Ausgabe: November-Dezember 2024
SchwerpunktGeschlechtergerechtigkeit in der Kirche?
Eine satirische Antwort auf eine ernstgemeinte Frage
Da bei dem Thema die Gefahr besteht, schnell emotional zu werden, hat die Autorin einen fiktiven Brief formuliert. Diesen legt sie einem der zahlreichen „Frauenexperten“ der katholischen Kirche, dem Nuntius „Ecclesius Kapiertsnie“, in den Mund. Darin kommen gar nicht so unübliche Argumente gegen Geschlechtergerechtigkeit zur Sprache.
SATIRE
Es schreibt der Nuntius:
Ehrwürdige Schwester Susanne Schneider,
hiermit bestätige ich ihnen den Erhalt Ihrer Anfrage, ob die katholische Kirche geschlechtergerecht sei, die sie an den Heiligen Vater, Papst Franziskus, gerichtet haben.
Die Anfrage ist aufmerksam zu Kenntnis genommen worden. Es hat einen großen Wert, wenn die Tugend der Gerechtigkeit, die ja bekanntlich zu den vier „Kardinaltugenden“ zählt, in Ihrem Denken einen großen Platz einnimmt, denn Jesu sagt in Lk 18,7+8a: „Sollte Gott seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, nicht zu ihrem Recht verhelfen, sondern zögern? Ich sage euch: er wird ihnen unverzüglich ihr Recht verschaffen.“
Allerdings muss eingewendet werden, dass das Wort „Geschlechtergerechtigkeit“ kein biblisches Wort ist. Es wird erst seit den 1970er Jahren in Deutschland verwendet und wurde zunächst fast ausschließlich auf die Sprache bezogen.
Heute meint Geschlechtergerechtigkeit allgemein die Gewährleistung von Fairness und Gerechtigkeit bei der Verteilung von Macht, Dienst, Nutzen und Verantwortung zwischen Frauen und Männern. So ist Geschlechtergerechtigkeit zu einem wichtigen Wert der gegenwärtigen Zeit geworden.
Das Wort wird an prominenter Stelle im Zusammenhang mit den SDGs (Sustainable Development Goals) der Vereinten Nationen genannt. Das 5. Ziel der Agenda 2030 lautet: „Geschlechtergerechtigkeit und Selbstbestimmung für alle Frauen und Mädchen erreichen“. Hier wird jedoch in einem Atemzug von „Geschlechtergerechtigkeit und Selbstbestimmung“ (von Frauen!) gesprochen.
Die Kirche muss dieser Verwechslung aufs heftigste widersprechen: In unermüdlicher Geduld und gegen jede Verzerrung der geoffenbarten Lehre hält die Kirche daran fest, dass Männer und Frauen in Bezug auf Rechte, Leistungen, Verpflichtungen und Chancen als gleichwertig angesehen werden, dies jedoch eine unterschiedliche Behandlung entsprechend ihrer Natur einschließen muss.
Hier an dieser Stelle verzichte ich auf eine ausführliche Darlegung, Erklärung und Begründung der geoffenbarten Lehre und möchte nur Can. 208 in Erinnerung rufen: „Unter allen Gläubigen besteht, und zwar aufgrund ihrer Wiedergeburt in Christus, eine wahre Gleichheit in ihrer Würde und Tätigkeit, kraft der alle je nach ihrer eigenen Stellung und Aufgabe am Aufbau des Leibes Christi mitwirken“. Die Kirche hat diese besondere Stellung und Aufgabe „der Frau“ bekanntlich geklärt und festgeschrieben.
Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang einen kleinen Exkurs, der deutlich machen kann, wie die Position der katholischen Kirche zu verstehen ist: Wie es seinem Amt als Lehrer der Kirche entspricht, hat ein Kardinal in einem Interview die Weihe von Frauen als sakramental unmöglich bezeichnet. Möglicherweise bezog er sich dabei auf ein von der Benediktinerin Sr. Philippa Rath OSB herausgegebenes Buch, in dem 150 Frauen, unter anderem auch Mitglieder der „OrdensFrauen für MenschenWürde“ zu Wort kommen und von ihrer Berufung als von Gott erwählte Diakonin oder Priesterin erzählen. Der Kardinal stellt klar: „Frauen können nicht zu diesem Amt berufen sein. Das muss ein Irrtum sein".
Abschließend bitte ich Sie, für uns, die von Jesus Christus, dem obersten Hirten, bestellten Hirten und Oberhirten zu beten.
Nuntius
Ecclesius Kapiertsnie
Verfasst von:
Sr. Susanne Schneider
Missionarin Christi und Sprecherin der OrdensFrauen für MenschenWürde