Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: September-Oktober 2024

Schwerpunkt

Dem Populismus entgegenwirken

Eine Zukunft, die Frieden, Sicherheit und Arbeitsplätze bietet, braucht eine starke Wirtschaft und attraktive Standorte, wie hier bei der internationalen Automobil-Ausstellung 2021 in München demonstriert wird. Foto: Fottoo / Adobe stock

Für ein weltoffenes, vielfältiges und tolerantes Miteinander

Wir wurden in den vergangenen Jahren mit neuen Herausforderungen konfrontiert: eine Pandemie mit nie dagewesenen Einschränkungen des (öffentlichen) Lebens, ein völkerrechtswidriger Krieg Russlands gegen die Ukraine mit massiven Folgen für Europa und die Welt, der Terrorangriff der Hamas gegen Israel und die Folgen für die Menschen in der Region sowie eine umfassende Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft. Es scheint, dass kein Stein auf dem anderen bleibt, vieles verändert sich. Menschen werden verunsichert, viele suchen nach Antworten auf komplexe Fragen.

Wir leben in schwierigen Zeiten. Es sind Zeiten, in denen auch die Demokratie in Gefahr gerät. Populisten und Extremisten versuchen auf immer aggressivere Art und Weise, die Zukunftsängste der Menschen für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Wir müssen dieser Entwicklung entschlossen entgegentreten. Hass, Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit haben in unserer Gesellschaft genauso wenig einen Platz wie mangelnder Respekt und die Akzeptanz unserer Werte- und Rechtsordnung. Die deutsche Automobilindustrie wie auch viele andere Wirtschaftsbereiche in Deutschland setzen sich dafür ein, dass die Pfeiler von Weltoffenheit, Toleranz, von positiver Neugier geleitetem Austausch und Diversität nicht ins Wanken geraten. Wir stärken die Werte, die auch Sie in den Pfarrgemeinden den Menschen nahebringen.

Die deutsche Wirtschaft geht voran

Die deutsche Wirtschaft ist aktiv, dies hat unter anderem eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) gezeigt. Sie kommt zu dem Ergebnis: Die Mehrheit der Unternehmen hat sich gegen die AfD positioniert – 54,2 Prozent innerhalb des Betriebs, 47,3 Prozent auch in der Öffentlichkeit. Dass sich die Wirtschaft klar positioniert, ist wichtig – und zwar gegen alle Formen des Extremismus und des Populismus. Es muss darum gehen, dass die demokratische Mitte in unserem Land gestärkt wird. Wir müssen die Menschen in ihrem Alltag unterstützen, sie zum Austausch anregen.

Wie uns das am besten gelingen kann? Ich bin überzeugt: Indem wir Populisten und Extremisten inhaltlich stellen. Wir müssen anhand von Zahlen, Daten und Fakten offenlegen, dass ihre Lösungsansätze und ihre Politik unser demokratisches und unser wirtschaftliches Fundament bedrohen. Damit werden Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze ernsthaft in Gefahr gebracht. Es ist von zentraler Bedeutung, dass wir alle – damit meine ich die deutsche Wirtschaft, aber genauso auch alle anderen demokratischen Kräfte – den Bestrebungen der Populisten und Extremisten von Rechts- und Linksaußen entgegenwirken. Wir als deutsche Wirtschaft wollen dem Vorbildcharakter, den wir gerade auch für viele Beschäftigte in den Betrieben haben, gerecht werden.

Brauchen einen wettbewerbsfähigen Standort

Die Unternehmen sind fest verankert in vielen Regionen und sind dort wichtige gesellschaftliche Akteure, mit denen die Menschen sich identifizieren. Wir wollen, dass das so bleibt. Aufgrund der herausragenden Relevanz der Unternehmen der deutschen Wirtschaft setzen wir uns daher auch mit Nachdruck dafür ein, dass der Standort Deutschland endlich wieder international wettbewerbsfähig wird – ein weiteres wirksames Mittel, um Unsicherheiten zu reduzieren. Wir brauchen geringere Steuern und Abgaben, niedrigere Energiekosten und weniger Bürokratie, damit die Unternehmen weiterhin aus ihren Heimatregionen heraus erfolgreich sein können. Auch beim Thema Fachkräftegewinnung müssen wir noch attraktiver werden. Mit erstarkenden Populisten und Extremisten, die Abschottung wollen, wird das ganz sicher nicht gelingen. Wir müssen zeigen, dass das keine Lösung ist und schon gar kein Weg in eine Zukunft, die Frieden, Sicherheit und Arbeitsplätze verspricht. Wir müssen das zu jeder Zeit und bei jeder Gelegenheit, bei jeder Debatte, immer wieder verdeutlichen.

Das vor allem im Kontext der Wahl des EU-Parlaments am häufigsten diskutierte Beispiel ist die Überlegung der AfD, dass Deutschland aus der EU austreten sollte. Dieser sogenannte „Dexit“ würde laut einer weiteren Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft nicht nur etwa 690 Milliarden Euro an Wertschöpfung kosten, sondern auch Millionen Arbeitsplätze in Deutschland vernichten. Das wäre ein verheerender Schlag für unser Land – und einer, der vor allem die Menschen mit kleinerem und mittlerem Einkommen treffen würde. Das zeigt: Die AfD ist keine Partei für die „kleinen Leute“, wie sie von sich selbst immer wieder gerne behauptet.

Dieses Beispiel illustriert eindrücklich die inhaltliche Entlarvung aktueller populistischer und extremistischer Forderungen. Denn diejenigen, die sie propagieren, ignorieren damit eine für unsere Zukunft ganz zentrale Erkenntnis: Wenn Deutschland weiter Wachstum und Wohlstand generieren und geopolitisch relevant bleiben will, geht das nur in Zusammenarbeit mit anderen Ländern. Wir brauchen daher die Zusammenarbeit, die Verbundenheit. Bündnisse, Handelsabkommen, mehr globale Vernetzung – darauf basiert unsere Zukunft. Und ganz sicher nicht auf Isolation. Wir müssen auch weiter auf die Europäische Union setzen und sie weiterentwickeln. Dazu müssen wir neue zuverlässige Partner finden, mit denen wir zusammenarbeiten können.

Wir dürfen die inhaltliche Konfrontation mit Populisten nicht scheuen. Im Gegenteil: Wir müssen offensiv in die inhaltliche Auseinandersetzung einsteigen. Gleichzeitig müssen die demokratischen Parteien dieses Landes es schaffen, für eine Politik zu stehen, die Sicherheit ausstrahlt, die die Sorgen, Ängste und auch die berechtigte Kritik der Menschen ernstnimmt. Es muss darum gehen, Probleme endlich anzugehen und den Menschen in unserem Land das Vertrauen zu geben, dass es einen Plan für die Zukunft unseres Landes gibt.   

Positive Geschichten erzählen

Um positive Zeichen zu setzen, sollten wir auch viel mehr zeigen, was wir können. Wir können viele positive Geschichten erzählen, so wie die der deutschen Automobilindustrie. Unsere Mitgliedsunternehmen investieren hohe Summen – bis 2028 sind es weltweit etwa 280 Milliarden Euro, die die Unternehmen in Forschung und Entwicklung investieren. Mehr als jeder dritte Euro, den Unternehmen in Deutschland für Forschung und Entwicklung aufbringen, stammt aus der Automobilindustrie. Knapp ein Drittel aller Beschäftigten der Forschungsbereiche in der deutschen Wirtschaft ist in der Automobilindustrie tätig. Die Automobilindustrie erwirtschaftet mehr als 500 Milliarden Euro Umsatz im Jahr und trägt damit knapp ein Fünftel zur Bruttowertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe bei. Die Unternehmen stehen für Fortschritt, Innovation und arbeiten mit hohem Engagement an einer klimaneutralen Mobilität der Zukunft.

Dazu kommt: Allein in den Unternehmen der deutschen Automobilindustrie sind circa 780.000 Menschen beschäftigt. Wir leben jeden Tag in unseren Unternehmen Weltoffenheit, Toleranz und Vielfalt. Diese Werte sind Teil unserer DNA als international agierende Unternehmen – und darüber hinaus von elementarer Bedeutung für unser Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell. Sie ermöglichen unseren Erfolg. Einen Erfolg, den wir in einem weltoffenen Deutschland fortschreiben wollen.

Als Wirtschaft können wir viele Leute erreichen, wir können viel bewegen. Unterschätzen Sie aber auch nicht den Unterschied, den Sie in den Pfarrgemeinden machen können. Ganz gleich, ob Sie im Haupt- oder Ehrenamt aktiv sind: Sie kommen mit vielen Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch und müssen diese Chancen nutzen. Setzen Sie sich für die Demokratie ein und dafür, dass unsere Gesellschaft nicht auseinanderdividiert wird. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten – es ist unser Land. 


Verfasst von:

Hildegard Müller

Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA)