgehen können, sondern vor allem aus offensichtlicher Aussichts- und Alternativlosigkeit für beide Kriegsparteien.
Vogt sprach von einer konfliktfähigen christlichen Friedensethik. Das bedeute im Fall der Ukraine, diese nicht dem Aggressor auszuliefern, sondern bei der militärischen Verteidigung beizustehen, nicht um Russland zu besiegen, sondern diese so zu Verhandlungen zu zwingen. Er bezog sich dabei auf das Friedenswort der deutschen Bischöfe „Frieden diesem Haus“. Er räumte jedoch ein, dass bei erfolgreichen Friedensverhandlungen die Ukraine die Krim und Teile des Donbass an Russland verlieren könnte.
Bei den Wortmeldungen in der Plenumsdiskussion widersprachen Vertreter von pax christi den drei Referenten. Nur ein pazifistisch christlich orientierter, gewaltfreier Widerstand sei erfolgreich, wonach nur Verhandlungen und nicht der weitere Einsatz von Waffen, wenn auch nur zur Verteidigung, zum Waffenstillstand und zu einem dauerhaften Frieden führen würden.
Eine Fortsetzung dieser Gesprächsreihe „Wege zum Frieden“ ist geplant.
Umsetzung der kirchlichen Grundordnung
Am 14. Mai 2024 fand – veranlasst durch die Arbeit des Sachausschusses des Landeskomitees „Arbeit – Wirtschaft – Gesellschaft“ ein Werkstattgespräch zum Thema „Grundordnung im Werden“ statt. Die Referierenden waren:
- Luisa Fischer, Soziologin und Dozentin, TPI - Theologisch-Pastorales Institut Mainz
- Gabriel Lenz, Theologe, Referent für caritative Fragen im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz
Der Vorsitzende des Landeskomitees, Joachim Unterländer, betonte bei seiner Einführung die schwierige Entstehungsgeschichte der neuen kirchlichen Grundordnung (GO) und die Rechte der Beschäftigten einschließlich der Mitarbeitervertretung sowie die Fort- und Weiterbildung. Der Erfolg der GO werde nun dadurch sichtbar, wie sie tatsächlich umgesetzt werde.
Der Vorsitzende des Sachausschusses, Peter Ziegler, berichtete aus der Arbeit des Sachausschusses, welcher sich lange mit der GO beschäftigt habe. Er erwähnte, dass die Verantwortung des Dienstnehmers, die Kirche gut zu repräsentieren, auch von Verbänden thematisiert wurde. Ein fundamentaler Wandel sei eingetreten: Institutionen, Einrichtungen und Organisationen müssten nun nachweisen, dass sie einem katholischen Profil entsprächen, nicht der einzelne Dienstnehmer stünde in der Pflicht. Zuerst habe man über eine Handreichung nachgedacht, sich dann aber für einen Impulsgeber entschieden. Der Titel „Grundordnung im Werden“ bedeute, die GrO mit Leben zu füllen, sie sei nicht nur ein zu unterzeichnendes Papier, sondern ein Anspruch, den eigenen Kriterien gerecht zu werden.
Es handle sich um einen Einblick in zwei Werkstätten mit anschließenden Gesprächen und gemeinsamen Überlegungen.
Luisa Fischer stellte das Theologisch-Pastorale Institut Mainz (TPI) vor als ein Fortbildungsinstitut, das überdiözesane Fortbildungen für pastorale Mitarbeitende in den Bistümern Fulda, Limburg, Mainz und Trier anbiete. Das TPI sei beauftragt worden, ein Projekt zur Umsetzung der GO durchzuführen. Unter dem Titel „Katholische Kirche – eine moderne Arbeitgeberin?!“ sei ein Fortbildungsangebot entwickelt worden. Dieses beinhalte Schulungen für alle Mitarbeitenden, um die GO bekannt zu machen.
Die Struktur des Projekts umfasse Veranstaltungen für Führungskräfte, den Launch einer Homepage als Angebot für Mitarbeitende sowie Gesprächsrunden und individualisierte Prozesse. Fischer betonte, dass es sich um einen fortlaufenden Prozess handele, der die katholische Identität in Einrichtungen prägen solle. Ein Kernelement sei ein digitales Angebot auf einer öffentlichen Homepage mit Bildanimationen und Möglichkeiten zur Selbstpositionierung. Dies solle den Dialog fördern. Fischer nannte zentrale Aussagen wie „Wir haben einen Auftrag“, „Wir machen Glaube vielfältig erlebbar“ und „Meine private Lebensführung ist und bleibt meine Sache“.
Institutionsorientierter Ansatz
Gabriel Lenz, Theologe und Referent für caritative Fragen im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, berichtete von einem laufenden Prozess der Identitäts- und Leitbildentwicklung. Er erwähnte die Arbeitsgruppe der DBK und den Verband der Diözesen Deutschlands (VDD). Im November 2022 sei beschlossen worden, statt eines personenbezogenen Ansatzes einen institutionsorientierten Ansatz zu verfolgen.
Es gebe Nachholbedarf bei der Identitäts- und Profilentwicklung in verfasstkirchlichen Einrichtungen. Lenz erläuterte die Herausforderungen wie Zeitdruck, Sorgfalt und Verbindlichkeit. Ein vorläufiges Inhaltsverzeichnis umfasse grundlegende Überlegungen, einen Werkzeugkasten und Best-Practice-Beispiele. Die Veröffentlichung sei Anfang 2025 geplant.
Ziel sei es, die Mitarbeitenden in die Entwicklung der Einrichtung einzubeziehen und sprachsensibel zu werden.
Mehr unter www.landeskomitee.de