Das Magazin für engagierte Katholiken

Ausgabe: März-April 2025

Schwerpunkt

Zuversichtlich und hoffnungsvoll in die Zukunft!?

Es liegt an uns allen, eine zuversichtliche Zukunftsorientierung gemeinschaftlich zu entwickeln und zu gestalten. Foto: Sascha Ewering

 „Zuversicht braucht Vertrauen“ – so lautet der zentrale Tenor des 17. Kinder- und Jugendberichts des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Diese Erkenntnis könnte die Frage nach der Zukunftsperspektive für die junge Generation auch gleich wieder abschließen. Ja, es ist offensichtlich: Vertrauen ist unerlässlich für Zuversicht.

Doch was bedeutet das? Wir wollen mit diesem Beitrag anregen, genau hinzusehen und sich auf die Suche zu begeben: Woher beziehen Jugendliche Zuversicht? Wie gehen sie dabei vor? Wo können wir als Gesellschaft, als erwachsene Teile der Gemeinschaft, einen Beitrag leisten, dass junge Menschen in ihre Zukunft vertrauen? Neben Erkenntnissen aus aktuellen Studien wollen wir, der Kreisjugendring München-Land (KJR), auch mit unseren Erfahrungen im Landkreis München sowie unserer Expertise auf diese Fragen blicken. Der KJR ist eine Gliederung des Bayerischen Jugendrings, und freier Träger der Jugendhilfe. Als eine der größten Jugendorganisationen in Bayern vertritt er die Interessen von Kindern und Jugendlichen. Im KJR sind 35 Jugendverbände und Jugendinitiativen aus dem Landkreis München organisiert. Durch vielfältige Bildungs- und Freizeitangebote fördert der KJR die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen und das soziale Miteinander. Dafür beschäftigt er mehr als 550 hauptberuflich Mitarbeitende in mehr als 130 Einrichtungen sowie viele ehrenamtlich Aktive.

Vertrauen wird erlebt, braucht Begegnung und gemeinsame Zeit

Im 17. Kinder- und Jugendbericht steht weiter, „dass junge (…) Menschen zur Vertrauensbildung Mitmenschen, Organisationen und Institutionen brauchen, die vertrauenswürdig auftreten, und […] die sich auch als vertrauenswürdig erweisen. In diesem Sinne hängen Vertrauen und Zuversicht eng zusammen.“ (BMFSJ, 2024, Seite 7)

Doch wie kann es gelingen, sich als vertrauenswürdig zu erweisen? Für diesen Diskurs schließen sich uns demnach weitere Fragestellungen an:

  • Wo erleben Jugendliche erwachsene Teile der Gemeinschaft im vertrauensvollen Zutrauen, im vertrauenswürdigen Kontakt, in interessierter Offenheit?
  • Wie begegnen sich Jugendliche und Erwachsene? Findet die Begegnung auf Augenhöhe statt? Und was bedeutet Begegnung auf Augenhöhe?
  • Wie zeigt die Gesellschaft ihr Interesse an jungen Menschen? Wie öffnet sich die Gemeinschaft für ihre Themen und Anliegen?
  • Wie viel Offenheit tut dem Zusammenleben gut und wo sind Grenzen?

Sich gemeinsam Zeit zu nehmen und mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, in einen Dialog mit den jungen Menschen zu treten, kann ein erster wichtiger Schritt zu einem vertrauensvollen Miteinander sein. Ein gemeinsamer fragender Blick gestaltet Gespräche anders.  Auch der Blick in die Zukunft erscheint anders, wenn wir statt Antworten und Anweisungen Fragen stellen und uns von scheinbaren Gewissheiten lösen.

Mit Zuversicht in die Zukunft?

In der Jugendarbeit betrachten wir Jugendliche als Expertinnen und Experten ihrer eigenen Lebenswelt. Nur sie sind in der Lage, ihre Perspektiven, Sichtweisen, Wünsche und Ängste authentisch zu formulieren. Deshalb müssen wir uns auch hier gemeinsam mit den Jugendlichen auf den Weg machen. Wie muss die Gegenwart gestaltet werden, damit hoffnungsvoll und zuversichtlich in die Zukunft geblickt werden kann?

Jugendliche blicken laut der aktuellen Shell-Studie überwiegend positiv in die gesellschaftliche Zukunft. Foto: Sascha Ewering

Diese Frage stellt auch eine weitere aktuelle Studie: Die Trendstudie „Jugend in Deutschland 2024“ blickt in ihrem letzten Kapitel über die momentanen Herausforderungen hinaus und formuliert das Fazit: „Eine gute Zukunft entsteht, wenn junge Menschen wichtige Kompetenzen zur Bewältigung von Krisen und ein für sie motivierendes Zukunftsbild entwickeln können. Dazu brauchen sie die Möglichkeit und den Freiraum, ihr Umfeld mitzugestalten und bei Herausforderungen die Lösungen selbst mitzuentwickeln“.

Junge Menschen auf ihrem Weg zum Erwachsenensein zu begleiten, sie dabei zu unterstützen, die alltäglichen Herausforderungen ihres Lebens zu meistern und ihnen Perspektiven aufzuzeigen, ist Auftrag der Jugendarbeit. In unserer täglichen Arbeit leiten uns hierbei unsere Prinzipien. Als Kreisjugendring München-Land haben wir uns auf sechs Prinzipien verständigt: Wertschätzung und Offenheit, Partizipation und Mitverantwortung, Selbstbestimmung und Freiwilligkeit, Parteilichkeit, Vielfalt und Lebensweltorientierung und Nachhaltigkeit. Diese sechs Prinzipien verstehen wir als Leitplanken unseres Handelns.

Fassen wir zusammen: Wie müssen wir Räume und Angebote planen und gestalten, damit junge Menschen dabei unterstützt werden, die Gegenwart gelingend zu gestalten? Und wie können wir junge Menschen in der Gegenwart gut begleiten, um sie ihre eigenen positiven Zukunftsvisionen entwickeln zu lassen?

  1. Wir sehen jungen Menschen als die Expertinnen und Experten ihrer eigenen Lebenswelt.
  2. Wir gehen mit ihnen in den Dialog und Austausch, mehr noch, wir nehmen die Partizipation ernst. Nur dort, wo Kinder und Jugendliche beteiligt werden, findet Jugendarbeit statt.
  3. Wir gestalten gemeinsam mit ihnen die Gegenwart. Wir fördern, begleiten und sichern Formate der Mitgestaltung, Mitbestimmung und Mitverantwortung.
  4. Wir stellen ihnen Raum und Zeit zur Verfügung. Ermöglichen ihnen Erfahrungs- und Experimentierräume.
  5. Wir bieten kontinuierliche Angebote an, wir investieren in verlässliche Strukturen und halten diese aufrecht. Verlässlichkeit gibt Vertrauen, Stabilität, Orientierung und Sicherheit.
  6. Wir nehmen ihre Themen und Fragen ernst, sind präsent und versuchen nicht Antworten zu liefern, sondern sie durch Fragestellungen zu begleiten, ihre eigenen Antworten zu finden.
  7. Wir gehen offen, sensibel und achtsam mit herausfordernden Situationen um. Anzeichen von psychischen Belastungen und Erkrankungen nehmen wir wahr und ernst.
  8. Wir denken und arbeiten vernetzt. Wir kennen passende Unterstützungsmöglichkeiten und können sowohl uns selbst als auch den jungen Menschen Unterstützung anbieten und einholen.

Und was ist mit uns? Mit dem erwachsenen Teil der Gesellschaft?

  • Wie steht es um uns?
  • Wie blicken wir in die Zukunft?
  • Und beeinflusst unser Blick in die Zukunft auch unsere Arbeit mit jungen Menschen? 

Wir im Kreisjugendring München-Land leben unsere Prinzipien nicht nur mit den jungen Menschen in unseren Einrichtungen, sondern auch in unserer Organisation. Es liegt an uns allen, eine zuversichtliche Zukunftsorientierung gemeinschaftlich zu entwickeln und zu gestalten. Und da Jugendliche, laut der aktuellen Shell Studie, überwiegend positiv in die gesellschaftliche Zukunft blicken, können wir hier einen weiteren Grundsatz unsere Arbeit leben – voneinander lernen!

Quellenverzeichnis:

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Zuversicht braucht Vertrauen, 2024

Simon Schnetzer, Kilian Hampel, Klaus Hurrelmann: Jugend in Deutschland – Trendstudie: Simon Schnetzer, 2024

Albert, Quenzel, de Moll, Leven, MCDonnell, Rysina, Schneekloth, Wolfert: Jugend 2024 – 19. Shell Jugendstudie, 2024: Zusammenfassung, Seite 26)

 


Verfasst von:

Agnes Scheidl und Lena Schuster

Bildungsreferentin Berufsorientierung, Bildungszentrum Burg Schwaneck; Kommunale Jugendpflegerin Landkreis München, Kreisjugendring München-Land