Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: Januar-Februar 2025

Schwerpunkt

Ist es schon wieder Montagmorgen?

Dankbarkeit ist nicht selten eine Haltung, die gern vergessen wird, wenn eine Aktion, eine Aufgabe beendet ist. Es ist oft eine Entscheidung, diese Haltung einzunehmen – und damit wird vieles leichter. Foto: Hakase_/istock

Dankbarkeit ist eine Zier

Montagmorgens um neun Uhr. Die Kaffeetasse ist übergelaufen. Unser E-Mail-Postfach säuft ab. Der Schreibtisch quillt über mit Notizzetteln von Kollegen. Und uns selbst schwillt der Kamm an, und zwar ordentlich. Erst einmal besinnen.

Diese Arbeitsstelle. Noch vor einigen Monaten wären wir dankbar darum gewesen. Hätten den Arbeitslosenblues gern eingetauscht gegen die Fahrt in die Firma. Hätten das Dauerabo fürs Ausschlafen sofort hergegeben für die neue berufliche Tätigkeit. Endlich wieder geordnete Verhältnisse – so hieß unser Bestreben, noch gar nicht so lange her. Doch jetzt? Nun hat uns die Arbeit im Griff, anstatt dass wir uns lieber von Dankbarkeit ergreifen lassen. Was also tun? Entscheiden wir uns für Dankbarkeit, dann geht es leichter – oder wollten wir tauschen und unsere Langschläferanwartschaft zurück?

Mittags um zwölf. Dichtes Gedränge in der Kantine. Warum muss das nur immer so lange dauern? Dieser eine Kollege weiß aber auch nie, was er will. Ruckzuck hat sich eine lange Schlange hinter ihm gebildet. Der Zeiger auf der Uhr ist gnadenlos, gleich schon ist die Hälfte unserer Pause vorbei – und das, ohne dass wir etwas auf den Teller geschweige denn zwischen die Kiemen bekommen hätten. Endlich, nur noch einer vor uns. Und dann … sind die Pommes aus, ebenso wie das Wiener Schnitzel. Wie bitte, auch die Bolognese ist schon weg? Nur noch das warme Süßgericht übrig? Klasse! Somit schleichen wir mit einer Suppe und zwei belegten Brötchen von dannen. Und weil der Tisch mit den Abteilungskollegen schon komplett besetzt war, sitzen wir etwas abseits vom Geschehen, löffeln unser Süppchen in uns hinein, beißen herzhaft in Brötchen Nummer eins. Klar, einerseits haben wir uns gerade eben tierisch aufgeregt, erst in der Warteschlagen, dann an der Essensausgabe. Doch immerhin liegt nun etwas Essbares vor uns und wenn wir ehrlich sind, war die Suppe gar nicht einmal so schlecht. Brötchen Nummer eins ist bereits verspeist und war ziemlich lecker. Wer weiß, das frittierte Zeug hätte uns sowieso nur im Magen gelegen. Was also tun? Entscheiden wir uns für Dankbarkeit, dann geht es leichter – oder wollten wir jetzt noch tauschen und unser Fett abbekommen?

Dankbarkeit – eine Entscheidung

Wenn uns bloß nicht diese Gedanken an die Arbeit morgen, an den Schreibtisch und dergleichen anfliegen würden. Was also tun? Entscheiden wir uns für Dankbarkeit. Foto: Deagreez / istock

Gleich ist es vier Uhr, das Meeting ruft, natürlich online. Mensch, dass die Einwahl auch immer so lange dauert! Wenn sich das noch länger hinzieht, kommen wir zu spät in die Sitzung hinein. Herrje, Browser-basiert oder als Anwendung, haben wir im Eifer des Gefechts überhaupt auf die richtige Schaltfläche geklickt? Wird schon schiefgehen, einfach die Luft anhalten und – es hat geklappt! Warum haben wir uns so abgehetzt, es sind noch längst nicht alle da. Aha, wir warten auf die Nachzügler. Alles wie immer und ganz unser Humor! Irgendwann geht es schließlich doch noch los. Heute gibt es ziemlich viel zu besprechen. Plötzlich werden wir außer der Reihe aufgerufen, sollen ein kurzes Projektupdate geben. Das trifft uns unvorbereitet. Doch zum Glück befinden wir uns nicht im Suppenkoma, obwohl wir ein Süppchen intus haben. Und ja, den Projektstatus konnten wir einigermaßen vermitteln. Hier und da vielleicht etwas optimierungsbedürftig, doch insgesamt recht passabel vonstattengegangen. Was also tun? Entscheiden wir uns für Dankbarkeit, dann geht es leichter – oder wollen wir uns nachträglich im Leid suhlen und das förmlich in uns hineinlöffeln, weshalb uns unser Statusupdate nicht besser gelungen ist?

Acht Uhr abends, fast schon hören wir das Sofa und die Serienberieselung rufen. Doch wir müssen jetzt stark sein, weil unser Bewegtbild nun darin bestehen wird, durch die Landschaft zu joggen und diese an uns voranziehen zu sehen. Dabei wäre es daheim echt gemütlich – und hätten wir uns das nicht verdient? Wir denken an das frühe Aufstehen, die Kaffeetasse, das E-Mail-Postfach, den Schreibtisch, die Kantine, das Onlinemeeting, was haben wir heute nicht alles durchgestanden … aber es hilft alles nichts, wir müssen uns überwinden. Geschafft, draußen! Wir setzen uns in Bewegung. Ganz schön anstrengend, wenn man sich länger nicht mehr bewegt hat. Was also tun? Lieber mal öfters in Bewegung setzen und anschließend dankbar sein, dass wir uns – obwohl vielleicht erschlagen, kaputt, erschöpft – doch ungemein lebendig fühlen! Entscheiden wir uns für Dankbarkeit, dann geht es leichter – oder wollen wir tatsächlich als Couchpotato in die bewegte Geschichte eingehen?

Wollen wir tatsächlich als Couchpotato in die bewegte Geschichte eingehen?

Jetzt ist es fast Mitternacht geworden. Blöd, dass wir ungeplant lange vor der Glotze gelandet sind. Andererseits, jetzt wissen wir auch, was es mit dem Winterschlaf der Murmeltiere auf sich hat, hierfür war die Dokumentation sehr aufschlussreich. Entscheiden wir uns also für Dankbarkeit – anrührendes neues Wissen wurde uns zuteil – und entscheiden wir uns, jetzt flugs in Richtung Bett zu murmeln. Wenn uns bloß nicht diese Gedanken an die Arbeit morgen, an den Schreibtisch und dergleichen anfliegen würden. Was also tun? Entscheiden wir uns für Dankbarkeit, dann geht es leichter. Oder wollen wir uns allen Ernstes darüber grämen, dass wir eine schöne Arbeitsstelle haben? Nein, wir freuen uns auf die Arbeit morgen. Und auf die Kantine. Sogar aufs Meeting. Obwohl, für morgen ist gar keines angesetzt, auch gut. Eigentlich schade. Doch stopp, lieber dankbar sein für die besprechungsfreie Zeit. Wer weiß, womöglich könnten wir früher heimgehen, um eine Bewegungsrunde einzulegen und anschließend heimlich dankbar zu sein, dass wir weder als Couchpotato in die bewegte Geschichte eingehen noch als undankbarer Job-Jammerlappen verenden werden, weil das wäre nun eine wirklich undankbare Angelegenheit.


Verfasst von:

Diana Schmid

Freie Autorin