Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: Januar-Februar 2025

Aus dem Landeskomitee

Es ist wichtig, klare Signale zu setzen

Abschied nach mehr als zwei Jahrzehnten Engagement für Kirche und Gesellschaft

Foto: privat

Joachim Unterländer, seit 24 Jahren im Präsidium des Landeskomitees der Katholiken in Bayern aktiv, spricht über seinen bevorstehenden Abschied, prägende Weggefährten und seine Vision für die Zukunft der katholischen Laienarbeit. Im Interview reflektiert er über Erfolge, Herausforderungen und warum das Ehrenamt eine tragende Rolle für Kirche und Gesellschaft spielt. Nur im Dialog und durch Kooperation können wir unsere Zukunft gestalten, betont er und ruft zu einem offenen Miteinander auf.

 

Gemeinde creativ: Lieber Herr Unterländer, nach 24 Jahren im Landeskomitee, davon acht Jahre als Vorsitzender, geht für Sie eine Ära zu Ende. Wie geht es Ihnen damit, wenn Sie an die bevorstehenden Neuwahlen denken?

Joachim Unterländer: Nach so langer Zeit ist der Abschied natürlich ein Einschnitt. Bislang habe ich nicht das Gefühl, dass ich mich sehne, die Funktion abzugeben. Ich habe die Arbeit immer sehr gern gemacht. Die Möglichkeit, wichtige Themen in Kirche und Gesellschaft zu bewegen, war für mich stets eine große Motivation. Besonders in Erinnerung bleiben mir die Anfänge mit Helmut Mangold und später mit Albert Schmidt. Jeder Vorsitzende hatte seinen eigenen Stil, und das ist auch gut so. Diese Vielfalt der Führungspersönlichkeiten hat das Landeskomitee geprägt.

Was waren die zentralen Themen, die Sie in all den Jahren begleitet haben?

Für mich war es immer wichtig, die Grundprinzipien der katholischen Soziallehre hochzuhalten. 

Für mich war es wichtig, soziale Gerechtigkeit, Armutsbekämpfung und die Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen in den Fokus zu rücken.

Themen wie soziale Gerechtigkeit, Armutsbekämpfung und die Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen standen für mich im Vordergrund. Besonders am Herzen lag mir die Beteiligung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern am Produktivkapital. Auch wenn wir auf der landespolitischen Ebene oft nur begrenzt Einfluss nehmen können, halte ich es für entscheidend, dass wir als Kirche klare Forderungen stellen und unsere Positionen deutlich machen.

Gab es Menschen, die Sie auf Ihrem Weg besonders beeinflusst haben?

Ja, ganz sicher. Der Sozialphilosoph Oswald von Nell-Breuning hat mich tief geprägt, insbesondere was meine Sicht auf soziale Gerechtigkeit betrifft. Auch die Begegnungen mit Alois Glück waren sehr wichtig für mich. Alois Glück hat mich politisch begleitet und unterstützt – das war alles andere als selbstverständlich und hat mir gerade zu Beginn sehr geholfen.

Gibt es Errungenschaften oder Momente, auf die Sie besonders stolz sind?

Die starke Präsenz des Landeskomitees bei sozialpolitischen Themen war mir immer wichtig. Es freut mich, dass wir in Bayern gehört werden, wenn es um Fragen der sozialen Gerechtigkeit geht. Der Dialog mit Akteuren wie dem Deutschen Gewerkschaftsbund, der Freien Wohlfahrtspflege Bayern und den kirchlichen Sozialverbänden war stets fruchtbar. Natürlich gab es auch schwierige Gespräche, etwa mit dem Verband der Bayerischen Wirtschaft. Doch auch hier haben wir immer auf Augenhöhe und mit gegenseitigem Respekt kommuniziert. Solche Dialoge sind heute wichtiger denn je.

Nur im Dialog und durch Kooperation können wir unsere Zukunft gestalten.

Sie sprechen oft über die Bedeutung des Ehrenamts. Wie hat sich das in den vergangenen Jahren verändert?

Das Ehrenamt hat sich stark verändert. Viele Menschen möchten sich heute projektbezogen einbringen, anstatt sich langfristig an feste Strukturen zu binden. Das ist eine Herausforderung, aber auch eine Chance. Wir müssen die Kompetenzen der Ehrenamtlichen sichtbarer machen und ihnen echte Mitgestaltungsmöglichkeiten bieten. Nur so können wir Menschen motivieren, sich langfristig zu engagieren. Der synodale Prozess hat gezeigt, dass das Ehrenamt gestärkt werden kann, wenn man den Menschen echte Teilhabe ermöglicht.

Ein Thema, das Ihnen immer wieder besonders am Herzen lag, ist der Schutz des Sonntags.

Ja, der Sonntagsschutz ist für mich ein zentrales Anliegen. Der Sonntag steht sinnbildlich für den Schutz von Ruhephasen in unserer Gesellschaft. Wenn wir den Sonntag verlieren, verlieren wir ein Stück Gemeinschaft. Eine völlige Liberalisierung des Ladenschlusses wäre ein Holzweg. Wir brauchen geschützte Räume der Ruhe und Besinnung, nicht nur aus religiösen, sondern auch aus sozialen Gründen. Es ist wichtig, dass wir als Kirche hier ein klares Signal setzen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken.

Welche Ratschläge haben Sie für das neue Präsidium des Landeskomitees?

Ich würde dem neuen Präsidium raten, sich nicht von Verwaltungsstrukturen blockieren zu lassen. 

Wir müssen das Ehrenamt stärken, denn ohne die Mitwirkung der Menschen wird es keine zukunftsfähige Kirche geben.

Es ist wichtig, inhaltlich mutig zu sein und klare Positionen zu vertreten, statt nur auf der Welle des Mainstreams zu schwimmen. Transparenz und Offenheit in Entscheidungsprozessen sind dabei zentrale Werte, um das Vertrauen der Menschen zu gewinnen. Auch der Dialog zwischen den verschiedenen Akteuren – seien es Diözesanräte, Verbände oder Einzelpersönlichkeiten – ist entscheidend, um als Kirche relevant zu bleiben.

Was möchten Sie den Leserinnen und Lesern von Gemeinde creativ mit auf den Weg geben?

Ich wünsche mir, dass die Qualität und Relevanz von Gemeinde creativ erhalten bleibt. Auch wenn sich vieles ins Digitale verlagert, sollten wir nicht vergessen, wie wichtig gedruckte Medien für die Vermittlung unserer Werte sind. Ich werde die Diskussionen, die wir hier geführt haben, sicherlich vermissen. Aber ich bleibe den sozialen und kirchlichen Themen treu – sei es in meiner Arbeit für die Caritas oder in anderen ehrenamtlichen Funktionen.

Eine gute Politik hilft nur, wenn die Menschen sich gehört und eingebunden fühlen.

Zum Abschluss: Was wird Ihnen nach Ihrem Abschied fehlen und worauf freuen Sie sich?

Ich werde den intensiven Austausch mit den Menschen vermissen, mit denen ich in all den Jahren zusammengearbeitet habe. Die Themen, die wir im Landeskomitee behandelt haben, sind mir immer sehr nahegegangen. Dennoch freue ich mich auch darauf, in Zukunft etwas mehr Zeit für andere Dinge zu haben und mich weiterhin für die Caritas und soziale Themen zu engagieren. Eine gute Politik hilft nur, wenn die Menschen sich gehört und eingebunden fühlen. Wir brauchen den Dialog, gegenseitigen Respekt und eine Kirche, die mutig und offen in die Zukunft geht. Nur so können wir als Gesellschaft zusammenwachsen und den sozialen Ausgleich sichern.

Vielen Dank für das Interview und für Ihr Engagement im Landeskomitee!

Joachim Unterländer war von 1994 bis 2018 Mitglied des Bayerischen Landtags und engagierte sich dort vor allem in der Sozialpolitik. Seit 24 Jahren ist er im Präsidium des Landeskomitees der Katholiken in Bayern aktiv, davon acht Jahre als Vorsitzender. Zudem ist er Mitglied im Vorstand des Diözesanrates der Katholiken der Erzdiözese München und Freising und Delegierter für das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Geprägt von der katholischen Soziallehre, setzt er sich leidenschaftlich für soziale Gerechtigkeit, den Schutz des Sonntags und die Stärkung des Ehrenamts ein. Heute ist er zudem in der Caritas und weiteren sozialen Bereichen aktiv.


Verfasst von:

Hannes Bräutigam

Redaktionsleiter