Ausgabe: Januar-Februar 2025
Schwerpunkt - Vor OrtGesehen werden

Von der Wertschätzung zu Beginn und am Ende von Wahlperioden
Schön, wenn sich Menschen für ein Amt in der Kirche begeistern lassen! Fünf Perspektiven darauf, wie ihnen besonders zu Beginn und am Ende der Wahlperiode für ihr Engagement Wertschätzung ausgedrückt werden kann.
Manfred Bauer hat das Prozedere schon einige Male durchlaufen. Der Pfarrgemeinderatssprecher des Pfarrgemeinderates Vohenstrauß in der Pfarreiengemeischaft Vohenstrauß-Tännesberg wurde bereits zum achten Mal in den Pfarrgemeinderat gewählt und fühlt sich dort nach wie vor sehr wohl. Er findet es für neu aufgenommene Mitglieder besonders wichtig, möglichst schnell sowohl intern als auch öffentlich präsent zu sein, um zu zeigen: Du gehörst jetzt zu uns. Dazu gehört unter anderem das schnelle Einpflegen der Person auf der Homepage der Kirchengemeinde, gerne auch mit Bild, oder die Aufnahme in die WhatsApp-Gruppe des Pfarrgemeinderats. Als nächster Schritt für ein wertschätzendes Willkommen steht das gegenseitige Kennenlernen im Rahmen eines Besinnungswochenende an. Beim Klausurwochenende wurde jedes Mitglied gebeten, dazu einen Gegenstand mitzubringen, der ihn symbolisiert oder ihm besonders viel bedeutet. So kamen die Mitglieder des Gremiums schnell ins Gespräch über ihre jeweiligen Motivationen und Perspektiven für das Amt und es konnte eine verständnisvolle Grundlage unter Berücksichtigung unterschiedlicher Persönlichkeitszüge für die zukünftige gemeinsame Arbeit geschaffen werden.
Für Christine Pfeffer und viele weitere Engagierte ist wichtiger, was zwischen Amtsanfang und -ende liegt als die beiden punktuellen Ereignisse. In ihrem Pfarrverband St. Albert-Allerheiligen in München-Freimann gibt es wie in vielen Pfarrgemeinden einmal jährlich eine Klausurtagung, bei der die Mitglieder beider Pfarrgemeinden die Möglichkeit haben, sich in einem privateren Umfeld kennen zu lernen und über Thematiken zu sprechen, die beide Pfarreien betreffen. So ein Wochenende ist eine Wertschätzung für die Zeit, die man zukünftig in sein Amt stecken wird, allerdings zieht sie die deutlich größere Befriedigung aus der direkten Wirkung ihrer Arbeit: Seit zehn Jahren ist sie eine der Leiterinnen des Seniorenclubs St. Albert. „Wir organisieren jede Woche ein anderes Programm, zu dem teilweise bis zu 45 Personen kommen. Das ist schon was. Und wenn die Leute dann auch noch sagen, was wir uns da wieder Großartiges einfallen haben lassen oder auch so Kleinigkeiten, wie dass der Tisch so schön gedeckt war, ist das für mich das größte Lob.“
Mit Engagement im Mittelpunkt stehen
Martha Bauer ist Vorsitzende des KDFB-Diözesanverbands Regensburg. Als sie 2022 ins Amt kam, fand sie in vielen Zweigvereinen eine alles andere als wertschätzende Situation vor: Nach Corona verzeichnete der Frauenbund einen großen Einbruch in Bereich Engagement. Viele hatten sich offenbar an die Situation gewöhnt – es ging wohl auch ohne den Frauenbund und den eigenen Einsatz darin. „Wir haben schnell gemerkt, dass das wirklich oft die fehlende Wertschätzung war, dass das, was lange Zeit gut gelaufen ist, für selbstverständlich gehalten wurde, und als wir die Leute angesprochen haben, versucht haben, sie wieder zur Mitarbeit zu motivieren, hat es schon geheißen: Mei, ich hab‘ das jetzt schon so lange gemacht, sieht das überhaupt jemand?“
Um ihre Sichtbarkeit zu erhöhen, hat der KDFB Landesverband Bayern daraufhin auf Anregung der Diözesanverbände einen Arbeitskreis zur Wertschätzung des Ehrenamts mit ins Leben gerufen. Der trifft sich seither bedarfsabhängig auf Landesebene, aus jedem Diözesanverband ist eine Person Mitglied, um zu überlegen, wie die Frauen, die an der Basis die Arbeit erledigen, entsprechend gewürdigt werden können. Aus dem Gedanken, dass sie das Wertvollste sind, das der Verband zu bieten hat, wurde das Bild der Frauen als Diamanten. Und die Frauen, die auf Grund ihres besonderen Engagements hervorstechen, wurden im Juli 2024 erstmalig vom Landesverband zur „Diamond Night“ in Regensburg an Bord der „Kristallkönigin“ empfangen. „Dieser Abend sollte etwas ganz Besonderes werden für unsere Frauen, sie sollten mit ihrem Engagement im Mittelpunkt stehen, also etwas, das sie sonst nicht haben. Und es hat funktioniert!“ Analog zur Zahl der Mitglieder durfte jeder Diözesanverband eine gewisse Anzahl an Frauen zur Ehrung anmelden, was keine einfache Aufgabe war, betont Martha Bauer: „Anhand eines Kriterienkatalogs, den uns der Landesverband zur Verfügung gestellt hat, wurde unter anderem langjähriges Engagement im Zweigverein ausgezeichnet oder gute Übergabearbeit, auch Eltern-Kind-Gruppenprojekte, in denen sich bereits junge Frauen ehrenamtlich im Verband engagieren. Aber natürlich hätten wir so viele mehr einladen können und werden diese Frauen dann beim nächsten Mal berücksichtigen.“
Beim Namen nennen
Auch auf Führungsebene kann viel für eine wertschätzende Rahmung der ehrenamtlichen Tätigkeit getan werden, betont Coachin Kerstin Kuner, die mit vielen Führungskräften aus dem haupt- und ehrenamtlichen Bereich zusammenarbeitet. „Das beginnt ganz banal dabei, die Person beim richtigen Namen zu nennen, wenn ich sie in der Gemeinde vorstelle, und mir wirklich Gedanken darüber zu machen, warum sie geeignet für dieses Amt ist und das dann auch entsprechend zu formulieren.“ Gleichzeitig brauchen Neulinge zu Beginn ihrer Tätigkeit Wissen. Hier zeigt sich Wertschätzung vor allem darin, der Person die Informationen zu geben, die sie braucht – und das kann je nach Persönlichkeitstyp unterschiedlich sein. Hier gilt es genau zu beobachten und sein Team zu kennen, findet Kerstin Kuner. „Während die eine nur die bloßen Fakten braucht, ist es für den anderen wichtig, auch die Hintergründe oder das Emotionale einer Sache zu verstehen.“ Und auch die Wertschätzung zwischen Frauen und Männern sollte stimmen. „Ich kenne Situationen, wo die Männer ihre Redezeit heillos überzogen hatten und der letzten Rednerin dann gesagt wurde, dass sie sich kurzfassen soll, weil alle Schluss machen wollen. Die hatte sich natürlich seitenweise vorbereitet und dann wurde ihr die Zeit gekappt. Das geht gar nicht.“
Allen Bemühungen gemeinsam ist der Anspruch, die Engagierten wichtig zu nehmen – mit ihren Begabungen und Bedürfnissen. Das funktioniert über einfache Mechanismen, sagt Rechtsanwältin und Mediatorin Britta Redmann. Sie betrachtet das Thema der Wertschätzung im Ehrenamt bereits seit einiger Zeit auf struktureller Ebene und liefert in ihrem Buch „Erfolgreich führen im Ehrenamt“ einige praktische Beispiele zur Anerkennung ehrenamtlich Engagierter, die besonders bei deren Begrüßung und Verabschiedung zum Tragen kommen können. Dazu gehört es in erster Linie, der Person zu signalisieren, dass sie gesehen wird: die persönliche Begrüßung mit Händeschütteln, das Lächeln und die Freude darüber, die Person zu sehen: „Schön, dass Du gekommen bist!“ Auch mit ehrlichem Interesse nach der Meinung des Gegenübers zu fragen zeigt: Deine Meinung ist es wert, gehört zu werden. Zum Abschluss einer Tätigkeit gehört auch der Dank für die geleistete Arbeit. Dieser kann nochmal extra betont werden, in dem er – sofern die Person das möchte – vor dem Gremium, bei einer besonderen Ehrung oder sogar in der Presse ausgesprochen wird. Oder durch eine besondere Belohnung verstärkt, die demjenigen auch gefällt, wie Theaterkarten, Freifahrten, Geschenkgutscheine, Auszeichnungen, Ehrenurkunden oder zur weiteren Qualifizierung einen Nachweis oder ein Zeugnis.
Britta Redmann, Erfolgreich führen im Ehrenamt. Ein Praxisleitfaden für freiwillig engagierte Menschen, Springer 2018.