Im Haus der Begegnung „Heilig Geist“ in Burghausen stehen die Ehrenamtlichen im Mittelpunkt.
Warum braucht es ein Haus der Pfarrgemeinden in einer Diözese? So könnte sich ein aufmerksamer Zeitgenosse fragen. Es gibt doch fast in jeder Pfarrgemeinde Pfarrheime oder Gemeindezentren. Dort können sich die Engagierten zu ihren Sitzungen und Veranstaltungen treffen. Das stimmt, und doch lassen sich Spuren finden, die zum Bedarf eines Hauses der Pfarrgemeinden führen.
Eine erste Entdeckung auf dieser Spurensuche ist das Wegfahren, nicht um der eigenen wie der pfarrlichen Wirklichkeit zu entfliehen, sondern sich dieser in Ruhe zu stellen. Es ist hilfreich, für eine Zeit Abstand zu nehmen vom Alltag und von der Distanz her die Fragen, die Menschen aus den Gemeinden bewegen, in den Blick zu nehmen. Es ist gut, für eine gewisse Zeit auszusteigen, aus dem Getriebe des Alltags und so gut es geht, auf sich zu hören und auf das, was in der Gruppe bewegt. Erst vor kurzem sagte eine Frau am Ende des Kurses, wie wohltuend die Entschleunigung war, auch wenn es am Anfang nicht einfach gewesen sei.
Wenn auf dieser Spurensuche im Lauf des Weges die Heilige Schrift hinzutritt als die Ur-Kunde, auf der die Gemeinschaft der Christen sich gründet, dann kann es zu einer Überprüfung der Ausrichtung kommen. Verschiedene Dinge kommen ins Spiel, vielleicht verstörend oder auf eine unerwartete Weise sich findend. Wie auch immer, das Wort Gottes wird zum Spiegel des eigenen Lebens. Es fördert die Selbsterkenntnis. „Dass das Evangelium so mit meinem Leben zu tun hat, hätte ich nicht geglaubt“, so der spontane Ausruf eines Kursteilnehmers.
Und plötzlich taucht auf der Spurensuche die Sehnsucht auf, welche die moderne Welt trotz aller Bemühungen immer weniger zu stillen weiß. Es ist die Sehnsucht nach dem „offenem Himmel“, um nicht im Diesseits zu ersticken. Und welcher Mensch könnte diesen offenhalten, ohne sich zu überfordern? Sicher Geglaubtes wird zur Frage, Traditionen tragen nicht mehr und bröckeln. Neufindung ist nötig. Der Mensch von heute steht vor der Aufgabe, sich selbst zu (er)finden. Vom unerhörten Hunger nach Religion ist wieder die Rede.
Wenn zum Beispiel ein Pfarrgemeinderat hier angekommen ist, mag er sich freuen in einem Haus zu sein, das für diese Fragen und Erfahrungen einen Raum eröffnet, der geschützt ist und schützt. Die so versammelten Räte werden froh sein, wenn keine „Beruhigungsmittel“ verteilt werden, sondern auch das Schmerzliche angesprochen werden kann – wie die Frage nach dem Wenigerwerden und den Abbrüchen, da und dort. Ein Pfarrgemeinderat, der so unterwegs ist, wird entdecken, dass es auf Jede und Jeden ankommt. Er wird sich der unvertretbaren (Kirchen-)Berufung jedes Christen vergewissern. Ein Pfarrgemeinderat, der so unterwegs ist, wird sich hüten, in einen Aktionismus zu geraten, sondern eine alternative Haltung einnehmen mit der Frage: Was willst Du Herr, dass wir tun? Vielleicht kommt es zu einer behutsamen Weichenstellung, die trotz der immer größer werdenden Einheiten die notwendige Begegnung untereinander, das von „Angesicht zu Angesicht“, priorisiert. Vielleicht tauchen Gesichter auf, die in der Pfarrgemeinde an einem Abgrund stehen. Und vielleicht geraten sie vor das Geheimnis ihres Lebens, das ihre Sehnsucht zu stillen weiß.
Fotos: Ludwig Raischl