Ausgabe: November-Dezember 2024
Katholisch in Bayern und der WeltLichtblick für benachteiligte Kinder
Johanna Hofmeir gründete in einer katholischen Pfarrei eine Anlaufstelle für offensichtlich vernachlässigte Kinder und Jugendliche, die täglich auf dem Kirchengelände spielten. In den umliegenden Einrichtungen fehlten die Ressourcen, um besonders fürsorgebedürftige und im Sozialverhalten auffällige Kinder zu betreuen. Daraus entstand die Idee, eine Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche einzurichten, die durch das bestehende soziale Netz rutschen.
Heute steht die Einrichtung Lichtblick in der Trägerschaft der Katholischen Jugendfürsorge und wir betreuen 200 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 5 Monaten und 25 Jahren. 120 Erwachsene nutzen die Angebote unseres angegliederten Familienzentrums.
Vom Kindergarten zum Berufsleben
Wir verstehen uns als verlässliche, lebensbegleitende Institution. Unser Programm beginnt mit Mutter-Kind-Gruppen und einem Kindergarten, wir begleiten die Schülerinnen und Schüler durch die gesamte Schulzeit bis zum Schulabschluss, helfen den Jugendlichen in eine Ausbildung und stehen ihnen stützend zur Seite, bis sie sicher im Berufsleben angekommen sind. Die Eltern erhalten Hilfe bei der Bewältigung eines schwierigen Alltags, bei der Sicherung ihrer Existenz und verlässliche Begleitung in Krisen.
Erschwerte Umstände
Kinder, die in belasteten Familien aufwachsen, haben es schwerer, sich Bildung anzueignen. Häufig erleben sie andauernde Stresssituationen, durch die sie bei normaler Intelligenz in der Entwicklung ihrer Denk- und Lernfähigkeit gebremst werden. Die Eltern haben oft selbst nur ein niedriges Bildungsniveau und sind weniger in der Lage, ihre Kinder altersgemäß zu fördern und im schulischen Bereich zu unterstützen. Ständige finanzielle Sorgen, beengter Wohnraum, eine Ernährung, die überwiegend aus Billigprodukten besteht, und verschleißende Tätigkeiten im Niedrigverdienstbereich führen schon in jungen Jahren zu Erschöpfung, psychischen Auffälligkeiten und chronischen Erkrankungen. Ältere Kinder aus solchen Familien müssen sich häufig um kranke Eltern und um die jüngeren Geschwister kümmern sowie Geld für das Haushaltseinkommen beitragen. Eine Folge davon ist, dass die Voraussetzungen für konzentriertes schulisches Lernen fehlen und die Bewältigung von Anforderungen sowie die Entwicklung von Perspektiven erheblich erschwert werden. Wenn soziale und schulische Hilfen greifen sollen, müssen der Zusammenhang von belastenden Lebensumständen und Bildungsbenachteiligung umfassend berücksichtigt und Bildungskonzepte entsprechend angepasst werden – das ist unsere Herausforderung.
Schulische und berufliche Integration der Kinder
Wir haben ein zielgruppenspezifisches Konzept entwickelt, das auf einen frühen Beginn, eine langjährige Verweildauer (vom Kleinkind bis zum Berufseinstieg) und eine umfassende Zuständigkeit setzt. Dazu gehört eine vitaminreiche Ernährung, die Ausstattung mit Schulmaterial und witterungsangepasster Kleidung. Bei Bedarf leiten wir medizinische und therapeutische Hilfen ein. Wir unterstützen die Kinder beim Aufbau einer altersgemäßen Denk- und Lernfähigkeit, bieten eine tägliche schulische Förderung, sowie ein intensives lebenspraktisches und soziales Training mit dem Schwerpunkt Berufsfähigkeit. Die Eltern werden darin unterstützt, ihren Kindern trotz schwieriger Rahmenbedingungen ein möglichst stabiles Zuhause zu bieten.
So ist es uns bereits gelungen, zahlreiche Kinder aus Familien, in denen die Eltern nicht sicher lesen und schreiben können, zu mittleren Bildungsabschlüssen und zunehmend auch zum Fachabitur und Studium zu führen! Eine Auswertung der Schulabgänger aus den Jahren 2015 bis 2023 hat ergeben, dass 63 Prozent der jungen Menschen inzwischen ihre Ausbildung abgeschlossen haben und in ihrem Beruf arbeiten. 27 Prozent befinden sich aktuell in einer Ausbildung, weitere 9 Prozent (Jugendliche, die unter großem Druck stehen, Geld für die Familie zu verdienen) haben als Ungelernte feste Arbeitsstellen. Wir sind sehr stolz darauf, dass unsere Absolventen zufriedene junge Menschen sind, die ein eigenverantwortliches Leben führen und gesellschaftlich beitragen können.
Beitrag der Pfarrgemeinden
Was ich mir wünsche, ist mehr Sensibilität im Umgang mit sozial- und bildungsbenachteiligten Menschen. Häufig wird ihnen unterstellt, sie wären weniger intelligent und lernwillig oder würden sich auf sozialen Leistungen ausruhen. Tatsächlich brauchen sie Unterstützungsangebote, die sie nicht beschämen oder überfordern. Deshalb ist es wichtig, Aufklärung zu leisten und in der Gemeinde den Blick für Notlagen zu schärfen. Entsprechend können Hilfen in der Pfarrei entwickelt oder die Betroffenen an Fachstellen weitergeleitet, bei Bedarf begleitet werden. Nicht zuletzt brauchen diese Menschen unsere Achtung und das Gefühl von Zugehörigkeit, unabhängig von Status und Bildungsniveau.