Ausgabe: Januar-Februar 2025
MeditationWo bist Du daheim?

Kürzlich war ich mit einer ökumenischen Gruppe in Rom unterwegs. Zwanzig Haupt- und Ehrenamtliche aus neun unterschiedlichen Konfessionen. Eine wahrlich bunte Truppe: Katholiken, Lutheraner, Reformierte, ein Orthodoxer, ein Anglikaner, zwei Baptisten, zwei Neuapostolische, ein Vertreter der Apostolischen Gemeinschaft und eine Adventistin. Schon das war ein Erlebnis: So vielfältig und bunt im spätsommerlichen Licht der ewigen Stadt, die selber so vielfältig ist, unterwegs zu sein hat, das war ein echtes Erlebnis. Ganz schnell und ohne viel Mühe kamen wir so in oft tiefgehende Gespräche, über das was wir erlebten und wie das vor unserm jeweils anderen Hintergrund klang. Selten habe ich so leicht so viel über meine Prägungen und die der anderen gelernt. Wir haben schnell gemerkt, eine Ökumene „con capuccino e gelato“ ist definitiv nicht die schlechteste Idee.
Warum hat das so gut funktioniert? Da waren einmal die vielen Kirchen, die uns gemeinsam an die Wurzeln des jungen Christentums geführt haben: San Clemente, Santa Maria Maggiore, letztlich auch der unglaublich trubelige Petersdom. An diesen über die Jahrhunderte immer neu überformten Orten, die letztlich aber auf die ganz schlichten Anfänge verweisen, haben wir gespürt, was uns gemeinsam trägt und verbindet. Die Faszination für die Botschaft Jesu und die unglaubliche Wirkung, die sie bis heute entfaltet. Es hat mich wirklich fasziniert, wie wir uns alle in unserer Verschiedenheit hier festmachen konnten und so etwas wie eine tiefer liegende gemeinsame Heimat spüren konnten.
Auf dieser Grundlage sind wir – das war vielleicht der Schlüssel dieser Reise – an die Heimatorte der „Anderen“ gegangen. Waren bewusst bei den Waldensern, bei den Anglikanern, den Griechen und den Adventisten. Lauter mehr oder weniger versteckte Orte in dieser wie wohl keine andere Stadt, von der katholischen Weltkirche geprägten Stadt. Oft musste man wissen, wo es hingeht, um dann um so mehr zu staunen: Über das enorme soziale Engagement der Waldenser, die Gastfreundschaft der Anglican Communion, die vertrauensvolle Spiritualität der Orthodoxie und die junge Dynamik der Adventisten. Jeder Ort war anders, aber gerade in den „Wohnzimmern“ der Anderen haben wir einander und die Kraft des Evangeliums noch einmal tiefer verstanden.
Als ich nach fünf Tagen enorm bereichert wieder zu Hause ankam, hatte ich für mich etwas gelernt. In einem solchen Miteinander unterwegs sein, dieses sich äußerlich und innerlich besuchen und dabei nach dem Verbindenden zu fragen hat eine enorme Kraft zur Veränderung auch jenseits der ökumenischen Weggemeinschaft.
Während wir in Rom waren, ging auch die Weltbischofssynode zu Ende, die genau zu einem solchen Miteinander gehen einlädt. Die darum weiß, wieviel Spannung und Ungelöstes da ist, und als Antwort im Kern zu einem neuen Miteinander einlädt. Zu einem Miteinader, das geprägt ist von einer Haltung einander zu besuchen, wahrzunehmen und gemeinsame Wege zu gehen. Bei allem was man auch kritisch fragen kann, glaube ich tatsächlich, dass in einer solchen inneren Haltung etwas steckt, dass wichtig für die Zukunft ist, um reicher miteinander zu werden und in aller Bescheidenheit sogar ein Zeichen zu setzten.
Wann haben Sie sich und Andere zuletzt gefragt: „Wo bist Du daheim?“

Florian Schuppe ist Pastoralreferent im Erzbistum München und Freising und leitet dort den Fachbereich Ökumene. Er ist diözesaner Ansprechpartner für das Themenfeld Synodalität und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Fragen rund um die kirchliche Transformation. Daheim fühlt er sich irgendwo zwischen St. Ottilien, Tocotronic und dem, was gerade wird.
Verfasst von:
Florian Schuppe
Pastoralreferent im Erzbistum München und Freising/Fachbereich Ökumene