Die Wurzeln der Laienarbeit in der katholischen Kirche, der heutigen Pfarrgemeinde-, Dekanats- und Diözesanräte gehen zurück bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der Laie in seiner Bedeutung für die Kirche und die kirchliche Gemeinschaft wurde wiederentdeckt unter dem Begriff „Katholische Aktion“. Wenn man in diesem Jahr 50 Jahre Räte feiert, dann kann und soll man auch 100 Jahre Katholische Aktion feiern. Sie war der Ursprung der Räte, wie wir sie heute kennen.

Die ersten Gedanken und Ansätze einer strukturierten Mitwirkung der Laien, in Form einer Katholischen Aktion, gehen auf Papst Pius IX. (1846-1848) zurück.
Unter Papst Pius IX. (1846 – 1878) sind erste Ansätze einer Katholischen Aktion zu finden. Zum 100. Todestag dieses Papstes sagte Papst Paul VI. bei der Messe in der Petersbasilika am 5. März 1978: „Wir möchten noch gerne erwähnen, dass sich unter Papst Pius IX. zum ersten Mal der Gedanke einer Organisation der Katholiken abzeichnet, mit dem Zweck die aktive Zusammenarbeit mit dem hierarchischen Apostolat zu fördern. Denn in dieser Zeit hat die Katholische Aktion ihren Ursprung.“
Ihren klassischen Ausdruck erlangten Wesen und Aufgabe der Katholischen Aktion unter dem Pontifikat Pius XI. (1922 – 1939). In seiner ersten Enzyklika Ubi arcano Dei über den „Frieden Christi im Reiche Christi“ (1922) hat er die Katholische Aktion zu einem wichtigen Punkt seines Programmes gemacht. Der Osservatore Romano fasste die Meinung des Papstes über die Katholische Aktion treffend so zusammen: „Die Katholische Aktion ist die in der Welt wirkende Kirche“ oder in folgender Definition, nach der die Katholische Aktion „eine Teilnahme von Laien an der eigentlichen Mission der Kirche, eine Form der Mitarbeit des Laientums an der Mission des Klerus“ sei.
Der Gedanke der Katholischen Aktion ließ auch die Nachfolger im Petrusamt nicht mehr los. Jeder der Päpste sah sich gezwungen, sie als Instrument zur Verbreitung der Königsherrschaft Christi den Gläubigen besonders anzuempfehlen.
Noch vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs (1939 – 1945) würdigte etwa Papst Pius XII. (1939 – 1958) in seiner Enzyklika Summi Pontificis (1939) das opfervolle Beginnen der Katholischen Aktion für diese Leidenszeit der Völker und der Kirche. Er schreibt: „Die Mitarbeit der Laien, die in der Katholischen Aktion zum vertieften Bewusstsein ihrer hohen Sendung und Würde erzogen werden, schenkt der Kirche in einem Moment gesteigerter Bedeutung und verstärkter Beanspruchung Gnadenquellen und Kraftreserven, die in dem zwischen Christentum und Antichristentum entbrannten Kampf nicht hoch genug geschätzt werden können.“
Wegweisend waren in diesen ersten 100 Jahren der Katholischen Aktion natürlich die Ausführungen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 – 1965). Nach heftigem Ringen der Konzilsväter wurden in der „Dogmatischen Konstitution über die Kirche“ und im Dekret über das „Apostolat der Laien“ die Charakteristika für eine Katholische Aktion beschlossen. So müsse die Evangelisierung und Heiligung der Menschen und die Durchdringung der verschiedenen Gemeinschaften und Milieus mit dem Geist des Evangeliums das Ziel sein. Ferner sei gegenseitiges Vertrauen zwischen Laien und Klerus notwendig sowie die Einbeziehung der Laien in die pastorale Aufgabenverteilung. Diese Grundlagen gelten auch heute noch für die Räte, die direkten Nachfolger der Katholischen Aktion.
Erlaubt sei hier ein kleiner Nebenabsatz: Wir leben inzwischen im Jahre 53 nach dem Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils, das für viele Christen schon Geschichte ist. Ein Großteil der heutigen Christen kennt es nur aus Büchern, Vorträgen, Seminaren oder Erzählungen. So ist das Konzil etwa auch für den Passauer Diözesanbischof Stefan Oster SDB, Geburtsjahrgang 1965, lediglich Geschichte wie ein etwa Napoleon, das Erste Vatikanische Konzil oder ein Papst Pius X. Für ihn gibt es nur ein Nachher, aber kein erlebtes Vorher, was gerade für die Laienarbeit wichtig wäre, um die innere Bedeutung und den Aufbruch zu erspüren und nachvollziehen zu können.
Bundesdeutsche Entwicklung
Während sich die Katholische Aktion in anderen Ländern bereits konstituiert hatte – in Italien 1923, in Österreich 1927 – war in Deutschland wenig von Begeisterung oder hoffnungsvoller Erwartung zu spüren. Natürlich befasste sich die Fuldaer Bischofskonferenz (Zusammenkunft aller deutschen Bischöfe) ab Mitte der 1920er Jahre immer wieder mit der Katholischen Aktion. Entgegen stand einem Hochkommen in den meisten Bistümern der enorme Einfluss der katholischen Verbände, wie beispielsweise Kolping. So verabschiedete am 6. August 1929 die Fuldaer Bischofskonferenz erste Richtlinien zur Katholischen Aktion. Man beschloss zum Beispiel die Pfarrgemeinde, das Dekanat und die Diözese als Ebenen der Katholischen Aktion. Organisation und Struktur blieben noch offen. 1935 erst legte die Bischofskonferenz dann endgültige Weisungen zur Katholischen Aktion fest, die nun auch ganz klare organisatorische Regelungen beinhalteten.
Katholische Aktion in Bayern

Bei der Abschlussveranstaltung der Sozialen Woche der Katholischen Aktion im November 1955 war der Kongressaal im Deutschen Museum in München gut gefüllt.
Im Gegensatz zur Fuldaer Bischofskonferenz beschäftigten sich die bayerischen Bischöfe bereits im Jahr 1928 in Freising mit dem Thema. Wie aus dem Protokoll der Konferenz zu ersehen ist, erhofften sich die Bischöfe von der Katholischen Aktion eine Zusammenfassung der katholischen Laienkräfte in einer örtlichen Arbeitsgemeinschaft, eine Vereinfachung des Vereinswesens und eine allmähliche Entlastung des Klerus, ferner ein Erwachen des Laienapostolats, besonders, wenn die Mitglieder in eigenen Exerzitien und Kursen für ihre religiös-kirchlichen Aufgaben vorgeschult und in regelmäßigen gemeinsamen Beratungen unter kirchlicher Führung im Geist der Aktion tätig werden.
Bei diesem Treffen der bayerischen Bischofskonferenz wurde auch ein Hirtenbrief an den Klerus verabschiedet, in dem die Notwendigkeit der Katholischen Aktion besonders betont und als wichtigste Aufgabe der Katholischen Aktion herausgestellt wurde, gegen die Bedrohung des katholischen Glaubens und des katholischen Lebens anzukämpfen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in den einzelnen bayerischen (Erz-)Diözesen in unterschiedlicher Geschwindigkeit Ordnungen und Satzungen für die Katholische Aktion erlassen. Wie man weiß, waren diese Statuten nicht ohne Einfluss auf die Konzilsberatungen zum Thema „Laienapostolat“.
So war es auch nicht verwunderlich, dass der Übergang von der Katholischen Aktion zu den Räten kein Neuanfang war, sondern lediglich eine Weiterentwicklung.
Abschließen möchte ich diesen Überblick über die „Vorzeit“ der Räte mit einem Wort von Professor Franz Eser (1916 – 2002), der von 1950 bis 1976 Präsident bzw. Diözesanvorsitzender der Katholischen Aktion in der Diözese Passau und gleichzeitig von 1955 bis 1963 Vorsitzender des Landesausschusses der Katholischen Aktion Bayern (gegründet am 28. April 1951) – das heutige Landeskomitee der Katholiken in Bayern – war. Er sagte bei der Einweihung des Exerzitienhauses in Passau im Jahr 1960: „Was uns bewegt, ist, das Leben in Christus dort zu wecken, wo es erstorben ist, und dort zu schützen, wo es bedroht ist.“
Fotos: KNA Bild