Kolumne
Sturmfreie Bude
Von Karl Eder, Geschäftsführer des Landeskomitees
Jüngere unter uns kennen das: man sehnt den Tag, die Stunde herbei, wenn die Eltern endlich die Wohnung oder das Haus verlassen, um auf ein Konzert zu gehen, einen Ausflug zu machen oder gar länger in Urlaub fahren – ohne ihre Kinder. Nun ist der Weg frei, um mit Freunden eine Party zu feiern, um es mal so richtig krachen zu lassen.
Manchmal braucht man die sturmfreie Bude natürlich auch, um sich endlich mit dem Freund oder der Freundin nicht nur in irgendeiner Bar oder in einem Club treffen zu müssen, sondern sich unbemerkt von der Öffentlichkeit und auch unbemerkt von Freunden – ja genau: die Briefmarkensammlung ansehen zu können. Was sonst?
Dass eine sturmfreie Bude aber auch völlig andersherum verstanden werden kann, wurde kürzlich durch einen Bericht einer Naturfotografin deutlich. Von Sommerurlaub mit warmen Temperaturen hält sie wenig, je stürmischer desto besser, könnte man meinen, wenn man die Liste ihrer letzten Reiseziele betrachtet. Seevögel und deren Schutz haben es ihr dabei besonders angetan – und die brüten nun mal häufig in rauen, nördlichen Gefilden. Brutpflege und Kinderstube sind von Art zu Art recht unterschiedlich. Manche schubsen den Nachwuchs regelrecht von der Klippe und begleiten ihn anschließend im Wasser, die Papageientaucher, im Englischen puffins und wegen ihres bunten Schnabels auch gerne „Clowns der Meere“ genannt, dagegen verlassen eher Hals über Kopf die Bruthöhle, wenn sie das Gefühl haben, dass die Jungvögel jetzt bereit sind und für sich selber sorgen können: dass sie alleine fliegen, schwimmen und Fische fangen können.
Manchmal sitzen die jungen „pufflings“ dann etwas unsicher auf einer sturmumtosten Felsenklippe und schauen ängstlich den stürmischen Regenfällen und der rauen See entgegen. So atemberaubend der Ausblick sein mag, so verständlich ist die erste Scheu, sich da hinein zu stürzen. Vor diesem Hintergrund bekommt dann die „sturmfreie Bude“ eine ganz neue Bedeutung.
Foto: Hofstätter
Oktoberlaub
Grün
und gelb
Und
wie von
später Liebe
tiefrot eingefärbt
Friedrich Hirschl (2017), Stilles Theater. Edition Lichtung.
Friedrich Hirschl wurde 1956 in Passau geboren,
studierte dort Philosophie und Theologie.