Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: November-Dezember 2024

Kolumne

Wuseln, Werkeln, Wienern

Grafik: ALLVISIONN / Adobe stock

Es allen recht machen wollen, ist das gerecht?

Es jedem recht machen. Da wird sich abgewürgt, gemacht und getan. Ist das sinnvoll und gerecht – sich selbst gegenüber? Noch zwei Salate vorbereiten und einen Zwetschgenkuchen backen. Das Herbstfest in der Gemeinde lässt grüßen! Deshalb kann das Gartengießen für den Nachbarn heute erst später vonstattengehen. Das wiederum schmälert die Zeit, um das Abschiedsgeschenk für den Kollegen zu besorgen. Tja, wird heute nix mehr mit Letzterem.

In solcher Weise robben wir auf dem Zahnfleisch von einem Tag in den nächsten hinein. Gefühlt hinken wir immer hinterher. Eigene Belange? Dafür bleibt kaum Zeit. Kein Wunder, wenn wir morgens mürrisch unter der Bettdecke hervorlugen. Wen erstaunt es, wenn die eigene Erledigungsliste überquillt, die Seele nicht baumeln darf? Ständig ist man am Gedankenstapeln, Umsortieren, Verbiegen. Um innerlich dann doch unter dieser Dauerlast zusammenzubrechen. Nach außen heißt es selbstverständlich die starke Fassade bewahren und zu unserem Wort stehen, ist ja klar! Noch ganz in diesen Gedanken gefangen genommen, ertönt ein schrilles Geräusch. War das im Kopf oder an der Tür gewesen? Das wird doch nicht… Natürlich, wie könnte es anders sein, es ist die Bekannte, deren Katze wir heute hüten wollten. Jetzt müssen wir es auch tun. Eigentlich war das erst für ab neun verabredet, aber da beißt die Maus beziehungsweise der Stubentiger jetzt keinen Faden mehr ab. Wir öffnen, lächeln – und schnauben innerlich. Zerknirscht, zerknittert und zwiegespalten – wer will sich schon so fühlen?

Solch ein Daseinszustand hat schließlich noch zur Folge, dass wir die zwei Salate und den Kuchen eher halbherzig abliefern, das Gießwasser beim Nachbarn lieblos auf die Pflanzen pflatschen lassen und es uns fast einerlei ist, was für ein Abschiedsgeschenk der Kollege nun bekommt. Wer es allen recht machen will, kommt selbst zu kurz. Das ist unschwer zu erkennen. Aber das wirklich Fatale ist, dass alle anderen mitleiden: die Initiatoren vom Herbstfest, der Nachbar nebst Garten, der scheidende Kollege. Einzig der Stubentiger war wohl glückselig, doch auch er hat unser Leid nicht verursacht. Wir selbst sind Zünglein an unserer Lastenwaage. Wer sich dermaßen zuknallt mit Arbeit und der Übernahme von Diensten, bleibt nicht nur selbst auf der Strecke, sondern sorgt obendrein dafür, dass die vermeintlich „Beschenkten“ desolat aus der Wäsche gucken. Wenn wir schon laut „Ja“ geschrien haben, um etwas zu übernehmen, es aber misslaunig abliefern, ist das nicht fair – nicht dem Nächsten und ebenso wenig uns selbst gegenüber. Also am besten gar nichts mehr zusagen? Es geht nicht um alles oder gar nichts. Es geht ums Abwägen, ein kurzes Innehalten. Und wenn wir „(J)A" sagen, dann bitte auch vollen Herzens „B" sagen! Lieber keinen „Martha und Maria“-Moment nachstellen, sondern von Anfang an selbst für eine Balance sorgen. Das ist gerecht – nach allen Seiten. Dann klappt’s auch mit dem Nachbarn nebst Herbstfest. Und mit dem getigerten Stubenfreund allemal!  


Verfasst von:

Diana Schmid

Freie Autorin