Ausgabe: September-Oktober 2024
MeditationGleichnis von den anvertrauten Talenten
(Mt. 25, 14 – 30 / Lk. 19, 11 – 27)
Sie kennen die Stelle im Neuen Testament sicherlich. Ein Mann geht auf Reisen und vertraut seinen Verwaltern, je nach deren Fähigkeiten, sein Vermögen (Talente) an. Der, der viel bekommt, wirtschaftet damit und gewinnt weitere „Talente“ hinzu, ebenso der, der nicht ganz so viel bekommt, aber immerhin etwas. Derjenige, der nur ein Talent bekommt, ist ängstlich und verzagt, vergräbt das ihm anvertraute Talent und gibt es dann, nach Rückkehr des Herrn, an ihn zurück.
Die ersten beiden werden für ihr unternehmerisches Handeln, ihr gutes Wirtschaften und ihren Einsatz gut belohnt. Der, der Angst hat und das ihm Anvertraute vergräbt, wird dafür ausgeschimpft und ihm wird es weggenommen.
Als Kind habe ich natürlich gehört, dass es um Talente, Fähigkeiten und Begabungen geht. Als Kind hat man ja nicht so sehr viel Bezug zum Geld. Aber egal, ob ich es eher materiell oder ideell lese – es hat mich als Kind schon „gewurmt“ und heute tut es das immer noch.
Natürlich weiß ich, wie wahr dieses Gleichnis auch heute noch ist: Wer etwas hat, kann es einsetzen, es kann Frucht bringen, Zinsen abwerfen – ich habe etwas, womit ich tätig werden kann. Ich habe eine Grundlage, die mich mutig genug macht, ins Risiko des Lebens zu gehen. So stimmt es auch heute noch.
Aber ich habe tiefes Mitgefühl mit den Armen, den Verzagten, die nichts haben, oder nur ganz wenig, mit dem sie arbeiten können, das sie einsetzen können. So wenig, dass sie sich immer weniger zutrauen. Denn auch heute noch gelten die mehr, die sich etwas zutrauen, die sich einbringen, die etwas riskieren und deshalb etwas gewinnen können. Aber wer hat denn bestimmt, dass sie arm sind? Wer hat ihnen denn die Talente nicht zugemutet? – oder schon vorher: Wer hat ihnen denn den Mut nicht gegeben, so dass sie früher schon aufgefallen wären, dass sie sich schon früh im Leben etwas zutrauen hätten können? Wo waren denn in ihrem Leben die ermutigenden Stimmen, der Trost, die liebevolle und zutrauende Begleitung, dass sie solche Leistungen vollbringen könnten?
Ein guter Ausgang
Vielleicht sogar schon hoffnungslos? Wo gibt es die ausgleichende Gerechtigkeit, dass auch die Kleinen und Mutlosen etwas schaffen können?
Ich hätte gerne, dass diese Geschichte ein Ende hat wie die Märchen – dass diese Geschichte gut ausgeht.
Vielleicht so: Der Herr kommt nach Hause und sieht, wie die Verwalter gearbeitet haben. Er belohnt sie. Und zum Verzagten sagt er: Du hast dich nicht getraut. Was hätte ich tun können, dass du mutiger geworden wärest – dass du nicht Angst vor mir hättest? Was brauchst du, um dir mehr zutrauen zu können? Dann probieren wir es gleich nochmal, denn ich bin sicher: mit ein klein wenig Hilfe – und meinem Zutrauen – schaffst auch du es.
Oder: Der Verzagte gräbt das ihm anvertraute Talent aus – und – wie im Märchen, findet er dabei einen wertvollen Schatz, den nur er allein hat finden können, weil nur er dort gegraben hat.
Was hat Jesus sich mit dieser Geschichte gedacht? Klar: Traut euch was, dann gewinnt ihr! Ich habe dir etwas in die Hand gegeben – traue dir etwas zu.
Menschen ermutigen
Aber es gibt sie, diese Verzagten: die arbeitslosen Frauen und Männer; die Menschen mit Einschränkungen; die Strafentlassenen; die aus ihrem Land fliehen müssen; die vom Glück und Schicksal benachteiligt sind. Sie brauchen die Ermutigung Gottes – und unsere. Jede und jeder hat Begabungen, Schätze, Talente.
Ich möchte diese Menschen ermutigen, dass sie diese Talente in sich finden und heben, und sich dann, mit unserer Unterstützung, trauen, diese wirksam werden zu lassen. – Machen Sie auch mit?